Lebensmittel App too good to go
ORF/Ossi Denkmayr
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Wirtschaft

260 Betriebe retten Lebensmittel per App

Laut Restmüllanalysen werden in Österreich pro Jahr mehr als eine Million Tonnen Lebensmittel weggeschmissen. Die Menge stieg zuletzt immer mehr an. Mit Hilfe einer Handy-App wollen das mehr als 260 Betriebe in Niederösterreich ändern.

Brot, Semmeln, Salzstangerl, Topfengolatschen – es ist zwar nicht viel, was in der Bäckerei Huber in Ebenfurth (Bezirk Wr. Neustadt) jeden Tag übrigbleibt, aber trotzdem zu schade, um es wegzuschmeißen, sagt Bäckerin Franziska Huber: „Unser vorrangiges Ziel ist es ja, dass uns möglichst wenig über bleibt, und das probieren wir jeden Tag, aber wir schaffen es nicht immer.“

Seit Herbst bietet Huber die Ware deshalb in der Handy-App „too good to go“ an. Kurz vor Geschäftsschluss packt sie Brot und Gebäck in Überraschungssackerl, denn was genau drinnen ist bzw. übrigbleibt, weiß man vorher nicht. Der Warenwert entspricht aber immer zwölf Euro. „Es wir überraschend gut angenommen“, erzählt Huber: „Wir retten so pro Tag fünfzehn bis zwanzig Sackerl.“ Die Käufer seien Stammkunden aber auch viele neue Kunden, „die bei uns vorher nicht eingekauft haben.“

Lebensmittel App too good to go
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In der Bäckerei werden pro Tag 15 bis 20 Überraschungssackerl verkauft, die normalerweise zwölf Euro kosten würden

Überschüssiges Essen verkaufen

In Österreich gibt es die App, die ursprünglich aus Dänemark kommt, seit 2019. Das Ziel von „too good to go“ ist es, einwandfreie Lebensmittel vor dem Müll zu retten, sagt Geschäftsführer Georg Strasser: „Wir arbeiten mit Supermärkten, Hotel, Kaffeehäusern und Lokalen und helfen ihnen, überschüssiges Essen am Ende des Tages zu verkaufen.“ In Niederösterreich beteiligen sich daran mittlerweile mehr als 260 Betriebe.

Je nach Betrieb und Essen zahlen die Konsumenten zwischen drei und fünf Euro, sagt Strasser: „Das ist immer ein Drittel des Originalpreises.“ In der Bäckerei Huber zahlen die Kunden also vier statt zwölf Euro. Ein Geschäft sei das zwar nicht, sagt Huber, „aber die Produktionskosten sind gedeckt und vorrangig ist der Nutzen, dass möglichst wenig überbleibt.“

Lebensmittel App too good to go
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Nadine Pernjak stellt pro Tag zumindest ein Überraschungssackerl zusammen, weil sie vor allem die Idee dahinter unterstützen will

Spenden, verschenken oder billiger verkaufen

Dieser Meinung ist auch Nadine Pernjak, die in Baden ein Delikatessengeschäft betreibt. Über die App bekam sie zwar schon ein paar neue Kunden, wichtiger sei ihr aber „Lebensmittel zu retten“. Weil das in Österreich bisher schlecht funktioniert, spricht sie sich sogar für ein Gesetz aus: „Dass alle Betriebe dazu verpflichtet werden, Lebensmittel nicht mehr wegzuwerfen, sondern zu spenden, zu verschenken oder zum Einkaufspreis herzugeben. Wir schmeißen zu viel weg.“

Laut Restmüllanalysen landen in Österreich pro Jahr mehr als eine Million Tonnen Lebensmittel im Müll, sagt Strasser: „Das ist eine enorme Belastung für unseren Planeten und unsere Umwelt. Jedes Mal, wenn wir Lebensmittel produzieren, belastet das unsere Umwelt und immer, wenn die Datenlage besser wird, merken wir, dass wir mehr wegschmeißen. Das Problem wird also größer statt kleiner.“

50.000 Essensportionen in Niederösterreich gerettet

Umso mehr freut sich Strasser über den ersten „Meilenstein“, den das Unternehmen vor kurzem in Österreich erreicht hat: „Wir haben mehr als eine Million Portionen Lebensmittel gerettet.“ Allein in Niederösterreich waren es seit Jahresbeginn mehr als 50.000 Portionen Essen. „Aber wir sehen, dass es noch großen Bedarf gibt und wir noch sehr viel mehr retten können.“