ABD0001_20201118 – KEMPTEN – DEUTSCHLAND: ARCHIV – 10.11.2020, Bayern, Kempten: ILLUSTRATION – Eine FlŸssigkeit tropft aus der KanŸle einer Spritze. Die globale Logistikbranche bereitet sich schon jetzt auf die globale Verteilung von Covid-19-Impfstoffen vor, die in den nŠchsten Monaten auf den Markt kommen kšnnten. (zu dpa ÇImpfstoff-Verteilung: Logistiker rechnen mit 10 Milliarden DosenÈ) Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. – FOTO: APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
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Gesundheit

Hilfe bei Angst vor Spritzen und Nadeln

An der Donau-Universität Krems gibt es einen neuen Lehrgang zum Thema Verhaltenstherapie. Den Studierenden wird dabei unter anderem vermittelt, wie man Menschen mit einer Nadelphobie helfen kann, ihre Angst vor einer Impfung abzulegen.

Schwitzende Hände, Panikanfälle, Hyperventilieren – das sind nur einige Symptome, die Personen mit einer Nadel- und Spritzenangst aufweisen. Der Impftermin beim Hausarzt oder die jährliche Blutabnahme können kaum allein bewältigt werden. Außerdem stoßen Patienten mit diesen Phobien oft auf mangelndes Verständnis von Ärzten und Ärztinnen und trauen sich deswegen kaum, Arzttermine wahrzunehmen.

Eine Phobie gegen Spritzen und Nadeln haben etwa 20 Prozent der Bevölkerung. Mögliche Gründe sind die Angst vor dem Schmerz, der Ekel vor Blut oder die Möglichkeit zu kollabieren. Bei etwa drei bis vier Prozent ist diese Angst so groß, dass sie deswegen gar nicht zu Impfungen oder Untersuchungen gehen, obwohl diese lebensrettend sein können.

„Mir wurde heiß, ich fing extrem zu schwitzen an“

Sebastian Holzmann leidet seit einigen Jahren an einer Nadelphobie. Angefangen hatte es, als der 30-Jährige Blut spenden wollte: „Da hat es begonnen. Mir wurde heiß, ich fing an, extrem zu schwitzen und zu zittern. Seitdem meide ich solche Situationen so gut es geht. Ich mache zwar meine Blutabnahmen und die Impfungen, die nun sein müssen, aber ich werde jedes Mal sehr nervös.“

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Der Student Sebastian hält eine Spritze – auch das gehört zu einer erfolgreichen Therapie gegen die Nadelangst
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Sebastian Holzmann (l.) und Rafael Rabenstein (r.), Lehrgangsleiter der Verhaltenstherapie
Der Student Sebastian hält eine Spritze – auch das gehört zu einer erfolgreichen Therapie gegen die Nadelangst
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Der 30-jährige Sebastian Holzmann leidet seit einigen Jahren an einer Nadel- und Spritzenphobie
Für Nadelphobiker ist das Angreifen der Nadel keine leichte Aufgabe
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Für eine erfolgreiche Therapie kann auch das Berühren einer Spritze entscheidend sein
Der Leiter des Verhaltenstherapie-Lehrgangs Rafael Rabenstein hält einen Vortrag über Ängste
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Rafael Rabenstein hält den 15 Studierenden einen Vortrag über das Thema „Phobien“
Der Student Sebastian hält eine Spritze – auch das gehört zu einer erfolgreichen Therapie gegen die Nadelangst
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Die Studierenden des Verhaltenstherapielehrgangs an der Donau-Universität Krems lernen Atem- und Entspannungstechniken

Holzmann ist einer der Studierenden des Lehrgangs Verhaltenstherapie an der Donau-Universität Krems. Dieser Lehrgang wird im Zuge der Psychotherapieausbildung angeboten. Das Seminar mit dem Thema „Nadel- und Spritzenphobie“ führt Rafael Rabenstein. Er ist Lehrgangsleiter der Verhaltenstherapieausbildung am Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit.

Im Seminar lernen die 15 künftigen Therapeutinnen und Therapeuten Atem- und Entspannungstechniken, die helfen sollen, Patienten die Angst vor der Nadel zu nehmen. Neben gezielter Bauchatmung ist eine dieser Methoden die Anspannung aller Muskelgruppen im Körper.

Entspannungstechniken gegen eine Ohnmacht

Besonders für Personen, die bei Impfterminen oder Blutabnahmen bewusstlos werden, soll diese Methode hilfreich sein: „Weil diese Ohnmachtsneigung etwas ganz Spezifisches bei diesen Ängsten ist, hilft die Applied Tension, also angewandte Anspannung, besonders effektiv, um Stress zu lindern. Zusätzlich üben wir auch bestimmte Atemtechniken, um einer Hyperventilation entgegenzuwirken“, erläutert Rabenstein.

Auch Sebastian Holzmann hat bei jeder Impfung oder Blutabnahme Angst zu kollabieren. Der künftige Therapeut erlernt im Seminar die Therapietechniken und setzt sich dort auch der Exposition – also dem Berühren der Spritze – aus. Von den Methoden ist er überzeugt: „Ich merke auf jeden Fall einen Unterschied. Am Anfang habe ich noch gezittert, als ich die Spritze angefasst habe. Nachher ging es leichter“, so Holzmann.

80 Prozent der Patienten geht es nach Therapie besser

„Gerade bei der angewandten Anspannung gibt es bei 80 Prozent der Patienten eine signifikante Verbesserung“, so Rabenstein, „das Hauptziel ist es aber, dass der Patient ohne Angst zu einer Impfung oder Blutabnahme gehen kann“.

Wie bei einer Psychotherapie übernimmt auch die Krankenkasse einen Teil der Kosten. Wer vor der Nadel und deswegen auch vor wichtigen Impfungen zurückschreckt, kann bei jedem niedergelassenen Verhaltenstherapeuten Hilfe finden und eine Therapie beginnen. Sollte die Therapie erfolgreich sein, könnten sich so manche Zögernde in Zukunft ganz entspannt impfen lassen.