Doris Pfaffenlehner
ORF/Robert Salzer
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„Menschen im Blickpunkt“

Die Erfinderin des Dirndl-Wildleders

Den Trend zum Regionalen gibt es auch bei Werkstoffen. Eine Schuhmacherin aus Kernhof (Bezirk Lilienfeld) wollte weg vom international erhältlichen, chemisch behandelten Leder und erfand das Dirndl-Leder: Wildhäute, behandelt mit Dirndlkern-Extrakt.

Ein ehemaliges Bahnhofsgebäude im Schatten des Gippel, teure Einkaufsstraßen sind hunderte Kilometer weit weg und doch erzeugt Doris Pfaffenlehner hier Luxusgüter: Maßschuhe, die bis zu 2.000 Euro teuer sind. Jeder Schuh ist ein Einzelstück, wie sie betont: „In jedem stecken 40 Stunden Arbeit, für jeden Fuß wird ein Leisten angefertigt. Über mangelndes Geschäft darf ich mich nicht beklagen, ich habe Wartelisten. Das sind eben Schuhe, die man sehr lange hat.“

Und während ihre Hände – wie sie es selbst bezeichnet – fast automatisch arbeiteten, hatte sie Zeit, über neue Ideen und Materialien nachzudenken. Das erste Ergebnis brachte jetzt eine Freundin, Taschnerin Christina Klutz aus Blindenmarkt (Bezirk Melk): Taschen-Prototypen aus Dirndl-Leder, das auf neuartige Weise entsteht. „Eigentlich entsteht es aus Abfall“, sagt Doris Pfaffenlehner: „Hier in der Gegend gibt es viel Wild, viele Hirsche. Deren Fleisch wird zwar verarbeitet, aber die ‚Decke‘, also die Haut, bleibt übrig. Die nütze ich und den dazu nötigen Gerbstoff habe ich auch gefunden. Das ist einfach nur Wasser mit geschroteten Kernen der Dirndlfrucht, also der Kornelkirsche. In dieses Extrakt wird die Haut eingelegt und das verändert das Kollagen, das Eiweiß in der Haut, so stark, dass daraus dann Leder wird.“

Doris Pfaffenlehner (links), Christina Klutz
ORF/Robert Salzer
Doris Pfaffenlehner und Christina Klutz fachsimpeln über das rosafarbene Wildleder, gegerbt mit dem Extrakt aus Dirndlkernen

In der Entwicklung der speziellen Gerbung half ein Berufsschullehrer. Die Kerne kommen aus der Dirndlmanufaktur Fuxsteiner in Kirchberg an der Pielach (Bezirk St. Pölten), wo sie sonst entsorgt worden würden. Hier werden sie stattdessen zu einem Rohstoff für das Wildleder, das die Taschnerin Christina Klutz fasziniert: „In diesem Leder spürt man das Wildleben des Hirschs, es weist die Verletzungen eines Lebens in der Wildnis auf, jedes Stück ist anders, das gefällt mir extrem gut. Es ist ursprünglich, natürlich und sehr angenehm zu verarbeiten.“

Dirndl-Leder „nützt, was bisher ungenützt blieb“

Künftig sollen auch Maßschuhe aus Dirndl-Wildleder entstehen, die ersten Schritte dorthin sind schon gegangen. Für Doris Pfaffenlehner handelt es sich dabei um eine klassische „Win-win-Situation“: „Mir gefällt das deswegen so gut, weil man etwas nützt, das bisher ungenützt geblieben ist: einerseits die Wildhaut, andererseits die Dirndlkerne. Und wenn man beides zusammenführt, hat man ein Produkt, aus dem man etwas Neues machen kann. Da war vorher nichts und dann ist da etwas, das macht mich zufrieden.“

Das Dirndl-Leder ist noch im Erprobungsstadium. Das Projekt, das Doris Pfaffenlehner zusammen mit der dortigen LEADER-Region erarbeitet, wurde aber bereits mit dem „Riz-up-Genius“-Preis des Landes ausgezeichnet.