Monika Langthaler im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein
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„Ganz persönlich“

„Die Klimakrise ist nicht mehr aufzuhalten“

Wenn wir es nicht schleunigst schaffen, unseren Lebensstil zu ändern, wird es für unsere Kinder keine Zukunft geben. Das ist das durchaus düstere Bild, das die Ökologin und ehemalige Grünen-Abgeordnete Monika Langthaler angesichts der Klimakrise zeichnet.

noe.ORF.at: Welche Krise ist bedrohlicher: die Coronavirus-Krise oder die Klimakrise?

Monika Langthaler: Zweifellos die Klimakrise, obwohl wir sie nicht so deutlich spüren. Es sei denn, wir leben an einem Ort, der wieder einmal durch eine Mure oder heftigen Niederschlag in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Im Unterschied zur Klimakrise gibt es gegen das Coronavirus irgendwann einmal einen Impfstoff, das wird es gegen die Klimakrise nicht geben.

noe.ORF.at: Verdrängt die Pandemie die Klimakrise aus dem Bewusstsein und den Schlagzeilen?

Langthaler: Ja, ganz sicher. Natürlich sorgen sich die Menschen um ihre Gesundheit und das ist auch wichtig und richtig, hier auf uns alle aufzupassen. Man darf diese Coronavirus-Krise nicht kleinreden. Natürlich hören wir über sie in allen Medien und über die damit verbundenen Maßnahmen. Damit sind die sozialen Themen, aber auch die ökologischen Thema verdrängt. Wir, also die Ökologen und Umweltschützer, hoffen sehr, dass wir durch unsere Arbeit die Klimakrise wieder mehr in das Bewusstsein der Menschen bringen können und auch die Zusammenhänge zwischen einer Klimakrise und einer Pandemie zeigen können.

noe.ORF.at: Sie engagieren sich seit 30 Jahren für den Umweltschutz. Was war ihre Initialzündung?

Langthaler: (überlegt) Ich glaube, ich war schon in der Schule motiviert, damals durch Lehrer, aber auch durch meine Großmutter. Sie hat mir Haushalten beigebracht. Sie hat immer Gemüse und Obst für den Winter eingekocht und das kam mir damals sehr logisch vor, dieses Haushalten mit den Ressourcen. Dabei war das damals ja überhaupt kein Thema. Aber mir hat es – selbst als Jugendliche oder als junger Mensch – immer wahnsinnig leid getan, wenn man Lebensmittel weggeschmissen hat. Bis heute blutet mir das Herz.

noe.ORF.at: Wurden Sie damals überhaupt ernst genommen? Umweltschutz war ja nicht so ein Thema wie heute.

Langthaler: (lacht) Nein, von vielen wurde ich nicht ernst genommen. Ich kann mich an viele Veranstaltungen erinnern, bei denen wir teilweise mit großer Aggression kämpfen mussten, weil die Menschen es nicht hören wollten, was wir ihnen erzählt haben. Wir haben vor 30 Jahren bereits prognostiziert, was jetzt eintritt und das ist für mich selber ein bisschen beunruhigend. Ich kann auch ganz gut prognostizieren, wie es weitergehen wird – und das ist nicht sonderlich beglückend.

Monika Langthaler
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Die 54-jährige Unternehmensberaterin veranstaltet die jährliche Klimakonferenz „Austrian World Summit“. Schirmherr ist niemand geringerer als Arnold Schwarzenegger.

noe.ORF.at: Es ist ja weitgehend unumstritten, dass der Klimawandel von Menschen herbeigeführt wurde und wird. Gleichzeitig ist es zum Beispiel so, dass vor der Pandemie so viel geflogen wurde wie noch nie oder dass beispielsweise große Autos, wie SUVs, besonders gerne gekauft werden. Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?

Langthaler: Die Mehrheit der Menschen hat den Klimawandel noch nicht als das begriffen, was er wirklich ist: Nämlich als eine Bedrohung für die Menschheit. Wir sind bald neun Milliarden Menschen und unser Planet wird das nicht aushalten, wenn neun Milliarden Menschen so leben wie wir. Wir haben die Alternative, dass viele Menschen in den nächsten 20 bis 30 Jahren sterben werden – und da reden wir von sehr, sehr vielen Menschen, oder wir schaffen es, auf manche Dinge zu verzichten. Wir müssen wie beim finanziellen Budget ein CO2-Budget oder Ressourcenbudget einführen. Das bedeutet, dass wir dann eben nur einmal im Jahr irgendwohin fliegen können und nicht fünf Mal. Es geht ja nicht darum, dass man gar nichts mehr machen darf. Aber fliegen und Auto fahren sind zu billig.

noe.ORF.at: Umweltschutz geht also über die Geldbörse?

Ja, so geht es uns ja allen. Wir sind dazu erzogen, das billigste zu kaufen, damit wir uns insgesamt mehr leisten können. Was vor 30 Jahren pathetisch geklungen hat, ist heute real: Wir müssen mit unseren Ressourcen haushalten. Für die Politik ist es noch immer wahnsinnig schwierig, das zu kommunizieren, weil man damit keine Wahlen gewinnt.

noe.ORF.at: Sie sind die Organisatorin der hochrangig besetzen Klimakonferenz „Austrian World Summit“, die von Arnold Schwarzenegger ins Leben gerufen worden ist. Er war letztes Jahr auch da genauso wie Greta Thunberg. Wie soll so ein Mega-Event heuer während einer Pandemie funktionieren?

Langthaler: Arnold Schwarzenegger und ich haben tatsächlich überlegt, ob wir die Veranstaltung heuer ausfallen lassen sollen, aber wir waren dann der Ansicht, dass die Klimakrise genauso viel Aufmerksamkeit braucht, wie die Coronavirus-Krise. Viele prominente Gäste werden nicht live kommen, sondern werden zugeschalten. Wir haben ein sehr strenges Sicherheitskonzept und arbeiten auch mit der Medizinischen Universität Wien zusammen. Mit der Veranstaltung versuchen wir, Vorzeigeprojekte in Sachen Umweltschutz vor den Vorhang zu holen. Wir wollen die Leute mit dieser Konferenz vernetzen, die Umwelttechniker mit den Finanzmenschen, die politischen Entscheidungsträger mit der Zivilgesellschaft und so weiter. Vieles funktioniert digital, aber oft müssen sich die richtigen Leute einfach treffen.

noe.ORF.at: Sie waren zehn Jahre in der Politik. Vermissen sie die Politik?

Langthaler: Nein, das ist ein harter Job. Ich werde aber immer ein politischer Mensch bleiben. Ich darf ja auch mit Arnold Schwarzenegger immer wieder sehr viele internationale Politikerinnen und Politiker besuchen und arbeite auch immer wieder mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen zusammen.

noe.ORF.at: Wir haben derzeit eine türkis-grüne Koalition. Sie kennen beide Parteien sehr gut und gelten als sehr ministrabel: Haben Sie damals ein Jobangebot bekommen?

Langthaler: (lacht) Dazu sagt man natürlich nie etwas. Aber ich habe immer gesagt, dass ich sicher nie wieder in die Politik zurückgehen werde. Und das wissen alle Beteiligten auch.

noe.ORF.at: Sie wohnen in Aspern an der Zaya. Wir haben uns für das Interview in ihrem Garten getroffen. Gleich daneben ist die Kulturinstitution „Filmhof Wein4tel“. Ihr Mann, der Schauspieler Michael Rosenberg, betreibt diesen Filmhof.

Langthaler: Genau. Wir wollten immer selbst eine Kulturstätte betreiben. Wir haben den Grund vor 15 Jahren gekauft. Der Aufbau war gar nicht so einfach, das haben wir sicher unterschätzt. Da stecken viel Blut, Schweiß und Tränen drinnen (lacht).

noe.ORF.at: Viele Kulturstätten leiden unter der Krise – wie geht es Ihnen?

Langthaler: Wir können spielen, weil der Filmhof uns gehört und wir eine große Fläche draußen haben, die wir bespielen können. Rechnen darf man allerdings nicht. Es ist unglaublich schwierig. Aber wir lernen sehr viel, denn so realistisch muss man sein: Wir werden auch nächstes Jahr nur unter diesen Vorgaben Kultur erleben können.

noe.ORF.at: Lässt sich die Klimakrise eigentlich noch abwenden?

Langthaler: Wir sind ja schon mittendrin. Das, was wir gehofft haben, ist nicht eingetreten, wir müssen also jetzt damit leben. Wir müssen lernen aufzupassen, um das Allerschlimmste zu verhindern. Aber – so realistisch müssen wir sein und auch so ehrlich zu uns selbst – das ist nicht mehr aufhalten.