Das Hilfswerk steht laut eigenen Aussagen vor noch nie dagewesenen Herausforderungen, daher bräuchte es jetzt beträchtliche Investitionen aus dem öffentlichen Bereich. Bei einer Pressekonferenz in St. Pölten brachte es Hilfswerk-Niederösterreich-Präsidentin Michaela Hinterholzer auf den Punkt: „Es muss uns klar sein, es wird immer ein Mangel an Personal sein.“ Und ohne Personal könne es auch keine Pflege geben, so Hinterholzer weiter.
Daher benötige es einen Mix an Maßnahmen, um dieser Lage zumindest etwas entgegenzusetzen. Allen voran eine Pflegereform, die gerade die Nachwuchsarbeit betrifft. Denn laut Hinterholzer würden die demografischen Analysen zeigen, dass es in zehn Jahren um eine halbe Million Arbeitskräfte weniger am Arbeitsmarkt in Österreich geben werde – gleichzeitig benötige der Pflegebereich bis 2050 dreieinhalb Mal mehr Personal als heute. Eine Schere, die man laut Hilfswerk einfach nicht mehr schließen könne.
Alles in die Ausbildung setzen
Die Ausbildung und das Personalwesen müssten bei einer Pflegereform im Mittelpunkt stehen, so Hinterholzer. Dabei gehe es nicht nur um die Finanzierung selbst. „Es gibt auch viele kleine Schritte, die man unmittelbar angehen könnte. Da geht es unter anderem um Gesetzesänderungen und Kompetenzenverteilung“, so Hinterholzer. Denn man könne sich vorstellen, dass in Zukunft Pflegeschulen und höhere Schulen enger zusammenarbeiten. Auch eine Art „sozialer Unterricht“ an den Neuen Mittelschulen sei vorstellbar.
Ziel dieser Maßnahmen sei es, den Pflegeberuf jungen Menschen näher zu bringen. Denn laut Hinterholzer sagen 16 Prozent der Jungen, dass sie sich durchaus eine Arbeit im Pflegewesen vorstellen können. Aber auch für Quer- und Wiedereinsteiger bräuchte es Maßnahmen. Denn alleine beim Hilfswerk seien derzeit 200 offene Stelle zu besetzen, so Hinterholzer.

Von Gedankenspielen, langzeitarbeitslose Menschen im Pflegebereich unterzubringen, hält Hinterholzer wenig: „Wer in die Pflege geht, der sollte eine gewisse soziale Grundeinstellung mitbringen. Man sollte nicht nur jeden Tag mit Menschen zusammenarbeiten, sondern auch in Krisen bestehen können. Daher sollte niemand einfach in eine Krankenpflegeschule hineingesteckt werden, wenn es nicht der innigste Wunsch ist, in der Pflege zu arbeiten. “
Betreuung auch für Familienangehörige
Hilfswerk-Niederösterreich-Geschäftsführer Christoph Gleirscher betonte bei der Pressekonferenz, dass es bei ihrer Arbeit nicht nur um pflegebedürftige Menschen geht, sondern auch um die pflegenden Angehörigen: „Wir nehmen bei unserer Arbeit wahr, dass die Angehörigen und Familien der zu pflegenden Menschen vermehrt in einer schwierigen, psychisch belastenden Situation stehen. Die Frage, ob man überhaupt für diese Aufgaben gewachsen sei, steht oft noch vor anderen Themen, wie bauliche Anpassungen im Haushalt.“
Gerade vor diesem Hintergrund sieht Gleirscher auch den derzeitigen Umgang mit psychischen Erkrankungen als unzureichend. Das Hilfswerk definiert auch psychotherapeutische Behandlungen als ihre Kernkompetenz, die Versorgungslage in dem Bereich sei laut Gleirscher jedoch prekär: „Es gibt viel zu wenig kassenfinanzierte Plätze für Psychotherapien. Der Bereich ist massiv unterfinanziert, mit jeder geleisteten Therapiestunde machen wir derzeit Verlust.“ Man fordert daher eine Anpassung der finanziellen Unterstützungen.