Photovoltaik-Offensive Retzer Land
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Umwelt

Projekt: Strom vom Dach um die Ecke

Der Umbau des Energiesystems ist eines der nächsten politischen Ziele. Der nächste Schritt soll die Verwertung erneuerbarer Energie in der eigenen Region sein. Im Retzer Land läuft ein solches Projekt mit Fotovoltaik, wo der Strom vom Dach um die Ecke kommt.

Dass das Retzer Land zurzeit verschneit ist, täuscht. Die Region zählt zu den trockensten in ganz Mitteleuropa. Diese Situation bewog die Verantwortlichen schon vor längerer Zeit dazu, in Klimafragen aktiv zu werden, erklärt Manfred Nigl, Bürgermeister von Retzbach (ÖVP) und Obmann der Klima-Modellregion Retzer Land: „Wir kämpfen mit dieser Klimaveränderung und spüren das wahrscheinlich durch unsere Trockenheit noch stärker als andere Gegenden. Deshalb war es auch allen Bürgermeistern der Kleinregion bewusst, dass wir gegensteuern müssen. Deshalb wurde die Klima-Modellregion ins Leben gerufen.“

Mit Photovoltaik gegen fossile Energie

Zu dieser Modellregion zählen neben Retzbach auch Retz, Schrattenthal, Hardegg, Pulkau und Zellerndorf (alle Bezirk Hollabrunn). Gregor Danzinger, der Manager der Klimaregion Retzer Land, errechnete aufgrund einer Bundesstatistik für die sechs Gemeinden mit ihren 12.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, dass pro Jahr für die fossilen Energieträger, also Erdöl, Erdgas, Benzin oder Diesel, 15 Millionen Euro ausgegeben werden: „Dieses Geld fließt weg aus der Region, steht hier nicht für die Wertschöpfung zur Verfügung, schafft keine Arbeitsplätze.“ Deshalb habe man beschlossen, einen anderen Weg zu gehen, denn „das können wir. Der Beginn ist unsere Fotovoltaik-Offensive“, sagt Danzinger.

Photovoltaik-Offensive Retzer Land
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Diese Offensive wurde im Herbst gestartet. Auf öffentlichen Gebäuden wurden Fotovoltaik-Anlagen in einer Größenordnung von insgesamt 500 Kilowatt-Peak projektiert. Die Einwohnerinnen und Einwohner hatten die Möglichkeit, sich mit Finanzierungspaketen einzukaufen und bekommen dafür 1,5 Prozent Zinsen über zehn Jahre, ein sogenanntes Sale-and-lease-back-Modell. In Zellerndorf waren diese „Sonnen-Bausteine“ innerhalb von drei Stunden ausverkauft, in den anderen Gemeinden dauerte es etwas länger. Vergriffen sind aber mittlerweile alle. „Das zeigt uns, dass das Klima-Bewusstsein der Menschen groß ist“, sagt Danzinger, „denn es geht sicher nicht nur um die Zinsen, die man dafür bekommt.“ Diese Zinsen werden von den Gemeinden mit dem gewonnenen bzw. gesparten Strom erwirtschaftet.

Zum Teil sind die Anlagen schon fertig – wie etwa jene in Retz – zum Teil müssen sie erst gebaut werden. Der nächste Schritt ist jetzt, den Hausbesitzern anzubieten, selbst Anlagen auf ihren Dächern zu bauen, dafür werden fertige Pakete angeboten.

Lokaler Strom-Marktplatz

Das große Ziel dahinter: All das soll zu einem lokalen Strommarkt verschmolzen werden, bei dem Erzeuger und Abnehmer aus derselben Region kommen. Das wird kleinteilig auch schon praktiziert, mit einer Technik, die ein Startup-Unternehmen entwickelt hat. Sie lenkt den gewonnenen Strom direkt zum nächstgelegenen Verbraucher, dieser wird also nicht in das allgemeine Stromnetz eingespeist. So wird etwa die Volksschule in Hardegg schon jetzt mit Strom aus umliegenden Fotovoltaik-Anlagen gespeist.

Im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes werden 30 Technik-Pakete, die dafür nötig sind, gratis ausgegeben. Dafür werden jetzt 30 Haushalte oder Betriebe gesucht, die an dem Forschungsprojekt teilnehmen. Mit dem Gesetz für den Ausbau Erneuerbarer Energien (EAG), das im Frühjahr erwartet wird, sollten alle rechtlichen Grundlagen geschaffen sein, um das Retzer Land zu einem der ersten regionalen Strommarktplätze Österreichs zu machen.