Plaudernetz
ORF
ORF
Soziales

„Plaudernetz“: Gespräch gegen Einsamkeit

Viele Menschen sind während der CoV-Pandemie einsam, weil die sozialen Kontakte fehlen. Mit dem „Plaudernetz“ startete die Caritas im ersten Lockdown eine Initiative gegen das Alleinsein. Mehr als 13.500 Anrufe wurden bis Anfang Februar 2021 abgewickelt.

Bei der Caritas registrierte man bereits zu Beginn der Coronavirus-Pandemie 2020, dass sich viele Menschen wegen der fehlenden sozialen Kontakte einsam fühlten, erzählt Klaus Schwertner, Geschäftsführer der Caritas der Erzdiözese Wien. „Wir haben in den letzten Jahren schon eine Verdoppelung der Single-Haushalte in Österreich beobachtet. Das ist keine neue Entwicklung, aber in der Pandemie bedeutet es natürlich noch einmal Einsamkeit, alleine sein, und da ist es ganz wichtig, Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner zu haben.“

Thema Einsamkeit nach wie vor schambesetzt

Anfang Februar 2021 zählte die Caritas österreichweit 3.256 „Plaudernetz“-Partnerinnen und Partner, allein in Niederösterreich sind es 625. Diese Freiwilligen stehen über eine Hotline als Gesprächspartner zur Verfügung. Per Zufallsprinzip werden Anruferinnen und Anrufer mit einem „Plaudernetz“-Partner, der gerade Zeit hat und abhebt, verbunden. Anrufen kann man zwischen 12 und 20 Uhr.

Caritas-„Plaudernetz“:

Das „Plaudernetz“ ist telefonisch unter 05 – 1776 100 und online unter fuereinand.at/plaudernetz erreichbar

Die Anrufe erfolgen stets anonym. Die Anonymität sei wichtig, ist Klaus Schwertner überzeugt. „Es gibt manchen Menschen durchaus eine Erleichterung, dass das anonym ist, weil das Thema Einsamkeit sehr schambesetzt ist. Wir erleben das beim Thema Armut seit vielen Jahren und hier gestaltet sich das ganz ähnlich. Das heißt, die Menschen wollen gar nicht sagen, dass sie niemanden zum Reden haben.“

Freiwilligenarbeit vom Sofa aus

Das Engagement der Freiwilligen sei groß, so Schwertner. „Wir sind wirklich erfreut darüber, wie viele Menschen mitmachen, wir brauchen aber laufend noch Plauderpartnerinnen und -partner. Vor allem, weil es so ein schambesetztes Thema ist, brauchen wir aber auch Menschen, die in ihrer Umgebung achtsam sind, schauen, wo sich jemand alleine fühlt, die dann die Betroffenen auch dazu ermutigen, die ‚Plaudernetz‘-Nummer anzurufen.“

Die Freiwilligenarbeit, die in diesem Fall bequem vom Sofa aus ausgeübt werden kann, kommt den Menschen während der Pandemie entgegen, heißt es bei der Caritas. „Wir haben in der Freiwilligenarbeit 2020 eine Riesen-Umstellung erlebt“, erklärt Schwertner. „Menschen wollen von zuhause aus helfen. Mit dem ‚Plaudernetz‘ haben wir die Möglichkeit geschaffen, dass man helfen kann, egal wo man sich gerade aufhält, ob man auf dem Sofa sitzt oder mit dem Hund spazieren geht. Und wer gerade keine Zeit hat, muss kein schlechtes Gewissen haben, weil es ja tausende andere gibt, die den Anruf entgegennehmen können.“

Abstand halten und trotzdem zusammen sein

Christina Peer aus Markt Piesting (Bezirk Wiener Neustadt) ist „Plaudernetz“-Partnerin. Seit April 2020 engagiert sich die Studentin beim „Plaudernetz“ der Caritas. „Ich unterhalte mich einfach gerne mit Personen und habe zuletzt mehr Zeit gehabt. Außerdem ist es mir ein Anliegen etwas ehrenamtlich zu machen und es macht mir Spaß“, erzählt sie. Die Themen sind ganz unterschiedlich, sagt die Studentin. „Manchmal bin ich einfach nur Zuhörerin und wir sprechen zum Beispiel über Reisen, wo wer schon war, wo wir noch hin wollen oder wie man sich die Zeit vertreibt, was einem hilft und was einem nicht hilft.“

Viele Menschen seien gerade jetzt besonders einsam, weil sie sich nicht mit Freunden treffen oder zu Veranstaltungen gehen können, sagt die Studentin. Die Gespräche dauern zwischen zehn und 45 Minuten, sagt sie. „Die Anrufer reden dann oft wirklich in einem Schwall durch, sagen auch, dass es ihnen nicht gut geht.“ Christina Peer ist überzeugt, dass das Plauern den Menschen hilft, schließlich könne man beim telefonieren Abstand halten und trotzdem zusammen sein.