Rezeption Krainerhütte
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Wirtschaft

Tourismus: Besser, aber noch lange nicht gut

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge gehen die Beherbergungsbetriebe ins Sommerfinale. Bis zum Vorkrisenniveau ist es noch ein weiter Weg, Teile der Branche haben derzeit aber ähnliche Buchungslagen wie 2019 – etwa der Seminartourismus.

Die aktuellen Auswertungen der Statistik Austria zeichnen für Niederösterreichs Sommertourismus im Juli-Vergleich der letzten drei Saisonen ein gemischtes Bild. Vergleicht man den Juli dieses Jahres mit dem Juli 2019 – also dem letzten Juli vor Ausbruch der Pandemie – bilanzieren die Betriebe heuer nach wie vor mit einem Minus (-17,3 Prozent) bei den getätigten Übernachtungen. Damit liegt Niederösterreich fast exakt im Bundesschnitt (-17,7 Prozent).

Deutlich besser als im österreichweiten Schnitt schneidet Niederösterreich hingegen ab, wenn man den Juli dieses Jahres dem Juli des vergangenen Jahres gegenüberstellt. Hier war die Buchungslage mit einem Plus von 5,7 Prozent mehr Nächtigungen wieder im Aufwind, während der österreichweite Juli-Tourismus noch knapp negativ bilanziert (-0,8 Prozent).

Drei von vier Gästen kamen aus dem Inland

Dass im Sommer nun doch viele Betten belegt und manche Beherbergungsbetriebe sogar ausgebucht waren, ist der Statistik zufolge in erster Linie inländischen Gästen zu verdanken. Sie buchten knapp drei Viertel der insgesamt 734.600 in Niederösterreich registrierten Übernachtungen im Juli, 209.300 Nächtigungen entfielen auf Gäste aus anderen Ländern.

In Summe war dieser Sommer für die Tourismusbranche wieder deutlich positiver als im vergangenen Jahr, dennoch ist es noch ein weiter Weg zu Nächtigungszahlen wie vor der Krise. Innerhalb der Branche gibt es allerdings große Unterschiede. Einerseits gab es große regionale Unterschiede unter den Bundesländern sowie im städtischen und ländlichen Tourismus – mehr dazu in Tourismus leidet immer noch unter Cov-Krise (news.ORF.at; 27.8.2021). Andererseits unterscheiden sich die Übernachtungen auch hinsichtlich der Unterkunftsarten.

Susanne Kraus-Winkler, die Obfrau des Fachverbandes Hotellerie in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, sagte in „NÖ heute“: „Je nach Region, je nach Hotelstandort und je nach Hotelkategorie gibt es sehr unterschiedliche Auslastungszahlen. Das heißt, die Zahlen von der Statistik Austria, die wir jetzt für den Juli haben, sind nur ein Gesamtblick auf die Nächtigungszahlen. Oder anders formuliert: Manche Betriebe haben sehr, sehr gute Auslastungen erreicht, andere wiederum aber hatten extrem große Probleme.“

Susanne Kraus-Winkler in „NÖ heute“

Susanne Kraus-Winkler, Obfrau der Hotellerie in der Wirtschaftskammer, spricht mit Robert Ziegler über die aktuelle Tourismusstatistik und die Erwartungen für die nächsten Monate

Seminartourismus wieder im Aufschwung

Eine Branche, die derzeit wieder gut gebucht sein dürfte, ist jedenfalls der Seminartourismus. Manche Hotels sprechen von ähnlich gut gefüllten Zimmern wie vor Ausbruch der Pandemie. Eines davon ist das Seminarhotel Krainerhütte im Helenental nahe Baden. Geschäftsführer Roland Hirtenfelder zufolge ist das Haus aktuell ausgebucht. „Wir sind jetzt in einer vergleichbaren Phase wie 2019, was die Auslastung der Gäste betrifft. Was heute sogar höher ist als damals ist die Zufriedenheit der Gäste, weil Firmen froh sind, wieder Seminare abhalten zu können.“

Seminarraum Krainerhütte
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Weil der Seminartourismus besonders von inländischen Gästen lebt, befindet er sich wieder im Aufschwung

Nach einem „holprigen und späten Start im Juni“ sei der Juli vielversprechend angelaufen, der August könne nicht besser sein, so Hirtenfelder gegenüber noe.ORF.at. Auch für den Herbst gäbe es bereits zahlreiche Anfragen, lediglich die langfristigen Reservierungen bereiten Sorgen: „Ein Problem haben wir mit Buchungen für den Frühling, weil es hier eine Unsicherheit am Markt gibt. Hier bräuchten wir dringend Regeln, um sicher durch den Herbst und Winter zu kommen und Planungssicherheit für den Frühling zu haben.“

„‚1-G-Regel‘ ist kein Teufelswerk“

Hirtenfelder plädiert hier auch für strenge Regeln, Hauptsache sie seien klar. Vorstellbar ist für ihn auch die Einführung der „1-G-Regel“, also dem Zutritt zum Seminarhotel ausschließlich für Geimpfte. „Die ‚1-G-Regel‘ wäre eine klare Regel, mit der wir leben können. Ich glaube, dass wir damit nicht sehr viele Gäste verlieren würden, weil die Firmen auch an der Regel interessiert sind und ihre Mitarbeiter mit einem sicheren Gefühl zu Klausuren schicken können.“

Anders schätzt Hirtenfelder die Situation im Individualtourismus ein. Dort sei die Durchsetzung der „1-G-Regel“ weitaus schwieriger, „für den Seminartourismus wäre das aber die beste Regel für die nächsten Monate“, ist er überzeugt. Eines will er aber in jedem Fall vermeiden: Dass Betten und Tische erneut leer bleiben könnten. „Deswegen ist die ‚1-G-Regel‘ auch kein Teufelswerk, sondern sie hilft uns.“