Die Bohnen für den WM-Auftritt stammen aus Guatemala, geröstet wird im Dorfgasthof. In der Stube des ehemaligen Wirtshauses „Zum Kirchenwirt“ in Gaubitsch steht die große Röstmaschine von den Filterkaffee-Staatsmeistern Lukas Uhl und Martin Wölfl. Im September erst haben sie das aufgelassene Lokal im Ortskern gekauft, jetzt rösten sie hier Österreichs besten Filterkaffee.
Denn mit der neuen Röstkammer kam im Herbst auch der große Erfolg. Bei den österreichischen Kaffee-Staatsmeisterschaften der Speciality Coffee Association (SCA) im Oktober konnte ihr Kaffeetyp „A1“ den ersten Platz abräumen. Seither dürfen sich die beiden Weinviertler als österreichische Staatsmeister in der Disziplin Filterkaffee, im Fachjargon „Brewers Cup“ genannt, bezeichnen. Und sie dürfen im kommenden Herbst ihren Kaffee bei der Weltmeisterschaft in Australien präsentieren.

Erste Röstung im Schlafzimmer
„Das ist ein ganz tolles Gefühl“, erzählt Wölfl. „Man röstet in einem kleinen Kammerl vor sich hin und probiert das Beste aus der Bohne rauszuholen, aber dahinter stecken ja so viele Arbeitsstunden und ein großes Team.“ Erst über Umwege ist der Weinviertler Kaffeeröster geworden. Nach einem Wirtschaftsstudium arbeitete er vorerst als Barista in Wien. Dort – wo sonst als im Kaffeehaus – lernte er Lukas Uhl, einen Bäcker- und Müllermeister aus Gaubitsch, kennen. Gemeinsam träumten sie von der eigenen Rösterei.
„Bei mir ist die Kaffeeleidenschaft vielleicht ja auch dem Beruf geschuldet“, schmunzelt Uhl: „Als Bäcker arbeitet man ja sehr viel in der Nacht und braucht deshalb sehr viel Kaffee.“ 2019 beschlossen die beiden Kaffeeliebhaber, endlich Nägel mit Köpfen zu machen: „Mit dem Rösten angefangen haben wir im Schlafzimmer von meiner Tante“, sagt Uhl lachend.
„Schokoladig“ und „beerig“
Die ersten Röstungen wurden schon bald über die Familienbäckerei Öfferl vertrieben und mit der Zeit stellte sich die Expertise ein. „Damit sich das Aroma richtig entfalten kann, darf der Ofen nicht zu heiß sein und die Bohnen dürfen nicht zu lange im Ofen bleiben“, erklärt Wölfl. „Schokoladig“, „wie Nougat“ oder „aromatisch wie bei Beeren“ schmecke dann der Kaffee, erzählt er begeistert.
Aber das Rösten ist nur ein Puzzleteil im Prozess. Mindestens genauso wichtig sei die Auswahl der richtigen Bohnen. Derzeit arbeitet die Rösterei mit biologischen Kaffeebauern aus El Salvador, Peru, Ruanda und Indien zusammen. Der Staatsmeisterkaffee kommt von einer Partner-Farm in Guatemala. Erst im Jänner waren sie dort, um zu überprüfen, ob die Produktionsbedingungen mit ihren Vorstellungen übereinstimmen. Und natürlich auch, um nach der perfekten Bohne für die anstehenden Weltmeisterschaften zu suchen.
Bohne mit Weltmeisterpotential gefunden
„Wir haben uns durchprobiert und sind fündig geworden“, verrät Wölfl vorab. Der erste Schritt in der Vorbereitung für die Kaffee-WM ist also geschafft. „Die Farm geht mit den Leuten vor Ort richtig um, sie bezahlt fair und die Qualität ist einsame Spitzenklasse“, schwärmt Uhl. Qualität ist nicht das Einzige, worauf die beiden Weinviertler schauen. „Unsere Philosophie ist es, die Rohstoffe für den Kaffee so nachhaltig wie möglich zu beziehen,“ erklärt er.
Im Idealfall sei das, wie in Guatemala, eine biodynamische Landwirtschaft. Das heißt, dass die Farm ihren eigenen Dünger durch Kompost oder Viehwirtschaft produziert. Auch die Kaffeepflanzen züchten sie selbst. Diese Farmen arbeiten also in einer selbstständigen Kreislaufwirtschaft im Gleichgewicht mit der Natur.
Deshalb zahlen die Gaubitscher für ihre Bohnen auch Preise über dem Weltmarktniveau. „Uns ist wichtig, dass wir langfristige Partnerschaften aufbauen, weil wir glauben, dass man nur so nachhaltig arbeiten kann“, erklärt Uhl. Die Bauern hätten dadurch eine Abnahmegarantie und könnten langfristig in neue Sorten investieren. „Es bringt ja nichts, wenn ich stur auf einer bestimmten Qualität beharre, die der Bauer in zehn Jahren wegen des Klimawandels nicht mehr produzieren kann“, meint Uhl.
Wasser wird extra gemischt
All das werden Martin Wölfl und Lukas Uhl auch im Herbst vor den Juroren in Australien argumentieren. Denn neben Geschmack und Präsentation geht es bei diesen Wettbewerben auch um die Gedanken hinter einer Tasse Kaffee. So bleibt nur noch die Frage, wie der Kaffee aus Gaubitsch in Australien gekocht werden wird.
„Die haben dort nicht so ein gutes Wasser wie wir“, erklärt Wölfl. Deshalb müsse das Wasser vor Ort extra „gemischt“ werden. Die Röster wollen deshalb destilliertes Wasser mit Magnesiumsulfaten und Natriumkarbonaten anreichern, damit ihr Gaubitscher Kaffee auch auf der Südhalbkugel seinen vollen Geschmack entfalten kann.