Nachtgastronomie Disco Clubs Wr. Neustadt Reportage
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Chronik

Nachtgastro trotz weniger Gäste zufrieden

In Diskotheken, Clubs und Tanzlokalen gilt seit kurzem die „2-G-Regel“. Der Besuch ist nur Geimpften bzw. PCR-Getesteten gestattet. Ein Lokalaugenschein am Wochenende in Wr. Neustadt zeigte: Viele Gäste blieben aus, die Gastronomen waren dennoch zufrieden.

„Wir können jetzt wieder unser Leben leben, wie früher“, freut sich Sebastian Seybold und spricht damit wohl vielen aus der Seele. Nach dem monatelangen Lockdown kann in den Discos und Clubs seit Anfang Juli wieder ausgelassen gefeiert und getanzt werden. Dieses Bild zeigte sich am Wochenende auch in der Wiener Neustädter Herrengasse, wo sich neun Lokale direkt aneinanderreihen.

Bei einem Lokalaugenschein in der Nacht auf Sonntag waren die Clubs gegen Mitternacht zwar gut gefüllt, aber keinesfalls voll. „Es ist definitiv weniger los, also man merkt, dass die Leute, die noch nicht geimpft waren, heute nicht unterwegs sind“, erzählt Besucherin Barbara Heinzl. Das stellte auch Daniel Schwarz fest, den es aber nicht störte: „Normalerweise hat man da nicht einmal vorbeigehen können, also im Prinzip ist es richtig angenehm.“

80 Prozent weniger Umsatz

Nicht ganz so angenehm dürfte das den Gastronomen sein, die durchwegs von deutlich weniger Gästen berichteten. „Wir merken schon, dass ein Anteil noch fehlt“, sagt Roman Petek, Geschäftsführer des „Zweiraum“, der am Freitag etwa 80 Prozent weniger Umsatz hatte: „Das sind einfach jene Personen, die noch nicht durchgeimpft sind.“ „Da die neuen Regeln sehr kurzfristig gekommen sind, ist das erste Wochenende doch etwas ruhiger“, ergänzt Christopher Horeischy, der das Mephisto betreibt.

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Die Herrengasse in Wr. Neustadt ist an guten Samstagen dicht gedrängt, dieses Mal konnte man sich aber problemlos durchbewegen

Seit vergangenen Donnerstag gelten für Discos und Clubs verschärfte Corona-Regeln. Weil die Infektionszahlen in ganz Österreich wieder steigen und zuletzt mehrere Cluster in Tanzlokalen auftraten, dürfen diese Lokale nun nur noch geimpft oder mit einen gültigen PCR-Test betreten werden. Viktoria Höller sieht diese Verschärfung kritisch, „weil ich glaube, ein drei Tage alter PCR-Test ist jetzt nicht so sicher wie eine Genesung. Ich habe selbst 90 Euro für den PCR-Test bezahlt, obwohl ich geimpft bin, aber das zählt noch nicht, also ich sehe das eher kritisch.“

Kritik an „passive Impfflicht“ und Ungleichbehandlung

Stefan Pink, der sich trotz Impfung vor dem Fortgehen daheim testet, um andere zu schützen, wie er sagt, sieht die „2-G-Regel“ gar als „passive Impfpflicht für die Jugendlichen, damit sie ihre Nächte leben können, weil ohne Nachtleben ist es ja keine Jugend.“ Elena Windholz findet es hingegen „gar nicht so schlecht, weil dann kann man sich wirklich sicher sein.“ Daniel Schwarz hält die neue Regelung zwar für „nicht ganz angemessen, aber es ist ok, es ist verträglich.“

Ähnlich sehen das die Clubbetreiber in der Herrengasse. Horeischy unterstützt die Entscheidung des Bundes, allerdings müssten die Vorgaben für alle gelten, „auch für Zeltfeste und Kaffeehäuser, die bis 5.00 Uhr offen haben, weil das im Endeffekt dann auch ein Barbetrieb ist.“ Petek kann ihm da nur beipflichten, wobei er bei den Jugendlichen zumindest eine durchaus vorhandene Impfbereitschaft erkennen will.

Ausnahmen für Zeltfeste oder Konzerte

Einige Gastronomen beklagen jedoch die die neuen Verordnung. Denn von der „2-G-Regeln“ sind all jene Lokale umfasst, in denen mit „einer vermehrten Durchmischung der Kunden“ zu rechnen ist. Andere Orte möglicher „Durchmischung“ nahm das Gesundheitsministerium dagegen rasch in einem eingeschobenen Zusatz aus, wie „Zeltfeste“ oder „Konzerte ohne fixe Sitzplätze“. Dort würden ohnedies die Bewilligungsvorschriften durch die jeweilige Bezirkshauptmannschaft greifen, argumentiert man im Ministerium. Es bleibt also dort bei „3-G“.

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Vor den Eingängen in die Clubs in der Herrengasse wurde am Samstag rigoros auf einen „2-G-Nachweis“ kontrolliert

Zudem beklagen einige, dass die Verordnung schwammig formuliert und nicht eindeutig definiert sei. Ein Clubbetreiber ein Stück außerhalb der Herrengasse wollte etwa auf der Tanzfläche zusätzliche Sessel und Tische aufstellen, wodurch die Mehrheit der Gäste – wie bei der Tagesgastronomie – gesessen wäre. Die Wirtschaftskammer gab dem Unternehmer dafür auch rechtlich grünes Licht. Doch die örtliche Gesundheitsbehörde drohte für diesen Fall sowohl dem Betreiber als auch den Gästen mit einer Geldstrafe.

Klage beim Verfassungsgerichtshof

Die Vertreter der Nachtgastronomie wollen die Verordnung jedenfalls so nicht gelten lassen. Sprecher Stefan Ratzenberger kündigte Medien gegenüber eine Klage wegen Wettbewerbsverzerrung an. Die Ungleichbehandlung von Nachtgastronomie und Zeltfesten sei nicht nachvollziehbar und „absolut unverständlich“. Am Wochenende kündigte man zudem an, dass man in dieser Causa auch vor den Verfassungsgerichtshof gehen möchte. Zudem befürchtet man, dass viele Gastronomen demnächst wieder zusperren werden.

In Wr. Neustadt kamen an diesem Wochenende zwar deutlich weniger Gäste als gewohnt, doch aufgeben will man hier noch nicht, sagt Horeischy: „Wir haben jetzt einmal vor, die nächsten zwei Wochen offen zu haben. Das wären dann drei Wochen seit der neuen Regelung. Dann hätte eigentlich jeder die Möglichkeit gehabt, dass er impfen geht, und dann sehen wir, was wirklich passiert.“ Während sich in der Herrengasse an guten Samstagen bis zu 2.000 Gäste tummeln, sei es dieses Mal gerade Mal ein gutes Drittel gewesen, heiß es. Am Freitag zählte man überhaupt nur 300 Besucher. Wie es weiter geht, bleibt abzuwarten.