Bundesgymnasium
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Chronik

Trend zum Gymnasium ist ungebrochen

Der Run auf die Gymnasien ist ungebrochen, das belegen aktuelle Daten der Statistik Austria. Verlierer sind die Neuen Mittelschulen und die Berufsschulen. Diese Entwicklung am Schulsektor verschärft den seit Jahren herrschenden Fachkräftemangel.

Besonders augenscheinlich ist der Boom der Gymnasien, wenn man sich den Schülerstand im Zehn-Jahres-Vergleich ansieht. Gegenüber dem Schuljahr 2009/2010 besuchten im Schuljahr 2019/2020 um 7,8 Prozent mehr Kinder und Jugendliche eine AHS-Unterstufe. Im selben Zeitraum gab es bei der Schülerzahl an den Neuen Mittelschulen ein Minus von 12,6 Prozent, an den Berufsschulen sogar einen Rückgang um 17,2 Prozent.

„Kinder, Eltern, Lehrer und AHS sind unter Druck“

In den Volksschulen werden die Weichen für die weitere Schullaufbahn gestellt. Nach wie vor entscheiden sich etwa 38 Prozent der Kinder eines Jahrgangs, danach eine AHS zu besuchen. Laut Bildungsdirektor Johann Heuras wächst der Druck auf alle Beteiligten: „Es sind die Volksschulpädagoginnen unter Druck, niemand will einem Kind etwas verwehren. Es sind aber auch die AHS mit dieser großen Schülerzahl unter Druck und genauso die Eltern. Aber vor allem sind die Kinder unter Druck.“

Mehr Schülerinnen und Schüler in den Gymnasien, weniger in den Neuen Mittelschulen – dieser Trend ist seit Jahren zu beobachten, vor allem im Speckgürtel rund um Wien. Dementsprechend stark gingen die Schülerzahlen in den Berufsschulen zurück. Stefan Gratzl, Abteilungsleiter Bildung in der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) beurteilt diese Entwicklung mit Skepsis: „Wir sehen diese Zahlen auch mit ein bisschen Besorgnis. Denn wir wollen, dass die Berufsschulen voll sind und dass sich mehr junge Menschen für eine Lehre entscheiden.“

Experten sollen bei der Schulwahl unterstützen

Falsche Vorstellungen und falscher Ehrgeiz stecken oft hinter der Schulwahl. Experten könnten dabei helfen, eine kindgerechte Entscheidung zu treffen, so Bildungsdirektor Heuras gegenüber noe.ORF.at: „Mit standardisierten Tests könnte man ein Kind über einen längeren Zeitraum begleiten. Man könnte einen Prozess aufsetzen, bei dem am Ende auch ein verpflichtendes Beratungsgespräch und eine Bildungsempfehlung für das Kind erfolgt.“

Heuras betont, dass mehr als die Hälfte der Jugendlichen über die Neue Mittelschule zur Matura kommen. Und auch nach der AHS-Matura ist eine Lehre eine Alternative, ist Gratzl überzeugt: „Wir versuchen auch, AHS-Schüler für die Lehre zu begeistern. Denn sie ist eine tolle berufliche Qualifikation, die danach enorme Möglichkeiten bietet. Man kann noch ein Studium machen, sich als Meister selbständig machen oder eine Werkmeisterschule besuchen.“ Die Wirtschaft sucht jedenfalls trotz Corona händeringend nach Fachkräften.