Hin und Her
Sommerspiele Schloss Sitzenberg
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Kultur

„Hin und Her“: Gefangen zwischen Grenzen

Die Sommerspiele Schloss Sitzenberg (Bezirk Tulln) zeigen ab 4. Juni Ödön von Horvaths „Hin und Her“. „Das Stück um einen Staatenlosen, der in keinem Land willkommen ist, ist heute genauso aktuell wie zu seiner Entstehungszeit“, so Intendant Martin Gesslbauer.

„Hin und Her“ ist eine „Posse in zwei Teilen“, wie sie der Autor bezeichnete. Das Stück wurde im Dezember 1934 am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt, zu einer Zeit, als in Nazi-Deutschland Horvath-Stücke nicht mehr auf der Bühne gezeigt werden durften.

Geplant war „Hin und Her“ bei den Sommerspielen Schloss Sitzenberg bereits im Vorjahr, aufgrund der Coronavirus-Pandemie wurde es aber auf heuer verschoben. Die für 2019 geplante Besetzung blieb unverändert. Horvaths Stück steht von 4. bis 27. Juni zwölfmal auf dem Spielplan.

Gruppenfoto Hin und Her 2021
Sommerspiele Schloss Sitzenberg
Das Ensemble von „Hin und Her“

Gezeigt wird „Hin und Her“ heuer im Freien. „In jedem Fall werden unsere ‚Hin und Her‘-Vorstellungen in dieser Saison zum Schutz der Gäste ausschließlich im Schlosshof und somit outdoor stattfinden. Permanente Frischluftzufuhr ist damit garantiert, aber wir bitten angesichts der besonderen Umstände um Verständnis, dass wir ohne Ausweichquartier heuer besonders bemüht sind, die Vorstellungen auch bei unbeständiger Witterung durchzuführen“, erklärt Intendant Gesslbauer.

Ein Mensch zwischen Grenzen

Ödön von Horváth (1901-1938) thematisierte in „Hin und Her“ einen einfachen Grenzübertritt irgendwo in Europa. Ein „Ausländer“ soll abgeschoben werden, doch auch die „andere Seite“ möchte ihn nicht aufnehmen. Für den abgeschobenen Ferdinand Havlicek beginnt somit ein mühsames Hin und Her zwischen zwei Grenzen, bis er schließlich klarstellt, dass er ein Mensch ist und kein Amtsvorgang.

Plakat der Sommerspiele Schloss Sitzenberg 2021
Sommerspiele Schloss Sitzenberg
Michael Duregger als Ferdinand Havlicek befindet sich in Horvaths Stück in einem Hin und Her zwischen zwei Ländern

Inszeniert wird „Hin und Her“ von der Regisseurin und Schauspielerin Anke Zisak. Die Niederösterreicherin betont, dass das Stück nicht nur Grenzen im geografischen Sinn thematisiert, sondern auch politische und administrative, wirtschaftliche, soziale, gesellschaftliche, aber auch ganz persönliche. „Die Pandemie hat unserer Gesellschaft völlig neue Grenzen aufgezeigt“, so die Regisseurin. „Grenzen der Belastbarkeit unseres Gesundheitssystems, unserer Gesetzte sowie Grenzen der psychischen Belastbarkeit jedes einzelnen.“

Grenzen im Leben des Autors

Im realen Leben des Schriftstellers Ödön von Horváths vollzog sich in den 1930er-Jahren eine Parallele zu seinem Theaterstück „Hin und Her“. Der Ungar war 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland in die Schweiz geflüchtet, wo auch die Uraufführung von „Hin und Her“ stattfinden hätte sollen.

Allerdings erfuhr Horvath, dass sein Reisepass und seine Staatsbürgerschaft verfallen wäre, weshalb eine Abschiebung drohte. Um den Pass zu verlängern, reiste der Autor in sein Heimatland Ungarn. Aber bereits die Reise selbst war mit Gefahren verbunden, da er ohne neuen Pass kein Visum erhalten und dadurch nicht in die Schweiz hätte zurückkehren können. Dann hätte es ihm ähnlich wie seiner Hauptfigur ergehen können.