Auf Fahrplänen existiert der Bahnhof Waldkirchen an der Thaya (Bezirk Waidhofen/Thaya) schon lange nicht mehr. Vor zehn Jahren wurde der Abschnitt der Thayatalbahn stillgelegt. Später wurden die Gleise abgetragen. An ihrer Stelle befindet sich heute ein Stück des Radwegs Thayarunde. Auch ohne Schienen kommen allerdings immer wieder einzelne Waggons auf dem Bahnhof Waldkirchen an.
Bei diesen Waggons handelt es sich um Bauzugwägen, die von den ÖBB ausrangiert wurden. „Sie waren für die Bahnarbeiter zum Wohnen und zum Arbeiten gedacht. Wir haben die Gelegenheit ergriffen und sie von den ÖBB erstanden“, erklärte Wilhelm-Christian Erasmus vom Verein Zukunftsraum Thayatal. Er hat das Projekt von Beginn an betreut und kennt daher dessen Schwierigkeiten. „Da die Strecke ja schon unterbrochen ist, mussten wir diese Waggons mit 70-Tonnen-Kränen auf Tieflader verladen und hierher transportieren.“
Es ist ein Paradebeispiel für den Upcycling-Gedanken, also das Wiederverwerten von Altem bei gleichzeitiger Aufwertung. Die ÖBB hatten für die alten Waggons keine Verwendung mehr, und für die Tourismusverantwortlichen im Waldviertel war es eine äußerst günstige Möglichkeit, zusätzliche Betten in der Region anzubieten. Derzeit stehen auf dem Bahnhof Waldkirchen drei dieser Waggons mit je vier Betten. Sie sind weitgehend im Originalzustand belassen. Der Einstieg wurde allerdings mit neuen Treppen erleichtert, dazu kommen Umbauten etwa bei der Heizung und den Sanitärräumen. Die Betreuung der Gäste und Instandhaltung der Räume übernimmt der Besitzer eines Gasthauses im Nachbarort, der als Pächter und Projektpartner auftritt.
Vor- und Nachteile durch Pandemie
In erster Linie ist das Konzept auf Radfahrer ausgerichtet, die eine mehrtägige Tour machen. Sie kommen auf dem wenige Meter entfernten Radweg vorbei und können hier ohne jeden Umweg übernachten. Früher wurden die Kabinen auch einzeln angeboten, aufgrund der Coronavirus-Pandemie können nun aber nur ganze Waggons gemietet werden.
Nun profitiere man laut Erasmus vom generellen Trend zum Radfahren. Der Radweg verzeichnet heuer um Fünftel mehr Besucher, und das wirkt sich auch auf die Übernachtungsbetriebe der Region aus. Zwar sei diese Art von Tourismus stark wetterabhängig, „aber viele sind so begeistert von den Waggons, dass sie schon wieder für das nächste Jahr oder das nächste Sonnenscheinwochenende buchen“, sagte Erasmus. Es herrsche „ein großes Griss um diese Waggons“.
Deshalb wird schon an Ausbauplänen gearbeitet. „Wir planen eine Erweiterung mit fünf zusätzlichen Waggons, die schon angeschafft sind und nur noch hierher transportiert werden müssen“, sagte der Vereinsmitarbeiter. Außerdem soll es dann ein eigenes „Bordrestaurant“ geben, in dem Frühstück serviert wird. Der entsprechende Erste-Klasse-Waggon stammt aus den Siebzigern. Er steht schon an Ort und Stelle und wird derzeit noch renoviert.
Sonnentor: Testweise nachhaltig leben
Vergleichsweise ungewöhnliche Übernachtungen bietet seit einigen Jahren auch die Firma Sonnentor an, die ihren Sitz in Sprögnitz (Bezirk Zwettl) hat. Das dortige Projekt „Land-Loft“ entstand aus einer Notwendigkeit heraus, erzählte Geschäftsführerin Manuela Raidl-Zeller: „Sehr viele Gäste kommen zu uns und sehen sich den Betrieb an. Da kam auch wieder und wieder die Frage, wo man denn schlafen könne. Wir mussten diese Leute immer wegschicken.“ Schließlich habe man sich zu einer eigenen Initiative entschieden.
Das Resultat sind zwei Tiny Houses namens „Hans Hagebutte“ und „Anna Apfelminze“, die mitten im Grünen am Rand des betriebseigenen Permakulturgartens stehen. „Wir haben das bewusst so gewählt, weil wir unseren Gästen ein Übernachten im Kreislauf mit der Natur ermöglichen und den ökologischen Gedanken weitervermitteln wollten“, sagte Raidl-Zeller.
„Nachhaltig erholt“
Die Reisesaison sieht für viele heuer anders aus als geplant, doch sie muss nicht unbedingt schlechter sein. Eine neue Serie zeigt im Sommer einmal pro Woche, wie Urlaub in Niederösterreich besonders umweltnah und -verträglich ausfallen kann.
Die Wohneinheiten bestehen fast vollständig aus Holz, das aus der Region gewonnen wurde. Gedämmt wird mit Schafwolle. Die Holzscheite für Ofen und Heizung werden selbst gehackt, der Espresso wird ohne Strom zubereitet. Via Tablet können Gäste ihren Energieverbrauch ablesen und bei Interesse mit der anderen Wohneinheit vergleichen. Es handle sich um „Erfahrungen, wie man denn auch anders leben kann“, meinte die Geschäftsführerin. Einige Gäste hätten sich anschließend für ein eigenes Tiny House interessiert, andere für einzelne Teilbereiche dieser Erfahrung – „kleine Schritte, die oft viel bewirken“.
Auch hier sind die Einheiten seit dem Lockdown besonders gut gebucht. „Von einem Tag auf den anderen waren die Plätze wieder gefüllt“, sagte Raidl-Zeller. Auch sie plant schon eine Erweiterung der Anlage – für Details sei es allerdings noch zu früh.