Stift Heiligenkreuz
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„Ganz Persönlich“

Abt Heim: Distanz kann „gefährlich“ werden

Seit zehn Jahren ist Maximilian Heim Abt des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz (Bezirk Baden). Im Interview mit noe.ORF.at spricht er darüber, wie die Pandemie das Leben im Stift, Glauben und Gesellschaft verändert hat. Zu viel Distanz könne „gefährlich“ werden.

Maximilian Heim wurde 2011 Nachfolger von Gregor Henckel- Donnersmarck als Abt des Stiftes Heiligenkreuz. Bereits 1988 wurde er hier zum Priester geweiht. Vor kurzem feierte der gebürtige Deutsche aus Kronach seinen 60. Geburtstag. Zu diesem Anlass war er am Samstag Gast bei „Ganz Persönlich“ in „NÖ heute“.

noe.ORF.at: Viele Stifte und Klöster haben Probleme, Nachwuchs zu finden. In Heiligenkreuz ist das Gegenteil der Fall, der Konvent hat fast 100 Mitglieder. Worauf führen Sie diesen Trend gegen den Trend zurück?

Abt Maximilian Heim: Ich glaube, wir machen vieles gleich wie die anderen. Wir sind offen für junge Menschen, die kommen. Das spüren sie. Und wir sind offen für Gott. Die, die kommen, spüren, dass unser Leben allein dadurch erklärbar ist, dass wir sagen, wir möchten Zeugnis ablegen von einem Gott, der uns liebt und der uns barmherzig ist.

noe.ORF.at: In der jüngeren Vergangenheit wurde das Stift Heiligenkreuz auch über die Grenzen hinaus bekannt. Durch die Gregorianischen Choräle, gesungen von den Mönchen des Stiftes, wurden Sie und Ihre Mitbrüder zu so etwas wie Popstars. Wie geht man damit um?

Heim: Das war für uns schon eine Erfahrung, wie auf einmal diese Einheit des gregorianischen Chorals zum Tragen kommt – dieses Miteinander, dieses aufeinander Hören und sich nicht selbst profilieren wollen. Es ist, als würde man die Melodie vom Himmel ablauschen, wie es Nikolaus Harnoncourt einmal gesagt hat.

noe.ORF.at: Berühmt ist auch der Auftritt in der Fernsehshow „Wetten dass…?“ mit Thomas Gottschalk. Eigentlich leben Priester in der Zurückgezogenheit, plötzlich waren Sie an einem Samstag im Hauptabendprogramm vor einem Millionenpublikum zu sehen. Wie passt das zusammen?

Heim: Ich habe Thomas Gottschalk immer gerne gesehen und mir gedacht, er wird Klöster nicht in eine prekäre Situation bringen. Ich dachte, er wird Spaß daran haben, aber er wird uns indirekt auch helfen. Und das war wirklich eine Hilfe, denn durch diese mediale Präsenz sind wir vielen Menschen überhaupt erst ins Bewusstsein gekommen.

Maximilian Heim im Gespräch mit Robert Friess
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Durch die Pandemie sei das Stift Heiligenkreuz zu einer „Oase der Stille“ geworden, sagt Abt Maximilian Heim im Interview mit Robert Friess

noe.ORF.at: Seit einem Jahr dominiert die CoV-Pandemie unser aller Leben. Normalerweise ist der Tourismus eine der wichtigsten Einnahmequellen des Stiftes. Wie groß waren die Verluste für Sie?

Heim: Es waren riesige Verluste, denn wir haben ja seit eineinhalb Jahren keine Busse mehr empfangen und es hat keine Führungen mehr gegeben. Heiligenkreuz ist ein total stiller Ort geworden. So haben wir Heiligenkreuz noch nie erlebt. Es war auf einmal eine Oase der Stille.

noe.ORF.at: Was hat die Pandemie aus Ihrer Sicht in der Gesellschaft und im Glauben verändert?

Heim: Wir müssen aufpassen, dass wir die Individualisierung, die in unserer Gesellschaft sowieso vorhanden ist, nicht auf die Spitze treiben. Man muss das Auge auf den anderen in einer fürsorglichen Weise richten, in einer Art der Nächstenliebe. Wenn das erkaltet, wenn die Distanz so weit geht, dass man sich nicht mehr anschaut, dass man die Maske vor das Gesicht zieht, damit man nicht erkennbar wird, dann wird es gefährlich.

noe.ORF.at: Das Stift Heiligenkreuz hat den Ruf, konservativ zu sein. Können Sie damit leben?

Heim: Konservativ heißt bewahrend, aber wir sind nicht nur bewahrend, sondern wir sind missionarisch. Wir sind auf die Zukunft hin ausgerichtet und uns ist es wichtig, dass die Menschen wissen, dass wir eine Mission haben – eine Mission, die nicht von uns kommt. Man muss das Evangelium in der Sprache von heute verkündigen.