Chronik

Toter Rekrut: Verfahren gegen Österreich

Nach dem Tod eines Rekruten 2017 in Horn hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein Verfahren gegen Österreich eingeleitet. Das berichtete der Rechtsvertreter der Mutter des 19-Jährigen, der Wiener Anwalt Helmut Graupner.

Die Ermittlungen in der Causa waren von der Staatsanwaltschaft Krems eingestellt worden, ein Fortführungsantrag der Mutter wurde im Vorjahr abgewiesen. Der 19-jährige Soldat der Garde war am 3. August 2017 bei einem Fußmarsch in der Nähe der Kaserne in Horn im Waldviertel zusammengebrochen. Er starb später im Krankenhaus. Todesursache war laut Obduktion eine Überhitzung des Körpers. Bei einer Blutuntersuchung des Rekruten wurde außerdem ein akuter Infekt festgestellt, der zu einer Sepsis geführt hatte.

Ermittelt wurde in der Folge gegen vier Soldaten, die an der Durchführung des Marsches beteiligt waren. Sie standen unter anderem unter dem Verdacht der grob fahrlässigen Tötung sowie der Vernachlässigung der Obsorgepflicht nach dem Militärstrafgesetz.

Die Anklagebehörde kam letztlich zu dem Schluss, dass die Vorgesetzten des Rekruten gegen keine Vorschriften verstoßen haben. Sie hätten aufgrund der Hitze ausreichend Wasser zur Verfügung gestellt und leichtere Adjustierung angeordnet. Weiters hätten sie nicht erkennen können, dass bei dem jungen Mann eine akute septische Entzündung vorgelegen war.

Regierung hat „Gelegenheit, die Vorfälle zu rechtfertigen“

Graupner betonte in einer schriftlichen Stellungnahme, dass die Bundesregierung „Gelegenheit erhält, die Vorfälle zu rechtfertigen“. Für den Juristen geht es nun insbesondere darum, „warum die Justiz das von der Mutter des Rekruten vorgelegte Gutachten eines renommierten Infektiologen und Notfallmediziners ignoriert hat und ausschließlich dem Gutachter der Staatsanwaltschaft – der weder Infektiologie noch Notfallmediziner ist – gefolgt ist, ohne ein Obergutachten einzuholen“.

Der EGMR publizierte am Montag in Summe fünf Fragen an die beteiligten Parteien. Behandelt wird unter anderem, ob gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Leben verstoßen wurde oder der 19-Jährige im Rahmen des Fußmarsches Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt war.