Soldaten des Jagdkommandos des österreichischen Bundesheeres
APA/HERBERT PFARRHOFER
APA/HERBERT PFARRHOFER
Chronik

RH-Kritik: Pioniere in kritischem Zustand

Die Melker Pioniere gehören zu den wichtigsten Einheiten des Bundesheeres, etwa im Katastrophenschutz. Einem aktuellen Bericht des Rechnungshofs zufolge befinden sich die Pioniere aber mehrfach in kritischem Zustand.

Einer der vielen Kritikpunkte betrifft die Boote: Laut Rechnungshof-Bericht ist die Hälfte der Manövrier- und Schubbooote jahrzehntealt, im Juni 2020 soll nur eines von ihnen einsatzbereit gewesen sein. Eine traurige Bilanz, nachdem die Melker Pioniere – das Pionierbataillon 3 – mit Standorten in Melk und Mautern (Bezirk Krems) Österreichs einziges Bataillon mit Spezialisierung auf Wassereinsätze sind.

Die Liste der Mängel ist lang. So verfügte das Pionierbataillon über keinen einzigen Schützenpanzer, „obwohl der Organisationsplan einen Soll–Stand von fünf“ Stück vorsah. Von den acht Pionierpanzern „waren nur drei feldverwendbar“. Aufgrund „fehlender Gefechtsfahrzeuge und Pioniermaschinen“ konnten Vorgaben der militärstrategischen Konzepte 2006 sowie 2017 „in Teilbereichen nicht erfüllt werden“, ist im Bericht vom November zu lesen.

Altes und mangelhaftes Gerät, zu wenig Personal

Grund zu Kritik ortete der Rechnungshof jedoch nicht nur beim Gerät, sondern genauso bei der Truppenstärke und der Ausbildung der eingesetzten Kräfte. Bei der personellen Ausstattung zeigte sich, „dass 2016 noch 76 Prozent der Offiziersposten besetzt waren, 2020 nur noch 56 Prozent“. Diese Entwicklung führte dem Bericht zufolge zu einer Zunahme der Mehrdienstleistungen auf durchschnittlich 321 Stunden pro Person im Jahr 2019. Insgesamt stiegen bei den Melker Pionieren die Mehrdienstleistungsstunden von 2016 bis 2019 um etwa 42 Prozent.

Ein ähnliches Bild zeichnet der Bericht bei den Grundwehrdienern. Das Ministerium reduzierte demnach im Dezember 2018 die Anzahl der Grundwehrdiener für die Einrückungstermine April, Juli und Oktober. Erforderlich wären bei den Melker Pionieren pro Einrückungstermin 150 Grundwehrdiener, im Oktober 2020 waren es nur 49. „Dies führte zu Einschränkungen der Aufgabenerfüllung wie auch der Einsatzbereitschaft. Für den Katastropheneinsatz stand nur mehr ein verstärkter Pionierzug zur Verfügung“, so die Bilanz.

Schneechaos im Jänner 2019 am Hochkar
ORF
Im Jänner 2019 halfen u. a. die Melker Pioniere dabei, das Hochkar nach heftigen Schneefällen wieder freizuschaufeln

Große Defizite bei Schießfertigkeit

Auch die Ausbildung soll zuletzt deutlich zu kurz gekommen sein – mitunter ein Resultat der Ausstattungsmängel, wie nachzulesen ist. Ersichtlich wurde das etwa beim Schießprogramm mit dem Sturmgewehr 77 und Pistole, das als „mangelhaft“ bezeichnet wird. Bei mehr als 35 Prozent des Kaderpersonals konnte kein positiv abgeschlossener Leistungstest für das Jahr 2019 nachgewiesen werden.

Die Grundschießfertigkeit fehlte bei etwa 13 Prozent des Kaderpersonals für die Pistole und bei elf Prozent für das Sturmgewehr. „Mehr als ein Drittel der Kaderangehörigen erfüllte die geforderte Erhaltung der Grundschießfertigkeit nicht“, heißt es.

Verteidigungsministerium verteidigt Einsatzfähigkeit

Mit diesen und weiteren Kritikpunkten stellt der Rechnungshof die Einsatzbereitschaft der Melker Pioniere infrage. Anders wird die Lage im Verteidigungsministerium beurteilt. Ministeriumssprecher Michael Bauer zufolge hätten die Melker Pioniere in den vergangenen Jahren im Katastrophenfall „jedes Mal bewiesen, dass sie sehr wohl einsatzfähig sind, zum Beispiel bei den Winter-Katastropheneinsätzen am Hochkar im Jahr 2019“.

Allerdings gebe es Bauer zufolge tatsächlich Defizite, „die durch jahrelange Unterfinanzierung entstanden sind. Darauf hat das Bundesheer in der Vergangenheit auch mehrfach hingewiesen.“ Nachdem die Finanzmittel für das Bundesheer zuletzt wieder aufgestockt wurden „und hier seither eine Trendwende eingeleitet wurde“, seien viele der Kritikpunkte heute nicht mehr aktuell. Untersucht wurde vom Rechnungshof der Zeitraum 2016 bis 2019.

Als Beispiel nannte Bauer im Gespräch mit noe.ORF.at eine deutliche Verbesserung bei der als mangelhaft beschriebenen Schießfertigkeit der Kaderangehörigen. Mittlerweile würden 90 Prozent über die erforderliche Schießfertigkeit verfügen.