Sitzungssaal im Rathaus in St. Pölten
ORF / Gernot Rohrhofer
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Politik

St. Pölten: Mehr Mitsprache gefordert

Am 24. Jänner wählt St. Pölten einen neuen Gemeinderat. Die Statutarstadt wird seit Jahren von der SPÖ unter Bürgermeister Matthias Stadler regiert. Dass er auch diese Wahl gewinnen wird, bezweifeln die anderen Parteien nicht. Sie fordern mehr Mitsprache.

Das Rathaus in St. Pölten ist fest in den Händen der SPÖ und ihres Spitzenkandidaten. Seit 2004 im Amt, ist es für Stadler die vierte Gemeinderatswahl als Bürgermeister. Vor fünf Jahren verfehlte er die 60-Prozent-Marke nur knapp. Im Gemeinderat kann er auf komfortable 26 von 42 Mandate zurückgreifen.

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Matthias Stadler, Spitzenkandidat der SPÖ
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Matthias Stadler führt bereits seinen vierten Wahlkampf als Bürgermeister
Matthias Adl, Spitzenkandidat der ÖVP
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Matthias Adl führt das Team der ÖVP an
Klaus Otzelberger, Spitzenkandidat der FPÖ
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Klaus Otzelberger geht für die FPÖ ins Rennen
Christina Engel-Unterberger, Spitzenkandidatin der Grünen
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Christina Engel-Unterberger ist Spitzenkandidatin der Grünen
Niko Formanek, Spitzenkandidat der NEOS
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Niko Formanek will mit den NEOS in den Gemeinderat einziehen

Stolz ist der 54-Jährige darauf, dass St. Pölten nicht mehr die Stadt ist, die nach ihrem Geruch beurteilt wird, Stichwort Glanzstoff. „Sondern nach all ihren Stärken“, sagt der Bürgermeister. „Leute ziehen hierher und sind überzeugt, dass sie hier ihren Lebensmittelpunkt finden.“

„Bewährungsprobe gegenüber der Bevölkerung“

Die Landeshauptstadt sei keine „Außenseiterstadt“ mehr, sondern spiele im Konzert der anderen Landeshauptstädte mit. „Wir haben uns zu einer vollwertigen Landeshauptstadt entwickelt und setzen jetzt mit dem Land weitere Schwerpunkte im Kulturbereich.“ Stadler stehe für „ehrliche Politik“, sagt er. Auf ein konkretes Wahlziel will er sich nicht festlegen: „Ich lege mich nicht auf Prozente fest. Jede Wahl ist ein neues Match, ist eine neue Bewährungsprobe gegenüber der Bevölkerung.“

Kritik an der Politik des Bürgermeisters kommt von der ÖVP und ihrem Spitzenkandidaten Matthias Adl. Er ist Vizebürgermeister und musste 2016 einen Verlust von zwei Mandaten hinnehmen. Nun will man die Partei sein, die am 24. Jänner den größten Zugewinn verbuchen kann.

„SPÖ zieht ihr Ding leider alleine durch“

Adl spricht von einem „kalten Businessklima“, das im Gemeinderat herrsche. „Viele Dinge sind vorentschieden. Nach dem Prinzip ‚Vogel friss oder stirb‘ wird einem die Vorgangsweise auf den Tisch gelegt.“ Auch deshalb wolle man stärker werden: „Im Großen und Ganzen zieht die SPÖ ihr Ding leider alleine durch und das wollen wir ändern“, so der Vizebürgermeister.

Geht es nach Adl, soll der öffentliche Verkehr ausgebaut und klimafreundlicher werden. „Wir denken an Wasserstoffbusse und ein intelligentes Verkehrskonzept.“ Der Wohnbau schreitet der ÖVP zu rasant voran. Das Problem sei, dass es an normaler Infrastruktur fehle: „Straßen, Kanal, die Verkehrswege dahinter, aber auch Kindergärten, schulische Betreuung und ärztliche Betreuung.“

Baukran in St. Pölten
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Die regen Bautätigkeiten in St. Pölten gefallen nicht allen Parteien

Die FPÖ fordert mehr Sicherheit und soziale Gerechtigkeit. Ein formaler Beschluss fehlt noch, der freiheitliche Spitzenkandidat wird aber Klaus Otzelberger sein. Er rechnet gegenüber noe.ORF.at vor, dass in St. Pölten 72 Prozent aller Mindestsicherungsbezieher Ausländer seien und pro Monat 917 Euro bekommen würden. „Das kostet für die Stadt 13,5 Millionen Euro im Jahr. Wir müssen aber auf unsere Menschen schauen.“

Laut Otzelberger gebe es in der Landeshauptstadt „Tausende Menschen, die ebenfalls an der Armutsgrenze leben. Sehr viele Pensionisten, die ein Leben lang gearbeitet und Steuern gezahlt haben. Sehr viele alleinerziehende Menschen. Sehr viele Familien. Sehr viele Menschen, die wirklich dringend Hilfe benötigen.“ Hier würde man aber wegschauen, so der FPÖ-Spitzenkandidat, der mit einem guten Ergebnis rechnet.

„Miteinander über Parteigrenzen hinweg“

Für mehr Solidarität, „um eine lebendige Demokratie in St. Pölten zu haben“, spricht sich die Spitzenkandidatin der Grünen, Christina Engel-Unterberger, aus: „Dafür braucht es alle und da braucht es ein solidarisches Miteinander über Parteigrenzen hinweg.“ Die 38-Jährige ist Dozentin an der Fachhochschule St. Pölten.

Auch ihr ist soziale Gerechtigkeit wichtig, aber aus einer anderen Perspektive. Außerdem fordert sie mehr Transparenz und Umweltschutz: „Da genügt es nicht, wenn wir uns darauf ausruhen, dass es viele Grünflächen gibt. Was ebenso fehlt, sind umfassende Investitionen in einen klimafreundlichen Verkehr, damit 2030 der Stadtbus wirklich flächendeckend im Zehn-Minuten-Takt fährt, auch abends und am Wochenende zum Beispiel.“

Außenaufnahme Eingangsbereich Rathaus St. Pölten
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Das Rathaus in St. Pölten. Noch ist unklar, wie ein Wahlkampf aussehen kann. Wahltermin ist der 24.1.

Zusätzlich zur Kabarettbühne will Niko Formanek nun auch die politische Bühne betreten. Der Comedian geht unter anderem mit den Themen Bildung, Klimaschutz, Wirtschaft, Wohnbau und Transparenz für NEOS ins Rennen: „Es geht darum, offen und transparent mit dem Geld umzugehen, das die Bürgerinnen und Bürger über ihre Abgaben und Steuermittel zur Verfügung stellen. Und es geht darum, dann darüber ganz klar Rechenschaft abzulegen.“

Ziel von NEOS ist der Einzug in den Gemeinderat, der 2016 noch deutlich verpasst wurde. Formanek hat bereits Erfahrung auf dem politischen Parkett, war in den Vereinigten Staaten Redenschreiber und Wahlkampfmitarbeiter für den Kongressabgeordneten David Dreyer sowie im Team von Senatorin Dianne Feinstein. In Österreich war der 55-Jährige Pressesprecher für Heide Schmidt, die damalige Chefin des Liberalen Forums.