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Politik

Rechnungshof kritisiert Flüchtlingsheim

Der niederösterreichische Landesrechnungshof hat an Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) Kritik geübt. Eine Prüfung der Flüchtlingsunterkunft Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) ergab, dass diese ohne Ausschreibung vergeben worden war, berichtete das Nachrichtenmagazin „profil“ am Samstag.

„Eine Ausschreibung, Vergleichsangebote oder Vergleichswerte aus anderen Bundesländern lagen nicht vor. Die Angemessenheit des Preis-Leistungs-Verhältnisses war daher nicht belegt“, zitierte „profil“ den Bericht des Rechnungshofes. Der geschätzte Auftragswert sei zudem nicht dokumentiert, liege aber über dem Schwellenwert von 100.000 Euro, der für Direktvergaben unterschritten werden müsse.

Die Unterkunft für maximal 20 auffällige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hatte 2018 für Diskussionen gesorgt, da sie mit Stacheldraht und Wachhund gesichert worden war. Nach einer öffentlichen Debatte wurden die Jugendlichen in andere Quartiere verlegt. Die Betreibergesellschaft sei daraufhin in Konkurs geraten, Masseverwalter Walter Anzböck machte laut „profil“ vor Gericht 483.000 Euro gegen das Land geltend. Letzteres weise diese Forderung zurück, nun soll ein Vergleich angestrebt werden.

Summen laut Bericht „jenseits aller Schwellenwerte“

Pro Tag und Flüchtling seien laut dem Nachrichtenmagazin 95 Euro für die Betreuung vorgesehen gewesen, für die Sicherheitsmaßnahmen inklusive 24-stündiger Überwachung seien pro Bewohner zusätzlich 188 Euro veranschlagt worden. „Die Summen in dem Vertrag sind jenseits von allen Schwellenwerten – die Leistung hätte im Normalfall EU-weit ausgeschrieben werden müssen“, zitiert „profil“ den Vergaberechtsexperten Martin Schiefer. Allein die Kosten der Sicherheitsvorkehrungen beliefen sich pro Jahr bei Maximalauslastung auf beinahe 1,4 Millionen Euro.

Von der Auftragsvergabe bis hin zur Eröffnung der Unterkunft sei zudem nur ein Monat vergangen, ein sozialpädagogisches Konzept für die Bewohner sei erst nachgereicht worden. Der Landesrechnungshof bemängle zudem, dass „wegen des besonderen Betreuungsbedarfs eine längere Vorbereitung wirtschaftlich und zweckmäßig gewesen wäre, um den politischen und rechtlichen Vorgaben entsprechen zu können.“

Waldhäusl: „Würde es morgen wieder so machen“

„Eine Einrichtung wie in Drasenhofen war in Niederösterreich mehr als notwendig, im Interesse der Bevölkerung würde ich erneut genauso handeln“, teilte Waldhäusl am Samstag mit. „Es ist alles rechtens abgewickelt worden, der Niederösterreichische Landesrechnungshof hat dies auch bestätigt“, verteidigte er die Vorgänge rund um die Unterkunft. Zudem liege dem Landesrat ein Gutachten vor, demzufolge der Auftrag nicht öffentlich ausgeschrieben werden müsse. Warum der Landesrechnungshof davon nichts weiß, könne man sich jedoch nicht erklären. „Ich kenne den Rechnungshofbericht. Für mich ist er ein Freispruch in allen Punkten gegenüber Waldhäusl“, so der zuständige Landesrat gegenüber noe.ORF.at.

„Das passiert, wenn die Politik von Ideologie anstelle von Fakten bestimmt wird“, erklärte Neos-Landessprecherin Indra Collini schriftlich und kritisierte auch die Landesregierung. „Klüger wäre es gewesen, die kolportierte Schadenssumme von rund einer halben Million Euro in Ausbildungsmaßnahmen für die 20 in Drasenhofen untergebrachten Kinder und Jugendlichen zu stecken“, fügte sie hinzu.