Seismogramm eines Erdbebens auf einem Bildschirm
APA/Roland Schlager
APA/Roland Schlager
Chronik

2021: Außergewöhnlich viele starke Erdbeben

2021 gab es in Österreich relativ viele starke Erdbeben, darunter vier mit einer Magnitude 4,0 oder mehr. Das geht aus der Statistik der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hervor. Die meisten Beben gab es in Niederösterreich.

Insgesamt wurden heuer mehr als 1.600 Erdbeben in Österreich registriert, 95 waren auch spürbar. Weltweit gab es rund 12.600 Beben. Insgesamt konnten die Österreicherinnen und Österreicher 106 Beben auch wahrnehmen: Zu den 95 österreichischen kamen elf, die ihr Epizentrum jenseits der Landesgrenzen hatten, aber hierzulande spürbar waren. Der Durchschnitt an verspürten Beben lag seit 2000 mit 51 bei nicht einmal der Hälfte des heurigen Wertes.

Besonders häufig bebte es im Jahr 2021 in Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten. Ein kräftiges Erdbeben im Raum Admont (Steiermark) und zwei Beben bei Neunkirchen (Niederösterreich) waren die stärksten des Jahres und verursachten viele leichte bis mäßige Schäden wie Mauerrisse an Gebäuden.

Dachbodenkamera hielt Beben fest

Eine Kamera, die auf einem Dachboden eines Hauses montiert war, dokumentierte die Erschütterungen des Erdbebens vom 30. März 2021

Vier Beben mit einer Magnitude von 4,0 oder größer waren ein absolutes Ausnahmeereignis und wurden seit 1970 nie zuvor registriert. Drei Beben pro Jahr mit einer solchen Magnitude kommen laut ZAMG hingegen immer wieder vor, zuletzt im Jahr 2013, und davor in den Jahren 1972, 1973, 1984, 1989, 1996. Statistisch gesehen tritt in Österreich etwa ein Mal pro Jahr eine Magnitude 4,0 oder größer auf.

35 Erdbeben in Niederösterreich

Mit 35 gefühlten Beben nahm Niederösterreich im Jahr 2021 den ersten Platz unter den Bundesländern ein. Ebenfalls deutlich über dem Durchschnitt lag die seismische Aktivität in der Steiermark mit 23 und in Kärnten mit 15 fühlbaren Erdbeben. In Tirol ereigneten sich 15 spürbare Beben, in Oberösterreich drei, in Vorarlberg zwei und in Salzburg und im Burgenland je eines.

Aus dem Ausland wurden im Jahr 2021 elf Beben in Österreich wahrgenommen. Davon waren fünf aus Kroatien, jeweils zwei aus Ungarn und Italien und je eines aus Deutschland und Slowenien.

Karte mit Erdbeben im Jahr 2021 in Österreich
ZAMG
Verspürte Erdbeben in Österreich 2021

Aufgrund mehrerer kräftiger Ereignisse und der insgesamt hohen Zahl an fühlbaren Erdbeben erreichte auch die Anzahl der Erdbebenmeldungen aus der Bevölkerung einen neuen Rekordwert. Über das Online-Wahrnehmungsformular der ZAMG auf der Website und über die App „QuakeWatch Austria“ langten 2021 mehr als 34.000 Wahrnehmungsberichte beim Erdbebendienst der ZAMG ein. Etwa 23.000 Meldungen konnten zwei stark verspürten Beben bei Neunkirchen zugeordnet werden.

Experten sehen keinen Trend zu mehr Erdbeben

Die Rekordzahl bedeutet aber keinen Trend zu mehr Erdbeben in Österreich. „Die tektonische Aktivität unterliegt natürlichen Schwankungen. Perioden mit höherem Erdbebenaufkommen wechseln sich mit ruhigeren Zeiträumen ab“, erläuterte Helmut Hausmann, Seismologe an der ZAMG.

„Im vergangenen Jahr ereigneten sich einige stärkere Erdbeben, die durch die veränderten Spannungsverhältnisse im Untergrund zahlreiche Nachbeben verursachten. Etwa ein Drittel der in Österreich spürbaren Erdbeben waren Nachbeben von starken Ereignissen wie zum Beispiel bei Neunkirchen und Gloggnitz, im Raum Admont sowie aus Kroatien.“

Fotostrecke mit 4 Bildern

Erdbebenmessgerät im Conrad-Observatorium
ZAMG/Lammerhuber
Erdbebenmessgerät im Conrad-Observatorium (Bezirk Wiener Neustadt): Hier werden erdphysikalische Prozesse überwacht.
Vorbereitungen zu einer Messung des Erdmagnetfeldes im Stollen des Conrad-Observatoriums.
ZAMG/Lammerhuber
Messung des Erdmagnetfeldes im Hauptstollen des Conrad-Observatorium. Das Observatorium der ZAMG zählt zu den weltweit modernsten geophysikalischen Observatorien
Gerade Gang des Seismischen Stollens des Conrad-Observatoriums.
ZAMG
Seismischer Stollen des Conrad-Observatoriums zur weltweiten Messung von Erdbeben
Eingang des Conrad-Observatoriums.
ZAMG/Lammerhuber
Eingang des Conrad-Observatoriums. Im Vordergrund steht eine meteorologische Station

Die stärksten Erdbeben in Österreich 2021

Die Magnitude ist ein Maß für die im Erdbebenherd freigesetzte Energie, heißt es in einer Aussendung der ZAMG. Sie wird aus instrumentellen Aufzeichnungen (Seismogrammen) ermittelt. Die Bestimmung der Magnitude sei demnach unabhängig von Schäden und Fühlbarkeit und gehe auf den Amerikanischen Geophysiker Charles Richter zurück.

Die Intensität beschreibt die Auswirkungen eines Bebens an der Erdoberfläche. Die meisten Länder in Europa, einschließlich Österreich, verwenden dafür die zwölfstufige Europäische Makroseismische Skala 1998 (EMS-98).

  • 20. Jänner: Erdbeben in Ardning (Bezirk Liezen, Steiermark)

Ein kräftiges Erdbeben der Magnitude 4,5 erschütterte am 20. Jänner um 8.30 Uhr den Raum Admont, Steiermark. Das Epizentrum lag bei Ardning, wo an vielen Gebäuden leichte Schäden entstanden. Es wurde vor allem von Rissen und Sprüngen in Mauern sowie von herabgefallenen Verputzteilen berichtet.

Auch aus anderen Orten im Umkreis von etwa 20 Kilometern wurden leichte Schäden gemeldet. Viele Menschen erschraken, Gegenstände fielen aus Regalen und Fensterscheiben oder Glasgegenstände zerbrachen. Es gingen etwa 2.500 Meldungen aus allen Bundesländern mit Ausnahme Vorarlbergs beim Erdbebendienst ein. Die Epizentralintensität betrug sechs Grad auf der zwölfstufigen Europäischen Makroseismischen Skala (EMS-98).

Am 20. und 23. Jänner und am 11. März wurden schwache Nachbeben von der Bevölkerung mit einer Intensität von maximal drei bis vier Grad (EMS-98) verspürt.

  • 27. Jänner: Erdbeben in Trofaiach (Bezirk Leoben, Steiermark)

In der Steiermark ereignete sich am 27. Jänner um 1.43 Uhr ein weiteres kräftiges Erdbeben, dessen Epizentrum bei Trofaiach nordwestlich von Leoben lag. Viele Personen wurden von den Erschütterungen erschreckt und aus dem Schlaf geweckt.

In Einzelfällen fielen wenig standfeste Gegenstände um und es bildeten sich feine Risse im Verputz. Bei einer Magnitude von 3,3 erreichte die Intensität im Epizentrum vier bis fünf Grad auf der EMS-98. Zu diesem Beben langten mehr als 700 Wahrnehmungsberichte aus der Bevölkerung ein – mehr dazu in Erneut Erdbeben in der Obersteiermark (steiermark.ORF.at; 27.1.2021).

  • 30. März und 20. April: Erdbeben in Breitenau am Steinfeld (Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich)

Eine bemerkenswerte Erdbebenserie erschütterte im März und April das südliche Wiener Becken, die Epizentren lagen bei Breitenau am Steinfeld, einige Kilometer nordöstlich von Neunkirchen.

Den Anfang bildete ein ungewöhnlich starkes Erdbeben der Magnitude 4,6 am 30. März um 18.25 Uhr. Es handelte sich dabei um das stärkste Beben, das in Österreich seit mehr als 20 Jahren stattfand. In den Tagen und Wochen danach wurden immer wieder schwächere Nachbeben beobachtet, bis es schließlich in der Nacht von 19. auf 20. April um 0.57 Uhr neuerlich zu einem starken Erdbeben kam. Trotz der etwas geringeren Magnitude von 4,4 waren die Auswirkungen sehr ähnlich wie beim ersten starken Ereignis.

Die heftigen Erschütterungen versetzten viele Menschen in Angst, einige flüchteten aus den Häusern, manche hatten Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten. Zahlreiche Gegenstände fielen um, Bücher stürzten aus Regalen, Lampen pendelten stark. Es wurden zahlreiche leichte Schäden an Gebäuden gemeldet, dabei handelte es sich vor allem um Risse im Verputz an Innen- und Außenwänden. In einigen Fällen traten auch mäßige Gebäudeschäden auf.

Die Intensität erreichte in einigen Orten in der Umgebung der Epizentren sechs Grad auf der EMS-98. Beide Beben wurden in weiten Teilen Österreichs verspürt, es gingen mehr als 23.000 Meldungen beim Erdbebendienst der ZAMG ein.

  • 20. und 23. April: Erdbeben in Gloggnitz – Ternitz (Bezirk Neunkirchen, Niederösterreich)

Am 20. April wurden um 20.01 Uhr viele Menschen von einem kräftigen Erdbeben der Magnitude 3,5 erschreckt, das sich in Gloggnitz ereignete. Es wurde zum Teil stark verspürt und verursachte im Epizentrum einige leichte Schäden.

Drei Tage später, am 23. April um 18.30 Uhr, kam es im selben Gebiet neuerlich zu einem heftigen Erdbeben. Das Epizentrum lag einige Kilometer weiter westlich im Raum Grafenbach-St. Valentin. Bei einer Magnitude von 3,8 waren die Erschütterungen wieder stark wahrnehmbar und es wurden neuerlich Risse in den Wänden beobachtet. Die Intensität erreichte bei beiden Erdbeben maximal fünf bis sechs Grad auf der EMS-98.

  • 24. April: Erdbeben in Wiener Neustadt (Niederösterreich)

Es war bereits das fünfte stärkere Erdbeben innerhalb eines Monats im südlichen Wiener Becken: Am 24. April bebte die Erde um 11.30 Uhr drei Kilometer südwestlich von Wiener Neustadt mit einer Magnitude von 3,2. Viele Personen spürten ein kräftiges Rütteln, Geschirr und Gläser klirrten deutlich, vereinzelt fielen kleine Gegenstände um.

Zu diesem Beben langten etwa 400 Wahrnehmungsberichte beim Erdbebendienst der ZAMG ein. Die makroseismische Intensität betrug im Epizentrum vier bis fünf Grad auf der EMS-98.

  • 16. August: Erdbeben in Wildschönau (Bezirk Kufstein, Tirol)

Das stärkste Beben des Jahres in Tirol wurde am 16. August um 23.15 Uhr in der Wildschönau, einige Kilometer südöstlich von Auffach registriert und wies eine Magnitude von 4,0 auf.

Zahlreiche Personen im Großraum Wörgl wurden durch die starken Erschütterungen aus dem Schlaf gerissen, manche flüchteten aus den Häusern. Wenig standfeste Gegenstände fielen um, Möbel und andere Einrichtungsgegenstände bewegten sich stark. Aus einigen Orten in der Nähe des Epizentrums wurden vereinzelt leichte Gebäudeschäden (Risse im Verputz, Herabfallen kleinerer Verputzteile) gemeldet.

Bei einer relativ großen Herdtiefe von 13 Kilometern betrug die Epizentralintensität fünf Grad auf der EMS-98. Zu diesem Beben gingen bei der ZAMG etwa 2.300 Meldungen aus der Bevölkerung ein – mehr dazu in Erdbeben im Raum Wörgl (tirol.ORF.at; 17.8.2021).