Für Überraschung bei den Lesern sorgte im Vorjahr der Erzählband „Alfred“, in der Komarek einen Wiener Mistkübel zum Protagonisten machte und ihn auf einem Müllberg auf einen Weisen treffen lässt. Im Fernsehen konnten sich Komarek-Fans unterdessen über die bereits sechste Verfilmung eines Polt-Romans, nämlich „Alt, aber Polt“ freuen, den Regisseur Julian Pölsler zuletzt realisierte. Im Haymon Verlag erschien soeben das Buch „Weihnachtsgeschichten“, der ORF widmete dem Autor zu dessen 75er einen Schwerpunkt.
Komareks literarische Lebensfigur heißt Simon Polt
Der Weinviertler Landgendarm Simon Polt, der in Julian Pölslers Verfilmungen von Erwin Steinhauer gespielt wurde, machte Alfred Komarek weithin bekannt. Vor fünf Jahren war dann aber Schluss mit Polt: „Alt, aber Polt“ war der Titel des sechsten und letzten Krimis über den ungewöhnlichen Ordnungshüter.
Polt wurde in Pension geschickt. Ob es eine Fortsetzung der Erfolgsreihe geben wird, bleibt nach wie vor offen. Mehrmals hatte Komarek bereits angekündigt, dass es keine „Polt“-Fortsetzung geben werde, mittlerweile hält er sich seit fünf Jahren daran. Doch auch im letzten Band im Jahr 2015 starb der mittlerweile pensionierte Ermittler keinen Krimi-Tod, was laut Autor aber gar nicht nötig sei: „Er war nie ein Krimi-Held, daher muss er auch nicht als ein solcher enden. Er lässt einfach langsam los.“
Polt ist untrennbar mit dem Weinviertel verbunden, wo der Schriftsteller seit etwa vier Jahrzehnten ein altes Presshaus im Pulkautal besitzt. Der gekündigte Chefredakteur Käfer, im Mittelpunkt einer abgeschlossenen Roman-Tetralogie, bekam viel aus Komareks Heimat mit, dem steirischen Salzkammergut.
Ein Meister des geschliffenen Worts in vielen Genres
Alfred Komarek wurde am 5. Oktober 1945 in Bad Aussee geboren. Er studierte Jus und fing als Student zu schreiben an, weil er „dringend Geld brauchte“: Glossen und Reportagen für Zeitungen entstanden, bald aber auch Texte für das Radio.
„Hier versuchte Komarek schon in den 60er und 70er Jahren, die Möglichkeiten dieses jungen Mediums auszuschöpfen und auch geschriebenes Wort speziell für die Anforderungen des Hörfunks zu gestalten“, heißt es auf seiner Website. Für den ORF, aber auch für den Bayerischen und Hessischen Rundfunk, schrieb er Features, Hörspiele, Essays, Feuilletons, Erzählungen und TV-Drehbücher, so arbeitete er etwa an Dokumentationen für die ORF-Reihe „Universum“ mit. Viele Komarek-Fans erinnern sich auch noch an die Radiosendung „Melodie exklusiv“, die von 1971 bis 1980 von Ö3 gesendet wurde, mit Texten des Autors.
Blumen, Preise und eine Romy für Polt
Komareks erste Erzählbände hießen „Der gefallene Weihnachtsengel“, „Der verliebte Osterhase Eberhard“ oder „Otto, der Weihnachtsrabe“. Für zahlreiche Sachbücher – etwa über Landschaften vom Ausseerland bis Ungarn – lieferte er Textbeiträge.
Mit „Polt muss weinen“ versuchte sich Komarek 1998 erstmals im Genre Kriminalroman. Das Buch wurde mit dem Glauser als bester deutschsprachiger Krimi des Jahres ausgezeichnet. Es folgten „Blumen für Polt“, „Himmel, Polt und Hölle“, „Polterabend“, „Polt.“ und zum Abschluss vor fünf Jahren „Alt, aber Polt“. Gemeinsam mit Regisseur Julian Pölsler erhielt Alfred Komarek 2002 die Romy für das beste Drehbuch.
Wie die Polt-Romane wurden auch die Bücher um Daniel Käfer („Die Villen der Frau Hürsch“, „Die Schattenuhr“, „Narrenwinter“ und „Doppelblick“), einen frisch entlassenen Chefredakteur auf den Spuren seiner Kindheit, verfilmt – mit Peter Simonischek in der Hauptrolle.
Ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller
2011 wurde Alfred Komarek, der in Bad Aussee, Wien und im Weinviertel Wohnsitze hat, mit dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet. „Tolerant zu sein ist für Polt wie für mich eine Möglichkeit, einigermaßen mit der Welt und den Menschen zurechtzukommen“, sagte der Essayist und Erzähler in seiner Dankesrede.
Auch vom Land Niederösterreich wurde Komarek geehrt: 2011 erhielt er das Große Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich, sechs Jahre später wurde er mit dem Würdigungspreis in der Kategorie Literatur des Niederösterreichischen Kulturpreises ausgezeichnet.
noe.ORF.at: Was werden Sie am Montag machen?
Alfred Komarek: Ich werde wie jedes Jahr unbekannten Aufenthaltes sein und stillvergnügt seltsamen Riten frönen.
noe.ORF.at: Werden Sie Ihren Geburtstag besonders begehen – oder ignorieren?
Komarek: The same procedure as every year …
noe.ORF.at: Woran arbeiten Sie gerade?
Komarek: An mir: Ich möchte dazulernen, mich neuen Erfahrungen aussetzen.
noe.ORF.at: Gibt es ein Thema, das auf Ihrer To-do-Liste steht?
Komarek: Eine To-do-Liste habe ich nicht im Fundus, weil sich Kreativität nicht planen und termingerecht abhaken lässt. Aber es gibt ein Thema, das mir zugelaufen ist: schwer zu fassen, schon gar nicht zu zähmen, aber sehr begehrenswert. Vielleicht wird es ja doch was mit uns beiden. Bis dahin verrate ich nichts.
noe.ORF.at: Auf welche Bücher sind Sie besonders stolz bzw. über welche freuen Sie sich am meisten?
Komarek: Mit Büchern ist es wie mit Kindern: unsereiner liebt sie alle, doch jedes auf seine Art. Besonders intensiv und lebendig ist allerdings die Beziehung zu jenen, die noch nicht lange auf der Welt sind: „Alfred“ zum Beispiel, eine vielschichtig-vielsagende Parabel auf’s Leben, oder – ganz neu – ein Band mit Weihnachtsgeschichten. Als „selig, seltsam, schrullig-schön“ beschreibt sie der Verlag. Da möchte ich nicht widersprechen. Und ganz besonders mag ich an diesem Buch die Illustrationen von Eva Kellner.
noe.ORF.at: Sie haben in unterschiedlichen literarischen Genres gearbeitet – welches war Ihnen am liebsten?
Komarek: Auf ungeliebte Genres habe ich mich nie eingelassen. Aber besonders mag ich kurze, sehr verdichtete Prosa, präzise, aber auch verspielt.
noe.ORF.at: Hat das Weinviertel für Sie noch immer den besonderen Reiz?
Komarek: So befreiend, kraftvoll und sinnlich wie eh und je, natürlich in spannender Wechselwirkung mit meiner Kinderheimat, dem Salzkammergut, und Wien.
noe.ORF.at: Kann man das einen Autor fragen: Wer ist Ihr Lieblingsschriftsteller?
Komarek: Man kann. Ich pflege viele sehr intensive literarische Liebschaften, aber besonders tief und nachhaltig berührt mich die Lyrik des Weinviertlers Theodor Kramer.
noe.ORF.at: Welcher Mensch hat Sie in Ihrem Leben am meisten geprägt und warum?
Komarek: Wohl mein Vater, als pädagogisch wertvoller Intellektueller mit viel Selbstironie und vertrackter Sinnlichkeit.
noe.ORF.at: Mit 75 Jahren Lebenserfahrung – welchen Rat würden Sie heute jungen Schriftstellern geben?
Komarek: Sich selbst treu bleiben, sich nicht verbiegen lassen, aber Veränderung wagen. Sich von kargen Zeiten nicht entmutigen lassen und angesichts unvermuteter Erfolge nicht den Kopf verlieren.