Dämmstoff XPS-Platten
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Wirtschaft

Baufirmen geht das Material aus

In der Bauwirtschaft sind die Auftragsbücher derzeit voll, es fehlt aber an Baumaterialien. Die Lieferzeiten für Eisen, Dämmstoffe, Kanalrohre oder Bauholz sind von wenigen Tagen auf mehrere Wochen angestiegen, die Preise regelrecht explodiert.

Am Lagerplatz der Firma ZÖFA Bau in Mank (Bezirk Melk) stapelt sich das Eisen. Die Preise sind um 30 Prozent gestiegen, seit zwei bis drei Wochen können Lieferungen von den Lieferanten nicht mehr fix zugesagt werden. Auch Kanalrohre und Dämmstoffe gelten als Mangelware. Das geringe Angebot bei hoher Nachfrage hat eine enorme Preissteigerung zur Folge.

Damit die Baustellen der Firma weiterlaufen können, hat man vorgesorgt. „Wir haben gesagt, wir schauen, dass wir uns etwas zur Seite schaffen, sozusagen Hamsterkäufe“, sagt Prokurist Michael Zöchbauer im Interview mit noe.ORF.at, „so wie damals beim Klopapier machen wir es jetzt mit Eisenmaterial oder XPS, wie auch viele andere Firmen, damit unsere Leute nicht zum Stehen kommen.“

„Man ist froh, wenn man überhaupt etwas bekommt“

Früher sei man sehr flexibel gewesen und habe die Materialien „innerhalb von zwei bis drei Tagen“ erhalten, nun würden die Lieferzeiten mehrere Wochen betragen, sagt Zöchbauer. „Bei Lieferungen macht man sich jetzt nicht mehr den Preis im Vorfeld aus, sondern man ist froh, wenn man Materialien überhaupt bekommt.“

Die Manker Baufirma ist auf Wohnbauten spezialisiert. Viele Projekte wurden bereits lange im Vorfeld mit den Kunden ausgemacht – mit einem Pauschalpreis, zu einem Zeitpunkt, als die Baumaterialien noch billiger waren. „Man bleibt als Firma auf den Kosten sitzen“, sagt Zöchbauer. ZÖFA Bau hat daher die Reißleine gezogen. „Wir machen vorerst keine Angebote für Einfamilienhäuser, weil wir nicht wissen, wo sich die Preise hinentwickeln.“ Die bestehenden Aufträge werden nun abgearbeitet. Im Bereich der Einfamilienhäuser sei man 2021 aber ohnehin bereits „ziemlich ausgelastet“ gewesen, so Zöchbauer.

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Die Baufirma ZÖFA aus Mank hat sich aufgrund der Lieferschwierigkeiten mit Eisen eingedeckt

Ganz ähnlich ist die Situation derzeit bei Schönhofer Bau in Purgstall an der Erlauf (Bezirk Scheibbs). Das Unternehmen ist auf den Bau von Leitungen etwa für die Wasserversorgung oder Glasfaser spezialisiert und benötigt dazu Rohre aus Kunststoff sowie Erdungsmaterial wie Rundstahl oder verzinktes Bandeisen. „Wir haben uns entschlossen, ein Lager aufzubauen, damit wir unsere Projekte durchführen können“, sagt Geschäftsführer Martin Schönhofer im Gespräch mit noe.ORF.at. „Die Lieferanten können nicht garantieren, dass sie das Material, das wir brauchen, in zwei oder drei Monaten liefern können.“

Die Hamsterkäufe von Wasserleitungsrohren oder Leerrohren für Glasfaser sind freilich mit einem gewissen Risiko behaftet. „Wir kaufen momentan zu sehr erhöhten Preisen von 20 bis 30 Prozent und wissen nicht, wie die Lage in drei Monaten ist. Es kann sein, dass sich die Lage dann schon wieder normalisiert hat“, so Schönhofer.

Kabelrollen auf einem Lagerplatz der Firma Schönhofer in Purgstall
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Auch die Firma Schönhofer aus Purgstall versucht durch größere Einkäufe und einer Lageraufstockung möglichen Problemen bei der Materialbeschaffung entgegenzuwirken

Bei den Kunden des Unternehmens handelt es sich unter anderem um große Energieversorger, mit denen langfristige Verträge abgeschlossen wurden. „Hier haben wir nicht die Möglichkeit, die Preise nach oben zu korrigieren“, sagt Schönhofer, „es gibt zwar Preisanpassungen, die vorgegeben sind, doch diese spiegeln in keinster Weise das wider, was im Gange ist.“

Wirtschaftskammer: „Nachfrage weltweit gestiegen“

Der Obmann der Fachgruppe Bau in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Robert Jägersberger, sieht die Gründe für die Lieferschwierigkeiten und die hohen Preise einerseits darin, dass Werke ausgefallen und Transportwege unterbrochen gewesen seien, andererseits sei die Nachfrage nach Baustoffen weltweit gestiegen. „Ob es der asiatische Bereich ist, wo Baustahl nicht mehr exportiert, sondern importiert wird, der amerikanische Bereich, wo viel Holz am Weltmarkt aufgekauft wird, oder natürlich auch in Österreich selber, wo entsprechendes Baumaterial zum Einsatz kommt“, so Jägersberger. Er spricht von einem Preisanstieg von 30 bis 40 Prozent bei vielen Materialien.

Sollten auch in Zukunft nur geringe Mengen an Baumaterialien zur Verfügung stehen, könnte das durchaus auch Arbeitsstellen betreffen. Jägersberger sieht aber noch keinen Grund zur Sorge. „Wir haben einen Facharbeitermangel in der Bauwirtschaft. Facharbeiter werden also kaum betroffen sein.“

Häuslbauer müssten sich aber auch künftig auf höhere Preise einstellen. „Es ist nicht zu erwarten, dass die Preise in dieser Dimension von 30 bis 40 Prozent zurückfahren werden. Es ist daher in jedem Fall auch in Zukunft mit einer Steigerung zu rechnen. Es wird nicht billiger werden“, so der Obmann der Fachgruppe Bau.