Arbeiter auf einer Baustelle in Wien
APA/HARALD SCHNEIDER
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Politik

Land will Bauzwang und neue Widmungen

In Niederösterreich steht eine umfangreiche Novelle des Raumordnungsgesetzes an. Im Wohnbau soll es künftig eine neue Widmung und einen Bauzwang geben. Damit sollen Lebensräume geschützt und die Zersiedlung der Orte verhindert werden.

Eine beschauliche Einfamilienhaussiedlung und mitten drin dicht gebaute Wohnhäuser, dieses Bild findet man in Niederösterreichs Städten und Gemeinden – vor allem rund um Wien – immer öfter. Bei Anrainern sorge das nicht selten für Ärger, so ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger, zugleich Bürgermeister in Wiener Neustadt: „Und ich als Bürgermeister kann nichts anderes sagen, als dass die Widmungen alle vorhanden sind.“

In vielen Fällen bestehen die Widmungen jedoch seit Jahrzehnten, so Schneeberger. Deshalb soll in Zukunft für solche großen, dicht bebauten Wohnanlagen eine neue Widmungskategorie notwendig sein. „Damit gibt es etwa die Möglichkeit, bei großvolumigen Bauten auf den Verkehr Rücksicht zu nehmen, das war bis dato nicht der Fall.“ Neue Betriebsansiedelungen, die mehr als 100 Fahrten pro Tag und Hektar erzeugen, brauchen die neue Widmungskategorie für verkehrsbeschränkte Betriebsgebiete. Erweiterungen schon bestehender Betriebe sind von dieser Regelung ausgenommen.

„Bauland ist kein Sparbuchersatz“

Als Maßnahme gegen Grundstücksspekulationen soll es wiederum einen Bauzwang geben. Neu gewidmete Flächen müssen innerhalb von sieben Jahren bebaut werden, sonst gibt es entweder eine Rückwidmung oder Raumordnungsverträge, „wo nach dieser Zeit einfach das an die Gemeinde zum vereinbarten Preis zurückfällt, und die kann es an Interessenten weitergeben“, sagte Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP), „damit sichergestellt ist, dass kein Bauland gehortet wird. Bauland ist kein Sparbuchersatz.“

Neue Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ sind in Niederösterreich schon seit mehreren Jahren verboten. Um den Bodenverbrauch einzudämmen, wird zudem die Anzahl an Parkplätzen – etwa vor neuen Supermärkten – beschränkt. Bei einer Verkaufsfläche von 750 Quadratmetern dürfen nur noch die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtstellplätze ebenerdig im Freien errichtet werden, bei kleineren Nahversorgern die eineinhalbfache Anzahl der Pflichtstellplätze. Sind mehr Parkplätze gewünscht, müssen diese im Gebäude, etwa unterirdisch oder auf dem Dach, errichtet oder mit einer Fotovoltaikanlage überdacht werden.

Eigene Zonen für Fotovoltaik-Großanlagen

Auch bei Fotovoltaikanlagen gelten zukünftig strenge Kriterien für Anlagen im Grünland. „Prinzipiell wollen wir PV-Anlagen auf Dächern, Lagerhallen und alten Deponien bevorzugen“, so Pernkopf. Für Freiflächenanlagen, die mehr als zwei Hektar einnehmen, will das Land eigene Zonen festlegen, wo diese überhaupt gebaut werden dürfen. Erst danach können Gemeinden eine diesbezügliche Widmung einreichen. Solche Vorgaben gibt es etwa bereits für Windkraftparks. Weiters soll ein neues sektorales Raumordnungsprogramm für überregionale Betriebsgebiete erstellt werden.

Photovoltaik-Anlagen
ORF
Solch große Anlage wie jene der Wien Energie in Guntramsdorf dürfen künftig nur noch in eigenen Zonen errichtet werden

Mit dem Bodenschutzpaket setze Niederösterreich einen klaren Fokus auf Ressourcenschonung, überregionale Abstimmung und strategische Planung zum Schutz der Lebens- und Wirtschaftsqualitäten, so Rudolf Scheuvens, Dekan des Instituts für Raumplanung und Architektur der Technischen Universität Wien. Die Maßnahmen seien „wichtige, notwendige Schritte“, meint Scheuvens, „aber sie reichen alleine nicht aus, um alles in den Griff zu bekommen“. Denn die Planungshoheit liege bei den Gemeinden, „und wir werden uns auf der kommunalen Ebene intensiv damit beschäftigen müssen, wie wir die Ziele des Bodenschutzes verantwortungsvoll erreichen können“.

Schnellere Verfahren, weniger Neuwidmungen

Das neue Bodenschutzpaket ist seit Ende vergangener Woche in Begutachtung, Ende Oktober soll es im Landtag beschlossen werden. Ein Teil des Raumordnungsgesetzes wurde bereits im Juni vom Landtag novelliert. Um den Bodenverbrauch zu bremsen, wurde eine Einschränkung für Neuwidmungen und im Gegenzug eine massive Beschleunigung für kleinere Verfahren beschlossen – mehr dazu in Bodenverbrauch: Neue Regeln für Gemeinde (noe.ORF.at; 30.6.2020).