ÖBB Railjet im Hauptbahnhof Salzburg – Lokomotive mit der Aufschrift „Heute. Für morgen. Für uns.“
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Verkehr

Westbahn-Strecke: Politstreit um Staatshilfe

Nach der Ankündigung von ÖBB und WESTbahn, ihr Angebot auf der Westbahnstrecke zu reduzieren, verlangt Verkehrslandesrat Schleritzko (ÖVP) ein entschiedenes Vorgehen des Verkehrsministeriums. Die Grünen verweisen hingegen auf das Finanzministerium.

Um den Bahnverkehr zwischen Wien und Salzburg auch während der Coronavirus-Pandemie aufrechtzuerhalten, erhielten die staatlichen ÖBB und die mehrheitlich private WESTbahn im November mittels Notvergabe durch das Verkehrsministerium staatliche Unterstützung in der Höhe von 45 Millionen Euro.

Nachdem das ÖVP-geführte Finanzministerium einer Verlängerung der Staatshilfen an ÖBB und WESTtbahn nicht zugestimmt hatte, kündigten die beiden Bahnunternehmen am Samstag an, das Angebot auf der Westbahnstrecke drastisch zu reduzieren.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) wollte eigentlich die Notvergabe verlängern. Nach Informationen der Austria Presse Agentur hatte das Verkehrsministerium denn auch schon am 7. Jänner den Antrag auf Verlängerung der Notvergabe an das Finanzministerium geschickt, das Okay blieb aber – ohne Angabe von Gründen – aus. Aus der ÖVP wird nun ein „Ordnungsruf“ der grünen Verkehrsministerin Leonore Gewessler an die ÖBB verlangt.

Schleritzko: „Eigentümer muss klaren Auftrag verteilen“

Niederösterreichs Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) forderte am Sonntag ein entschiedenes Vorgehen des Verkehrsministeriums. Er erwarte sich einen „Ordnungsruf“ aus dem Ressort an die ÖBB. „Der Öffentliche Verkehr steht einer wahren Vertrauenskrise gegenüber“, sagte Schleritzko in einer Aussendung.

Die Bundesbahnen würden laut eigenen Angaben von einem Ergebnisplus im Corona-Krisen-Jahr ausgehen, „wollen jetzt aber die Angebote für Pendlerinnen und Pendler zusammenstreichen“, so der Landesrat. „Das geht sich nicht aus. Hier muss der Eigentümer einen klaren Auftrag erteilen und Verantwortung gegenüber den vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrnehmen.“ Sollten angedachte Kürzungspläne Realität werden, würde etwa jeder zweite Zug von St. Pölten zum Wiener Hauptbahnhof wegfallen. In Amstetten gäbe es nur noch einen Zwei-Stunden-Takt, so Schleritzko.

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger betonte, dass die ÖBB mit 61 Millionen Euro an Wirtschaftshilfen unterstützt worden seien, zusätzlich habe es eine massive Erleichterung bei der Schienenmaut gegeben. Dazu würden die ÖBB ohnehin jedes Jahr hohe Subventionen erhalten. „Wenn ein Staatsbetrieb während der Corona-Krise, nicht zuletzt auf Grund der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie etwa der Kurzarbeit, sogar schwarze Zahlen schreibt, muss es aber auch erlaubt sein, eine Notvergabe auf der Strecke Wien – Salzburg zu evaluieren“, so Ottenschläger. Bei der WESTbahn sei das anders, da diese ja ausschließlich die Strecke Wien – Salzburg betreibe.

Krismer sieht ÖVP in der Pflicht

Die Grüne Landessprecherin Helga Krismer fordert in einer Aussendung von Schleritzko, auf seinen „Parteikollegen und Finanzminister Blümel“ einzuwirken. „Finanzminister Blümel darf hier seine Befindlichkeiten nicht auf dem Rücken der Pendlerinnen und Pendler austragen. Daher ist Landesrat Schleritzko gut beraten, mit seinem Parteikollegen hier die Kapazitäten für den sicheren Transport der Fahrgäste zu gewährleisten“, wird Krismer zitiert.

Für die Notvergabe sei die Zustimmung des türkisen Bundesministeriums für Finanzen „unbedingt notwendig“. Angesichts der Öffnungsschritte am Montag müsse es für Pendlerinnen und Pendler sowie Schülerinnen und Schüler ein ausreichendes Angebot beim öffentlichen Verkehr geben, so Krismer. Auch Hermann Weratschnig, Verkehrssprecher der Grünen im Parlament, sagt, dass die Notvergabe „einzig an Finanzminister Blümel“ hänge. Die Forderung von Landesrat Schleritzko strotze laut Weratschnig von wirtschaftlicher Unkenntnis, da die Strecke Salzburg-Wien von Einnahmen abhängig sei.

Schnabl: „Gefährliche Entscheidung für die Fahrgäste“

"Das reduzierte Zug-Angebot auf der Westbahnstrecke inmitten der Pandemie ist eine gefährliche Entscheidung für die Fahrgäste“, so SPÖ- Landesparteivorsitzender Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl und SPÖ-Klubobmann Reinhard Hundsmüller am Sonntag in einer Aussendung.

„Gerade in Zeiten, in denen Arbeitsmarkt- und Wirtschaft angekurbelt werden müssen – Stichwort 80.000 neue Jobs für Niederösterreich und das Recht auf Arbeit – sind gut ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel ein wichtiger Faktor“, sagte Schnabl. Die beiden SPÖ-Politiker verlangen eine rasche Einigung aller Beteiligten: „Die Menschen haben ein Recht auf einen sicheren Arbeitsweg und dürfen keinem erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt werden.“

Wieser fordert „entsprechendes Zugangebot“

„Im Sinne der Versorgungssicherheit ist durch ein entsprechendes Zugangebot sofort sicherzustellen, dass ArbeitnehmerInnen und Unternehmen bestmögliche Rahmenbedingungen vorfinden“, so Markus Wieser, Arbeiterkammer-Niederösterreich-Präsident und ÖGB-Niederösterreich-Vorsitzender. Das Finanzministerium, Umweltministerium und der Verkehrsverbund Ost-Region müssten nach Ansicht Wiesers die Notvergabe auf jeden Fall verlängern.

Auch für FPÖ-Obmann und Ex-Verkehrsminister Norbert Hofer trägt Verkehrsministerin Gewessler als zuständiges Regierungsmitglied die Verantwortung für diesen Schritt, den ÖBB und WESTbahn aus wirtschaftlichen Interessen treffen." Gewessler hätte eine Zusatzfinanzierung sicherstellen müssen, sagte Hofer am Sonntag in einer Mitteilung.