Gehirn-OP am Universitätsklinikum St. Pölten (bitte nicht für andere Storys verwenden!)
Universitätsklinikum St. Pölten
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Wissenschaft

Erstmals Gehirn-OP bei Bewusstsein in St. Pölten

Im Universitätsklinikum St. Pölten ist erstmals in Niederösterreich eine Wachkraniotomie durchgeführt worden. Dabei handelt es sich um eine Tumoroperation am Gehirn, bei der die Patientin bei Bewusstsein ist.

Der Eingriff ist auch für ein Universitätsklinikum nicht alltäglich. Der Kopf der Patientin wird geöffnet, um einen Gehirntumor beim Sprachzentrum zu entfernen. Zweieinhalb Stunden während der vier- bis fünfstündigen Operation ist sie dabei wach. „Ich hatte überhaupt keine Angst. Meine Sorge war nur, wenn ich wieder munter werde und spreche – dass da keine Beeinträchtigung bleibt. Das war für mich wichtig“, so die Patientin fünf Monate nach dem Eingriff im Gespräch mit noe.ORF.at.

Die 42-Jährige, die namentlich nicht genannt werden möchte, wird genau deswegen in wachem Zustand operiert, um festzustellen, in welcher Hirnregion man eingreifen darf. „Gerade für die Sprachregion ist es wichtig, dass ich diese Sprache während der Operation überwachen kann. Das heißt, wie viel von dem Tumor darf ich entfernen, ohne dem Patienten die Sprache zu rauben“, erklärt Camillo Sherif, Primar der Neurochirurgischen Abteilung am Universitätsklinikum St. Pölten.

„Das beste Monitoring ist der Patient. Wir arbeiten in dem Spannungsfeld: Wie bekomme ich möglichst viel von diesem Tumor heraus, aber immer ohne ein Defizit zu schaffen“, so Franz Marhold, Neurochirurg und Hauptoperateur.

Neuropsychologin beobachtet Sprachveränderungen

Lange Vorbereitungen waren im Vorfeld notwendig, bis hin zum Probeliegen in der OP-Position. Die Neuropsychologin musste die Patientin im Vorfeld so gut kennenlernen, dass sie bei Sprachübungen kleinste Veränderungen bemerkt. „Eine Sprachstörung kann eine Sprachhemmung sein, eine Wortfindungsstörung, undeutliches Sprechen. Das melde ich sofort dem Chirurgen zurück, damit der dann weiß: Das ist ein wichtiges Sprachareal und darf nicht entfernt werden“, sagt Neuropsychologin Katharina Hainz.

Im Unterschied zu anderen Operationen gibt es bei diesem Eingriff keine Sicherung der Atemwege mit einem Beatmungsschlauch. „In diesem Fall hat die Patientin die ganze Zeit über selber geatmet, ohne den Atemweg über einen künstlichen Zugang zu sichern. Das ist eine Herausforderung und Überwindung für die Anästhesisten, weil der Atemweg quasi das Heilige für den Anästhesisten ist“, sagt Anästhesist Matthias Luzian.

Computertomographie eines Schädels
Universitätsklinikum St. Pölten
Die Patientin ist während der OP wach, damit kontrolliert werden kann, in welche Hinregion eingegriffen werden darf

„Gutes und sicheres Gefühl“

Alles in allem ist es ein hochkomplexer Eingriff, der perfektes Zusammenspiel aller – auch der Patientin – und viel Vertrauen erfordert. „Die OP ist, finde ich, wirklich gut gelaufen. Ich hatte ein gutes und auch ein sicheres Gefühl“, so die Patientin.

„Ohne andere Eingriffe jetzt bagatellisieren zu wollen, gehören diese Eingriffe sicher zu den herausforderndsten“, so Hauptoperateur Franz Marhold. Heute, fünf Monate nach dem Eingriff und den folgenden Therapien, fühlt sich die Patientin, wie sie sagt, „sehr gut“. Wenngleich die Entfernung des Gehirntumors nicht die automatische Heilung bedeutet: „Die Chemo beschäftigt natürlich den ganzen Körper, das muss ich schon sagen.“