Wirtschaft

Zweiter Lockdown: Wirtschaft bricht weiter ein

Die Coronavirus-Krise hat massive wirtschaftliche Folgen. Die Zahl der Arbeitslosen ist hoch, gleichzeitig dürfte der zweite Lockdown die Situation weiter verschärfen. Laut neuesten Prognosen wird die Wirtschaftsleistung heuer noch stärker einbrechen.

Am 16. März trat in Österreich der erste Lockdown in Kraft. Die damaligen Einschnitte waren massiv: Es gab drastische Einschränkungen an den Grenzen mit Folgen für Warenlieferungen und Berufspendler, sämtliche Geschäfte mussten in Österreich zusperren und Schulen sowie Kindergärten stellten auf Notbetrieb um. Zwar sind die Einschnitte des jetzigen, neuerlichen Lockdowns geringer, die Wirtschaftsforscher rechnen aber mit weiteren Einbrüchen.

BIP soll noch stärker sinken als zunächst prognostiziert

So ging etwa das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) bisher davon aus, dass das Bruttinlandsprodukt (BIP) in Österreich heuer um 6,8 Prozent sinken wird. Aufgrund des zweiten Lockdowns wurde das Minus nun auf 7,7 Prozent revidiert. Das Economia Institut für Wirtschaftsforschung hatte zuletzt einen BIP-Rückgang von 7,6 Prozent vorhergesagt. Hier fällt die Korrektur weniger deutlich aus, dennoch geht man nun von einem Einbruch der Wirtschaftsleistung von 7,8 Prozent aus. Für Niederösterreich prognostizierten Economica und IHS zuletzt ein Minus beim Bruttoregionalprodukt von 6,6 Prozent, nun schätzt man das Minus auf 6,8 Prozent.

Grafik über Wirtschaftsrückgang in Ö und NÖ von WIFO und Economica/IHS
ORF/Grafik

Im zweiten Lockdown ist vieles anders

Insbesondere die Probleme an den Grenzen führten im Frühjahr dazu, dass diverse Warenlieferungen in Europa nicht funktioniert haben. Das sei dieses Mal anders, sagt Thomas Salzer, der Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich (IVNÖ): „Der zweite, große Unterschied ist, dass zwar es zwar auch damals so gemeint war, dass die Industrie weiter arbeiten soll, aber explizit immer nur von systemkritischen Betrieben gesprochen wurde. Das hat niemand verstanden. Jetzt ist es ganz klar: Die Berufsarbeit geht weiter und es sind auch die Schulen offen.“

Dazu kommt, dass es in den Unternehmen bereits ausgearbeitete Hygiene- und Sicherheitskonzepte. Salzer geht deshalb davon aus, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen des jetzigen, zweiten Lockdown für die Industrie und die produzierende Wirtschaft geringer ausfallen werden als noch im Frühjahr.

Allerdings befinden sich auch zahlreiche andere EU-Länder neuerlich im Lockdown, insofern dürfte auch das Folgen nach sich ziehen. „Wir sind eine stark exportorientierte Industrie in Niederösterreich“, so der IVNÖ-Präsident. „Wir spüren, dass in vielen Ländern Europas einige Dinge stehen und Geschäfte geschlossen haben. Das wirkt sich natürlich negativ auf die Auftragslage aus.“

Geld für Betriebe soll in den nächsten 14 Tagen kommen

Besonders hart trifft es neuerlich die Gastronomie und die Hotellerie sowie den Veranstaltungsbereich. „Die brauchen jetzt unsere Unterstützung“, sagte Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP) im noe.ORF.at-Interview. Zur versprochenen finanziellen Hilfe sagte Danninger: „Ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen in den nächsten Tagen abgeschlossen werden und dann sollte es möglich sein, in den nächsten 14 Tagen die Auszahlungen vorzunehmen.“ Details müssen erst geklärt werden, aber er gehe davon aus, dass „wir uns jetzt großzügig gegenüber unseren Betrieben zeigen werden. Unsere Betriebe haben es derzeit sehr schwer und ich bin dafür, dass das jetzige Lieferservice nicht angerechnet wird, damit sie sich zusätzlich etwas verdienen können, denn sie erbringen ja Leistung für unsere Bevölkerung.“

Wirtschaftslandesrat Danninger im Studio

Niederösterreichs Wirtschaftslandesrat Jochen Danninger (ÖVP) sieht schnelle Hilfen gefragt und rechnet mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit.

Es gelte die Wirtschaft am Laufen zu halten, sagt Markus Wieser, der Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ). Darum begrüße er „die erst vor Kurzem abgeschlossene Kurzarbeitsvereinbarung, dass die Sozialpartner die Möglichkeit geschaffen haben, dass wir hier auch die Arbeitszeiten für die Unternehmungen bis null Arbeitszeit eigentlich herunterfahren können, ohne, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer größere Verluste haben.“

Arbeiterkammer fordert 1.000-Euro-Gutschein

Gleichzeitig fordert die Arbeiterkammer „rasch ein Investitionsprogramm", um den wirtschaftlichen Schaden der Pandemie durch den zweiten Lockdown nicht zu vervierfachen. „Investitionsprämien für Unternehmer sind gut, reichen aber nicht. Der Staat muss selber stärker als Auftraggeber in Erscheinung treten“, so Wieser. Notwendig seien etwa Investitionen in den Ausbau der digitalen Infrastruktur, des öffentlichen Verkehrs, der Bildung und der Forschung. Darüber hinaus solle es einen 1.000-Euro-Gutschein für alle geben, um den Konsum zu stützen, so Wieser.

Auch, wenn die Wirtschaftsprognose nicht positiv ist, gebe es „wirklich zahlreiche Gründe, weshalb wir optimistisch ins nächste Jahr blicken können“, sagte Wirtschaftslandesrat Danninger. „Die Chance, dass es spätestens im ersten Halbjahr 2021 einen wirkungsvollen Impfstoff gegen das Virus gibt, ist sehr hoch. Wir haben zudem ein Konjunkturprogramm seitens des Landes Niederösterreich geschnürt, im Ausmaß von 229 Millionen Euro. Es gibt die Investitionsprämie des Bundes. Also alle gehen davon aus, dass das Wachstum im nächsten Jahr im großen Ausmaß zurückkommen wird – und daher können wir auch optimistisch ins nächste Jahr blicken.“