Als „Haus der Ewigkeit“ oder „Haus der Lebenden“ werden Friedhöfe im Hebräischen bezeichnet. Die Totenruhe soll ewig andauern, anders als auf Friedhöfen anderer Religionen werden Gräber über Jahrhunderte erhalten. Die Grabpflege hat im Judentum eine dementsprechend hohe Bedeutung. In Klosterneuburg wurden nun drei Jahre lang Fundamente wiederhergestellt, Grabsteine restauriert sowie die Friedhofsmauer erneuert.
„Es bedeutet uns sehr viel, dass dieser Ort, dieses Haus des Lebens, die 650 Gräber, nun ein würdiges Ansehen bekommen haben und die Menschen hier in Würde ruhen“, sagte Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien bei der Übergabe des Friedhofs an die Stadt Klosterneuburg. Die Stadt verpflichtet sich, den Friedhof mindestens 20 Jahre lang zu pflegen, das ist eine Bedingung für die Fördermittel aus dem Fonds zur Instandsetzung jüdischer Friedhöfe in Österreich.
Ort des Erinnerns, Gedenkens und Vermittelns
Die Aufgabe gehe aber darüber hinaus, so Klosterneuburgs Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP): „Es ist auch eine ideelle Ausseinandersetzung. Die Aufgabe heißt, an die Dinge zu denken, an die man vielleicht nicht mehr denkt, weil sie lange zurückliegen. Wir werden hier einen Beitrag leisten, dass jüdisches Leben in Klosterneuburg wieder lebendig ist.“ So soll der Friedhof auch ein Ort der Vermittlung jüdischer Geschichte werden. Laut IKG Wien ist etwa ein Schulprojekt geplant.
Der Friedhof wurde 1874 eröffnet und wird auch heute noch belegt. „Anders als andere Friedhöfe in Österreich wurde jener in Klosterneuburg während der NS-Diktatur nicht zerstört. Die Gräber blieben zwar unberührt, aber auch vergessen“, sagte Hannah Lessing, Generalsekretärin des Fonds zur Instandsetzung jüdischer Friedhöfe und des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus.
Die Sanierung kostet 640.000 Euro, ein Viertel kommt vom Land Niederösterreich, drei Viertel vom Fonds zur Instandhaltung jüdischer Friedhöfe in Österreich. Dessen Vorsitzender, Nationalsratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), warnte bei der Übergabe vor einer weltweiten Zunahme des Antisemitismus.
„Haben uns dieser Geschichte lange nicht gestellt“
„Wir fragen uns, warum und natürlich auch, was haben wir dagegen zu tun. Es ist nicht eine Frage der Jüdinnen und Jüden, gegen Antisemitismus zu kämpfen, sondern unser aller Aufgabe als Gesellschaft“, so Sobotka. Da sich am Dienstag die Reichspogromnacht zum 83. Mal jährt – vom 9. auf den 10. November 1938 töteten Nationalsozialisten in Deutschland und Österreich hunderte Juden und zerstörten Synagogen, Geschäfte und Wohnungen – sei es wichtig festzuhalten, dass „wir uns dieser Geschichte lange nicht gestellt haben. Wir haben sie unter den Teppich gekehrt. Und es ist mühevoll, sich dieser Geschichte zu stellen, so wie sie gewesen ist.“
Die Sanierung könne auch als Anstoß gesehen werden, die vertriebenen Nachkommen der Verstorbenen nach Klosterneuburg einzuladen, so Sobotka. In Niederösterreich gibt es noch 30 jüdische Friedhöfe. Der Fonds zur Instandhaltung restaurierte etwa schon jenen in Baden, derzeit wird in Waidhofen an der Thaya und Oberstockstall (Bezirk Tulln) gearbeitet. In Österreich sind 65 jüdische Friedhöfe erhalten.