Copyright: BMI/Gerd PACHAUER, 03.12.2020 Wien, Franz PRUCHER, ORF Interview, Festsaal,
BMI/Gerd Pachauer
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„Ganz persönlich“

Franz Prucher: „Rücktritt stand im Raum“

Der frühere Sicherheitsdirektor und Landepolizeidirektor Franz Prucher ist diese Woche in Pension gegangen. Im Interview mit noe.ORF.at erzählt er, wieso er gleich zu Beginn seiner Laufbahn als Sicherheitsdirektor vor dem Rücktritt stand.

noe.ORF.at: Franz Prucher, wir sitzen hier im Festsaal des Innenministeriums. Die letzten drei Jahre haben Sie nach ihrer Zeit als niederösterreichischer Landespolizeidirektor hier gearbeitet. Diese Woche war Ihr letzter Arbeitstag vor der Pension. 45 Jahre waren Sie im Polizeidienst. Ist es ein Abschied in Schwermut?

Prucher: Nein, es ist ein Abschied, bei dem ich mit großer Dankbarkeit zurückblicke auf fast 45 Arbeitsjahre im Bereich der Sicherheit. Ich war zuerst beim Bundesheer, ich war zehn Jahre Streifenbeamter in Wien. Ich habe sehr vieles durchgemacht, erlebt aber auch überlebt. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich im größten Bundesland Sicherheitsdirektor und auch Polizeidirektor werde.

Franz Prucher im Interview
ORF
Der frühere Sicherheitsdirektor und Landepolizeidirektor Franz Prucher im Interview

Prucher: „Nicht zum Priester auserwählt“

noe.ORF.at: Dabei war der ursprüngliche Berufswunsch aber ein anderer…

Prucher: Ich bin in einer kleinen Gemeinde in Sankt Oswald bei Stift Rain in der Steiermark aufgewachsen, war ein eifriger Ministrant und unser Pater Kasian hat damals schon geschwächelt. Ich dachte mir, den Job könnte ich machen. Ich kam dann in das Aufbaugymnasium in Horn, habe dann aber doch gemerkt, dass ich zwar berufen bin, aber nicht auserwählt.

noe.ORF.at: 2003 wurden Sie Sicherheitsdirektor. Ein Jahr später gab es für Sie gleich eine Bewährungsprobe.

Prucher: Damals wurde Niederösterreich mit einer Welle an Einbrüchen in Wohnungen und Häuser geradezu überschwemmt und es bestand die Gefahr, dass es in Niederösterreich mehr als 100.000 Straftaten gibt. Ich war beim damaligen Innenminister Ernst Strasser und er hat gemeint, vielleicht haben wir doch nicht den richtigen Sicherheitsdirektor.

noe.ORF.at: Das heißt, es wurde ihnen der Rücktritt nahegelegt?

Prucher: Nicht direkt, aber es stand im Raum. Ich habe dem Minister gesagt, dass seine Entscheidung zu akzeptieren ist, aber die Einbrecherbanden würden davon „tief beeindruckt“ sein, das ändere nichts. Ich habe ihn gebeten, noch einige Zeit zu arbeiten und auf die Ergebnisse zu warten. Die SOKO Moldawien hat damals über 100 Tatverdächtige ausgeforscht, die Straftaten sind stark zurückgegangen. Ich bin Sicherheitsdirektor geblieben, Ernst Strasser ist als Innenminister zurückgetreten.

Franz Prucher bei einer Pressekonferenz 2016
APA/HELMUT FOHRINGER
Franz Prucher bei einer Pressekonferenz im Jahr 2016 im Innenministerium

noe.ORF.at: In ihrer Zeit in Niederösterreich hat es einige spektakuläre Kriminalfälle gegeben – der Inzestfall von Amstetten etwa hat ein gewaltiges mediales Echo ausgelöst, auch international. Wie sind sie damit umgegangen?

Prucher: Als die Tat bekannt wurde, war es mir relativ rasch klar, dass es sich hier um einen einzigartigen Kriminalfall handelt. Ich hätte mir überhaupt nicht ausdenken können, dass so etwas passiert. Mir war auch klar, dass die Öffentlichkeit daran Interesse hat, aber das Ausmaß war mir nicht bekannt. Uns war es von Anfang an wichtig, dass wir möglichst sachlich bleiben, das wir Fakten bringen und die Opferrechte in den Vordergrund stellen. Im Nachhinein kann ich nur sagen, dass wir den Fall sehr sachlich abgearbeitet haben. Und die Justiz hat uns letztendlich recht gegeben.

Interview mit Franz Prucher im Innenministerium
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Robert Friess im Gespräch mit Franz Prucher

Prucher: „Wünsche kann man an das Christkind haben“

noe.ORF.at: 2017 ist Ihnen Konrad Kogler als Landespolizeidirektor nachgefolgt und wenn man Interviews von damals liest, hat man das Gefühl, sie hätten gerne weitergemacht.

Prucher: Es war nicht mein großer Wunsch, dass ich ins Innenressort wechsle, aber ich dachte mir, sie brauchen einen Praktiker. Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre manches vielleicht anders gekommen. Ich sehe es mit einer gewissen Gelassenheit, Wünsche kann man an das Christkind haben, an den Osterhasen, ich habe das so akzeptiert.

noe.ORF.at: In der Pension gibt es ja bereits ein Projekt, Sie schreiben an einem Buch.

Das Buch ist schon sehr weit, ich nehme mir aber jemanden von außen, der einen anderen Blickwinkel hat auf die Sicherheit. Man kann ja nicht alles hineinnehmen, die Menschen wollen ja etwas lesen. Ich habe nur das Problem, ich unterliege der Amtsverschwiegenheit bis zum Tod. Man muss auf die Persönlichkeitsrechte achten. Deswegen überlege ich, zwei Bücher zu veröffentlichen, eines für die Öffentlichkeit und einen für den internen Gebrauch. Da kann ich dann alles schreiben.