Leerer Probenraum
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Kultur

Blasmusik weiter ohne Proben und Live-Musik

Am Sonntag feiert der österreichische Blasmusikverband sein 70-Jahr-Jubiläum. Doch die Instrumente müssen schweigen. Die Festlichkeiten wurden verschoben, nur online sind die Blaskapellen präsent. Auch Proben sind vorerst nicht erlaubt.

Ab dem 19. Mai können viele Kultureinrichtungen wie Kinos, Theater und Konzertsäle wieder öffnen. Auch die Berufsorchester dürfen wieder Proben abhalten, nur für Chöre und Blaskapellen im Amateurbereich heißt es nach wie vor: warten. „Uns fehlen die Worte. Es fehlt jegliche Perspektive“, ist auf der Facebook- und Internetseite des Niederösterreichischen Blasmusikverbandes zu lesen, „wir werden weiterkämpfen – wir alle brauchen eine Lösung und zwar SOFORT!“

Der Unmut ist auch beim österreichischen Blasmusikverband groß. Viele der rund 140.000 Musiker und Musikerinnen der 2.100 Musikvereine verstehen die Welt nicht mehr, erklärte Peter Höckner kopfschüttelnd, der Landesobmann des niederösterreichischen Blasmusikverbandes. „Irgendwann muss es einen Neustart geben – wann, wenn nicht jetzt“, sagte er gegenüber noe.ORF.at und verwies auf die vielen Öffnungsschritte in anderen Kulturbereichen.

In einem offenen Brief fordern sowohl der niederösterreichische Landesverband als auch der österreichische Blasmusikverband von der Landes- beziehungsweise von der Bundesregierung eine Gleichsetzung mit den professionellen Orchestern. Es gäbe genug Lösungsansätze, wie man unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen Proben abhalten könne, zumindest Registerproben sollten bald abgehalten werden können, fordert Höckner. Bei den Landes-Blasmusikverbänden fürchtet man, dass sich das eine oder andere Mitglied der Blaskapelle bei Fortdauer des Probenverbots vom Musikverein abmeldet. Derzeit ist als Ausrückung nur die musikalische Begleitung einer liturgischen Feier, wie einer Messe oder Begräbnisses, erlaubt. Und das auch nur in Quartettbesetzung.

Seit acht Monaten keine Probe in Zeillern

Das Schicksal des Musikvereins Zeillern (Bezirk Amstetten) dürfte sehr vielen der mehr als 400 Blaskapellen in Niederösterreich gleichen. Seit acht Monaten gab es in Zeillern keine Orchesterprobe mehr. 35 Ausrückungen und 45 Orchesterproben gab es 2019, sechs Ausrückungen im Vorjahr und noch keine einzige in diesem Jahr, schilderte Vereinsobmann Andreas Hinterholzer die Situation.

„Es wäre schön, wenn wir alle einander wieder einmal treffen könnten. Wir haben im Ort eine schöne Insel mit einem Musik-Pavillon, da könnten wir sehr gut – unter Einhaltung aller Abstandsregeln – Proben im Feien abhalten.“ Proben im Freien, das habe es auch im Vorjahr schon gegeben, ergänzt Peter Höckner, das hätte auch der Bevölkerung sehr gefallen und sehr gut getan.

Dem kann Gerald Prüller vom Musikverein Reinsberg (Bezirk Scheibbs) nur zustimmen: „Es ist in Reinsberg immer so gespenstisch ruhig, man hört abends keinen Laut, auch keine Musik. Da merkt man erst, wie wichtig die Blasmusik im Ort ist. Wenn man die Menschen proben und üben hört, spürt man wieder mehr Leben in der Gemeinde.“

Die Geselligkeit als mögliche Gefahrenquelle

Als eine wesentliche Vorsichtsmaßnahme kann sich Andreas Kammerhofer, der Kapellmeister des Musikvereins Zeillern, auch Tests vor Probenbeginn vorstellen. „Wir werden mittlerweile an so vielen Orten getestet, es gibt auch sehr viele Einrichtungen, wo man sich testen lassen kann. Das gehört alles mittlerweile schon zu unserem Alltag. Warum sollen wir uns nicht vor der Probe Testmöglichkeiten schaffen?“, schlägt er vor.

Vielerorts wird vermutet, dass die gewohnte Geselligkeit nach der Probe von der Politik als Gefahrenquelle für Cluster oder Ansteckung gesehen wird. „Dann verzichten wir eben auf die Geselligkeit danach, Hauptsache wir können endlich wieder miteinander musizieren. Wenn man uns die gemeinsame Probe erlaubt, dann haben wir genug Spaß beim Musizieren, dann spielen wir zu Beginn eben Stücke, die sich die Musikerinnen und Musiker selber aussuchen und der Aufenthaltsraum bleibt zu. Diese Disziplin sollten wir schaffen, wenn wir nur endlich wieder Musik machen dürfen“, ist Kapellmeister Kammerhofer überzeugt.

„Daham bin“: Tullner mit kreativer Alternative

Die Stadtkapelle Tulln hat indes eine kreative Alternative zu den derzeit untersagten Live-Auftritten gefunden. Sie verlieh der Sehnsucht nach Gemeinsamkeit mit einer eigenen Version von Seiler und Speers „Ala bin“ Ausdruck. In dem am Samstag veröffentlichten Video zu dem für Blasorchester arrangierten Stück „Daham bin“ sind die Musikerinnen und Musiker jeweils bei sich zuhause oder im Freien zu sehen, so wurde getrennt voneinander und doch gemeinsam musiziert.