Trockensteinmauer
Pamela Schmatz
Pamela Schmatz
Kultur

Trockensteinmauern nun UNESCO-Kulturerbe

Das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO ist um drei Elemente reicher. Die Kunst des Trockensteinmauerns findet man etwa in der Wachau. Aus Oberösterreich wird das Keramikflammen gelistet, aus Tirol das „Anklöpfeln“.

Das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich wird immer länger. Ein Fachbeirat der Österreichischen UNESCO-Kommission entschied sich bei den diesjährigen Neuaufnahmen für drei neue Aufnahmen – für das Trockensteinmauern, das in Niederösterreich eine lange Tradition hat, das „Anklöpfeln“, ein Adventbrauch aus Stans in Tirol, sowie das Flammen von Keramik, eine Technik, die noch in Oberösterreich angewendet wird.

Trockensteinmauern findet man in Niederösterreich verbreitet. Besonders bekannt sind sie in der Wachau, wo sie nicht nur das Landschaftsbild maßgeblich mitprägen, sondern überhaupt erst ermöglichten, dass die Region zu einem international bekannten Top-Weinbaugebiet werden konnte. Sie schaffen Raum, geben Struktur und machen Weinbau in vielen Steillagen überhaupt erst möglich.

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Trockensteinmauer
Vinea Wachau/Herbst
Das Trockensteinmauern ist in Österreich schriftlich seit dem 12. Jahrhundert belegt und wurde vorwiegend in landwirtschaftlichen Bereichen eingesetzt. Die Wachau ist bis heute geprägt von den Trockensteinmauern, ohne die der Weinbau auf den steilen Hängen unmöglich wäre
Trockensteinmauer
Pamela Schmatz
Trockensteinmauern entstehen durch das Aufeinanderstapeln von Steinen, die ohne zusätzliche Materialien miteinander verbunden sind. Als einzige Ausnahme gilt trockene Erde. Ihre Stabilität bekommen die Mauern durch sorgfältige Auswahl und Platzierung der Steine
Keramik Flammen
Gmundner Keramik
Das Flammen von Keramik bezeichnet das Aufbringen eines wiedererkennbaren Musters auf Teller oder Krüge. Erste Funde zu einer weiß-blau gefärbten Keramik stammen in der Gegend rund um Gmunden aus dem Jahre 1600, aus dem sich später die typische Dekortechnik, das „Geflammte“ bzw. das „Gmundnerische Geschirr“ entwickelte
Keramik Flammen
Gmundner Keramik
Das Handwerk des Flammens erlernt man in etwa zwei Jahren. Typisch sind Muster in Schleifen oder Schlingen, in Streifen, Wellen oder Bögen. In der Traditionsmanufaktur von Gmundner Keramik beherrschen diese Technik heute noch vier Mitarbeiterinnen
Anklöpfeln
ORF
Das „Anklöpfeln“ in Stans ist ein seit der Mitte des 19. Jahrhunderts überlieferter Klöpfelnachtbrauch. Nur alle zehn Jahre geht er an den Advent-Samstagen über die Bühne, dargeboten von einem ca. 30-köpfigen Tross
Anklöpfeln
ORF
Hohen Priester, Urbal, Bacchus, Ministranten und Leviten besuchen beim „Anklöpfeln“ prozessionsartig Bauernhöfe und Gasthäuser, um Lieder vorzutragen, die auf biblische Geschehnisse zurückgehen. Der Brauch existiert zwar auch an anderen Orten, ist in Stans jedoch durch den zehnjährigen Rhythmus und die ungewöhnlichen Figuren und Masken eine Besonderheit

Mittlerweile 136 österreichische Elemente gelistet

Seit 2003 dokumentiert und schützt die UNESCO, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, gelebte Traditionen. Seit 2010 führt die Österreichische UNESCO-Kommission das nationale Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Österreich. Seither fanden 136 Elemente zum sogenannten immateriellen Kulturerebe Einzug auf die österreichische Liste der schützenswerten Kulturtechniken und -praktiken. Gelistet werden dort Bräuche und Feste ebenso wie spezielles regionales Naturwissen oder Handwerkstechniken.

Aus Niederösterreich fanden sich in den letzten Jahren immer wieder Eintragungen in der nationalen Liste des österreichischen immateriellen Kulturerbes. Allein in den vergangenen beiden Jahren wurden das „Landumtragen“ der Mistelbacher Hauerzunft, „In d’Grean gehen“, das „Odlatzbia Oröwen im Wiesenwienerwald“ oder das „Jauken“ aufgenommen.

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Elsbeerernte
ORF
„Odlatzbia Oröwen“ bedeutet „Elsbeeren pflücken“. Im Wiesenwienerwald findet man eine Population von ca. 1.000 Solitärbäumen, die bedeutend für den Erhalt der europäischen Bestände sind. Die Ernte der hohen Bäume ist besonders aufwendig. Dabei werden lange Leitern am Baum angelehnt, im Boden eingegraben und an den Baumästen mit Stricken befestigt. Mit einem Sack für die Früchte und einem Harken zum Heranziehen der Äste klettert man hinauf, um die reifen Früchte zu ernten
Elsbeeren brocken
ORF
Abends folgt das eigentliche „Odlatzbia Oröwen“, bei dem die Früchte von den Ästen gezupft und anschließend verarbeitet werden. Zu diesem Höhepunkt finden sich die Bauernfamilien zusammen und rebeln manuell die Früchte von den Trugdolden
Tauben Jauken
ORF
Beim „Jauken“ geht es darum, die spezielle Taubenrasse der Hochflugtauben möglichst hoch in die Luft zu treiben, also zu „jauken“. Durch strenge Zuchtwahl und dem Training der Tauben wurde diese besondere Rasse bei den in Wien und weit darüber hinaus berühmt
Tauben Jauken
ORF
Bei Wettflügen, dem so gennannten „Preisfliegen“ wird eine Gruppe Hochflugtauben „aufgejaukt“ (hochgejagt). Der Schwarm Tauben, den man „Stich“ nennt, wird im Hinblick auf Flughöhe, etc. bewertet. Preisgelder werden ausgegeben, früher auch Wetten abgeschlossen, daher wird die Wiener Hochflugtaube auch als „Rennpferd des kleinen Mannes“ bezeichnet
In die Grean gehen
ORF
„In d´Grean gehn“ geht auf die vorindustrielle Zeit zurück, als die Weingartenarbeit noch besonders beschwerlich war. Zu Ostern wurde nach der schweren und harten Winterarbeit zum Dank in die Kellergassen geladen, um bei Wein, Brot und Geselchtem den Beginn der neuen Saison und das Ende der Fastenzeit zu feiern
In die Grean gehen
ORF
Heute treffen sich vorwiegend Verwandte und Weinfreunde in der „Grean“, um beim gemütlichen Spaziergang und in geselliger Runde das Wiedererwachen der Natur zu feiern, die „heurigen“ Weine zu verkosten und sich in gemütlicher Runde auszutauschen

Jedes Jahr werden die Einträge um neue kulturelle Ausdrucksformen und lebendige Traditionen erweitert. Laut Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) gehe es vor allem darum, kulturelle Ausdruckformen und Techniken für kommende Generationen zu bewahren. Zudem betonte sie die Nachhaltigkeit vieler kultureller Bräuche und Praktiken: „Der sorgsame Umgang mit der Natur und den vorhandenen Ressourcen ist bei vielen lebendigen Traditionen eine Selbstverständlichkeit", so Mayer bei der Präsentation der diesjährigen Neuzugänge. Die nächste Bewerbungsfrist für das Österreichische Verzeichnis endet am 30. Juni 2021.