Komprimierte Plastikmüllstapel
APA/HERBERT PFARRHOFER
APA/HERBERT PFARRHOFER
Umwelt & Klima

Abbau statt Recycling: Erfolg gegen Plastikflut

Heimischen Forschern ist ein großer Schritt im Kampf gegen die Plastikflut gelungen. Im Labor konnten verschiedene Plastikarten erstmals mit Enzymen in ihre Einzelkomponenten zerlegt werden. Damit könnte Plastik künftig rückstandslos abgebaut werden.

Neue Ergebnisse einer Forschergruppe des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und der BOKU Wien zeigen, dass Bakterien aus Kuhmägen verwendet werden können, um Polyestersorten abzubauen, aus denen beispielsweise Textilien, Verpackungen und kompostierbare Plastiksackerl gemacht sind. Derzeit wird Plastik vor allem durch Recycling und Wiederverwertung aus der Umwelt geholt, allerdings sind viele der derzeit praktizierten Lösungen energieintensiv oder aufgrund des Einsatzes toxischer Chemie wenig nachhaltig. Außerdem kann Plastik aus gemischtem Abfall nicht herausgefiltert werden.

Dem Forschungsteam des acib in Tulln ist es jetzt gelungen, mit Hilfe spezieller Enzyme das Plastik in seine Einzelbestandteile aufzuspalten, erklärt Doris Ribitsch, Senior Researcherin am acib und Forscherin am Institut für Umweltbiotechnologie an der BOKU Wien: „Plastik ist zwar schwer aufzuspalten, gleicht aber in seinem Aufbau in vielerlei Hinsicht dem Aufbau natürlicher Polyester wie Cutin, einer der Hauptkomponenten der Pflanzenzelle. Cutin kann z.B. im Komposthaufen gefunden werden, wo es von natürlichen Enzymen abgebaut wird. Das hat uns auf die Idee gebracht, auch an anderen Orten nach Enzymen zu suchen", so Ribitsch. In Kuhmägen wurde man schließlich fündig.

Enzyme aus dem Kuhmagen bauen Plastik ab

In der Magenflüssigkeit der Kühe lebt eine riesige mikrobielle Gemeinschaft, die für die Verdauung der Nahrung in den Tieren verantwortlich ist. Daher vermuteten wir, dass einige biologische Aktivitäten auch für die Hydrolyse von Plastiksorten genutzt werden könnten", beschreibt Ribitsch jene enzymatische Reaktion, die für die Zersetzung von Plastik in seine ursprünglichen Bausteine verantwortlich ist.

Die bisherige Forschung hat sich einerseits mit PET-Flaschen beschäftigt, aber auch einen biologisch abbaubaren Kunststoff analysiert, der oft in Kompostsackerln verwendet wird und schließlich einem Verpackungsplastik für beispielsweise Gemüse.

Werden diese Kunststoffarten mit der Flüssigkeit aus dem Kuhmagen vermischt, wird der Kunststoff abgebaut – und zwar in seine hochwertigen Einzelbestandteile, die anschließend getrennt und wieder verwendet werden können. Die Ergebnisse, die kürzlich in der angesehenen Zeitschrift „Frontiers in Bioengineering and Biotechnology“ veröffentlicht wurden, zeigen, dass alle drei Kunststoffe von den Mikroorganismen aus Kuhmägen abgebaut werden können.

Im Vergleich zu ähnlichen Forschungsarbeiten, bei denen meist einzelne Mikroorganismen untersucht wurden, stellten Ribitsch und ihre Kollegen fest, dass die Pansen-Flüssigkeit (Pansen ist ein Teil des Kuhmagens, Anm.) effektiver war, was darauf hindeuten könnte, dass die mikrobielle Gemeinschaft einen synergistischen Vorteil hat.

Weitere Forschungen notwendig

Die Forschungsarbeiten wurden bis dato im Reagenzglas durchgeführt, eine industrielle Nutzung hält die Forscherin für vorstellbar, alleine wegen der großen Mengen an Pansen-Flüssigkeit, die an den Schlachthöfen als Abfallprodukt anfallen.

Allerdings seien noch genauere Forschungen notwendig, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen die Enzyme am besten arbeiten und auch welches Enzymgemisch am effizientesten wirkt. Trotzdem gilt der Erfolg als bahnbrechend, zeigt sich doch, dass damit ein neuer Weg im Abbau von Plastik und vor allem auch Mikroplastik beschritten werden kann.