Acker-Schmalwand
Wissenschaft

Wie Pflanzen durch Stickstoff besser wachsen

Die Verfügbarkeit von Stickstoff im Boden beeinflusst, wie gut Pflanzen wachsen können und wirkt sich so auf den Ertrag aus. Am IST Austria in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) wurde untersucht, wie sich Pflanzen an ein verändertes Nährstoffangebot anpassen.

Wie jede andere Pflanze braucht Arabidopsis thaliana (Bild oben), auch Acker-Schmalwand, Schotenkresse oder Gänserauke genannt, Stickstoff, um zu gedeihen. Dabei ist es der weißblühenden Pflanze aber nicht egal, in welcher Form der Stickstoff vorliegt. Genauso wie Mais, Bohnen und Zuckerrüben bevorzugt sie Stickstoff in Form von Nitrat. Reis zum Beispiel wächst hingegen besser auf ammoniumreichen Boden, einer anderen Form des Pflanzennährstoffs.

Wie eine Pflanze auf die Umwelt reagiert

Schwankt die Konzentration oder die Verfügbarkeit der verschiedenen Stickstoffformen, müssen Pflanzen sich schnell anpassen. „Eine der wichtigsten Fragen ist, welche Rolle die Pflanzenhormone bei der Anpassung an die Stickstoffverfügbarkeit spielen. Wie gehen die Maschinerien innerhalb einer Pflanze mit ihrer sich verändernden Umwelt um“, so Eva Benkova, Entwicklungsbiologin und Professorin am Institute of Science and Technology (IST) Austria.

Im Labor des IST Austria werden Pflanzen der Acker-Schmalwand gezüchtet
Eva Benkova/IST Austria
Im „Pink Room“, dem Gewächshaus des IST Austria, werden unter optimalen Voraussetzungen Pflanzen – wie etwa die Acker-Schmalwand – gezüchtet

Antworten darauf versuchte man in einem internationalen Forschungsprojekt zu finden, an dem neben Eva Benkova und Krisztina Ötvös vom IST Austria auch Wissenschafterinnen und Wissenschafter von der Universidad Politecnica de Madrid, der Päpstlichen Katholischen Universität Chile und der Universität Montpellier arbeiteten: Sie verglichen, wie Arabidopsis-Keimlinge, die ausschließlich auf Ammonium gezüchtet wurden, reagierten, sobald die Forschenden sie entweder in ammonium- oder in nitrathaltige Medien überführten. Die Ergebnisse ihrer Studien veröffentlichte die Forschendengruppe nun im „EMBO Journal“, einer Fachzeitschrift, die im Auftrag der European Molecular Biology Organization (EMBO) herausgegeben wird.

Unkraut als optimaler Modellorganismus

Warum hat man sich bei den Forschungsarbeiten zu diesem Thema für die Acker-Schmalwand entschieden? „Arabidopsis thaliana ist ein zentrales Modell in der genetischen Forschung von Pflanzen- und Nutzpflanzen. Sie ist eine kleine einjährige Pflanze, die zur Familie der Brassicaceae (Kreuzblütler, Anm.) gehört und eng mit wichtigen Nutzpflanzen wie Rübe, Kohl, Raps, Meerrettich und Brokkoli verwandt ist. Seit den 1980er-Jahren steigt die Popularität von Arabidopsis thaliana als Modellorganismus, da Forscherinnen und Forscher seitdem Genetik mit molekularbiologischen Methoden kombinieren können. Die Acker-Schmalwand hat eines der kleinsten bekannten Genome unter den Blütenpflanzen“, erklärt Eva Benkova gegenüber noe.ORF.at.

Projekt zur Erforschung des Wurzelwachstums der Acker-Schmalwand
Krisztina Ötvös/IST Austria
Das Bild zeigt die Unterschiede in den Zelllängen, den relativen Auxin-Gehalt und die Lokalisierung des PIN2-Auxin-Transporters zwischen benachbarten Zellen in der Arabidopsis-Wurzelspitze, je nachdem, ob die Pflanze mit Nitrat oder Ammonium versorgt wurden

Es gibt aber auch praktische Gründe, warum sich Arabidopsis als Pflanzenmodellsystem bewährte: Sie wächst schnell, hat eine kurze Vegetationszeit und lässt sich im Labor auf relativ kleinem Raum einfach züchten. Sie ist maximal 30 Zentimeter groß, hat aber die gleiche „Architektur“ wie andere, größere, blühende Pflanzen. „Die geringe Größe und die einfachere Organbeschaffenheit in Arabidopsis bieten daher einen großen Vorteil für die Beobachtung von Wachstums- und Entwicklungsprozessen in Echtzeit.“

Erforschtes soll in die Praxis umgesetzt werden

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia schreibt über die Acker-Schmalwand: „Sie ist in Eurasien relativ weit verbreitet und wird in der Landwirtschaft als ‚Unkraut‘ gewertet.“ Warum interessiert man sich in einem internationalen Forschungsprojekt für ein „Unkraut“? Welche Schlüsse können gezogen werden, wenn man mehr über diese Pflanze weiß?

Eva Benkova vom IST Austria: „Arabidopsis ist in der Tat ein Unkraut und daher von keiner offensichtlichen agronomischen Bedeutung. Durch das Studium von Arabidopsis können wir jedoch komplexe Erkenntnisse über die molekularen Funktionen vieler einzelner Gene sowie über Biosynthesewege und regulatorische Netzwerke gewinnen, die das Wachstum und die Entwicklung von Pflanzen steuern. Das Wissen, das wir von Arabidopsis gewinnen, kann effektiv übertragen und in modernen Biotechnologien für Pflanzen von wirtschaftlicher und landwirtschaftlicher Bedeutung umgesetzt werden.“