Es ist eine frühere Pension, in der Gottfried und Brigitta Kellner jetzt die Abgeschiedenheit genießen. Sie haben keinen Handy-Empfang, die Straße ist so eng, dass die Umzugstransporter fast steckengeblieben wären. Ganze Generationen von Möbelstücken, Maschinen und Zubehör wurden kurz vor der Coronaviruspandemie von Theresienfeld nach Gutenstein (beide Bezirk Wiener Neustadt) transportiert. Statt mit Gästen sind die Zimmer jetzt mit Antiquitäten gefüllt, die die Grundlage für die künstlerischen Reparaturen des Paares bilden.
Die gebürtige Tirolerin Brigitta stellt Lampen her. Jedes Stück ist ein Unikat: „Ich bin ein schräger und kreativer Kopf. Ich sehe in allem etwas, woraus man eine Lampe machen kann. Das habe ich über sehr lange Zeit angesammelt, zum Teil als Ersatzteile von kleinen Firmen gekauft, zum Teil von Flohmärkten. Das waren schlussendlich mehr als 40 Tonnen Material.“
Zwei Handwerke, die sich ergänzen
Was Brigitta Kellner nicht bekommt, das stellt sie her: Lampengerippe oder andere Metallteile schweißt sie selbst, ebenso Schlösser und Schlüssel, die ihr Mann Gottfried für das Wiederherstellen von alten Möbeln braucht. Tausende teils wertvolle Beschläge werden in Laden gehortet. Die beiden üben zwar unterschiedliche Handwerke aus, ergänzen einander aber, betonen sie gegenüber noe.ORF.at.
Gottfried Kellner ist Restaurator in fünfter Generation, er bringt Möbel jedweder Art wieder auf Hochglanz. Am allerliebsten beschäftigt er sich mit Jugendstilgegenständen und ganz besonders mit den legendären Wiener Thonet-Möbel, bei denen jedes ein Einzelstück ist: „Ein Thonet ist ein Möbel mit sofortigem Wiedererkennungswert: ein zeitloses Design und eine hohe Qualität. Die sind für die Ewigkeit gemacht – teilweise bis zu 120 Jahre alt, halten sie noch hundert Jahre. Man muss nur wissen, wie sie repariert werden, und das nötige Werkzeug haben.“
Auch er hatte beim Umzug 40 Tonnen Material zu transportieren: „Eineinhalb Jahre haben wir gebraucht, bis alles übersiedelt war. Aber jetzt können wir aus dem Vollen schöpfen.“ Die alte Pension wirkt wie ein Museum mit ihren vielen außergewöhnlichen Kunstwerken, uralte Teile, erfüllt mit neuem Leben.