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Coronavirus

„Keine Kinderkrankheit so stark wie Covid“

Noch im Herbst könnte der Covid-Impfstoff für Kinder unter zwölf Jahren zugelassen werden. Karl Zwiauer, Mitglied des Impfgremiums, spricht sich für die Impfung von Kindern aus: „Wir kennen keine Kinderkrankheit, die so belastend ist wie die Covid-Erkrankung.“

Viele Experten hatten zuletzt betont, dass man auch die Kinder impfen müsse, um die Pandemie zu bewältigen. Kritiker meinen, dass man dafür nicht die Kinder heranziehen sollte. Karl Zwiauer ist Mitglied des Nationalen Impfgremiums, Kinderarzt und jahrelang Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Universitätsklinikum St. Pölten. Im „NÖ heute“-Interview am Freitag zeigte er zwar Verständnis für die Sorgen und Ängste, verwies aber zugleich auf die Fakten rund um die Impfung.

Demnach sei die Covid-Impfung bei Kindern und Jugendlichen zwischen dem elften und 17. Lebensjahr bereits millionenfach verabreicht worden und man könne davon ausgehen, „dass die Impfung wirklich eine der ganz sicheren“ ist, sagte er. Darüber hinaus dürfe man die Krankheitslast der Kinder bei Covid-19 nicht mit jener der Erwachsenen vergleichen, sondern müsse herkömmliche Kinderkrankheiten als Vergleich heranziehen. „Keine der herkömmlichen und derzeit durch Impfungen bekämpfbaren Kindererkrankungen hat eine so große Krankheitslast wie sie SARS-CoV2-Infektion“, sagte Zwiauer im Gespräch mit „NÖ heute“-Moderatorin Claudia Schubert.

noe.ORF.at: Herr Dr. Zwiauer, was auffällt ist: Je jünger die Personengruppe, desto geringer die Impfquote. Woran liegt diese Skepsis Ihrer Meinung nach?

Karl Zwiauer: Die Skepsis liegt daran, dass es unklare und sehr divergierende internationale Empfehlungen gegeben hat, die sich in der Zwischenzeit in Richtung Kinder-Impfen harmonisiert haben. Und natürlich ist Kinder zu impfen verständlicherweise immer ein besonders heißes Thema. Hier geht es sehr um Sicherheit und Vertrauen, und das müssen wir uns immer noch erst erarbeiten.

Karl Zwiauer
ORF
Karl Zwiauer ist Mitglied des Nationalen Impfgremiums. Eine Entscheidung über die Zulassung der Impfung für Kinder könnte bereits Ende September fallen.

noe.ORF.at: Es gibt viele Eltern, die bei sich selbst nicht lange überlegen müssen, ob sie sich impfen lassen, bei ihren Kindern sind sie aber doch wesentlich zurückhaltender. Ist das nicht auch verständlich?

Zwiauer: Absolut verständlich. Das ist mir persönlich genauso gegangen. Andererseits muss man auch rational die Gründe bedenken. Insofern stellt sich sehr schnell heraus: Die Impfung ist millionenfach bei Kindern zwischen dem elften und 17., 16. Lebensjahr verwendet worden. Es gibt in der Zwischenzeit ein sehr, sehr gutes Sicherheitsprofil und wir können davon ausgehen, dass die Impfung wirklich eine der ganz sicheren ist. Insofern sollte man die Ratio, die Überlegungen, doch über die emotionalen Unsicherheiten gewinnen lassen.

noe.ORF.at: In unserem Nachbarland Slowakei hat man jetzt begonnen, Kinder ab fünf Jahren zu impfen. Sie sind Mitglied des Nationalen Impfgremiums – wann rechnen Sie mit einer Empfehlung in Österreich?

Zwiauer: Wir werden das so handhaben wie in der Vergangenheit. Wir werden die EMA-Zulassung (Europäische Arzneimittel-Agentur; Anm.) abwarten, abwarten, wie die Daten tatsächlich sind, insbesondere die Sicherheitsdaten. Wenn die EMA grünes Licht gibt, dann denke ich, wird es auch in Österreich eine Empfehlung geben, die bewertend letztendlich und alle Daten berücksichtigend eine Entscheidung bringen wird.

noe.ORF.at: Haben Sie Hinweise, wann es soweit sein könnte?

Zwiauer: Wir gehen davon aus, dass Ende September die Daten der EMA vorliegen. Üblicherweise dauert es nicht sehr lange – insbesondere, weil es nicht ein vollkommen neuer Impfstoff, sondern ein Impfstoff mit einer neuen Dosierung ist – dass es innerhalb von Wochen sein wird, dass wir eine entsprechende Stellungnahme abgeben werden können.

Karl Zwiauer und Claudia Schubert
ORF
Karl Zwiauer im Gespräch mit „NÖ heute“-Moderatorin Claudia Schubert über die Kinderimpfung: „Es geht um Sicherheit und Vertrauen. Das müssen wir uns immer noch erst erarbeiten.“

noe.ORF.at: Es heißt, wir müssen noch viel mehr impfen, um aus dieser Pandemie herauszukommen, wie viele Fachleute sagen. Kritiker sagen, wir sollen doch dafür nicht die Kinder heranziehen. Wie sehen Sie das in diesem Gesamtkontext?

Zwiauer: Dieses Argument wird immer im Zusammenhang mit der Krankheitslast der Kinder gebracht. Ich denke, dass es einen verkürzten Ansatz darstellt, wenn ich die Krankheitslast zwischen Kindern und Erwachsenen vergleiche. Wenn ich die absoluten Zahlen bei den Problemen, Hospitalisierungen und Intensivstationen der Kinder heranziehe, dann muss ich diese eigentlich mit herkömmlichen Kindererkrankungen vergleichen.

Keine der herkömmlichen und derzeit durch Impfungen bekämpfbaren Kindererkrankungen hat eine so große Krankheitslast wie die SARS-CoV2-Infektion. Wir können nicht Kinder mit Erwachsenen vergleichen und sagen, Kinder haben eh kein Problem. Wir müssen die Erkrankungen der Kinder mit anderen Kinderkrankheiten vergleichen. Und wir kennen keine Kinderkrankheit, die so belastend ist, so viele Hospitalisationen, so viele schwere Fälle, so viele Intensivstationsaufenthalte verursacht wie die Covid-Erkrankung.