Der private Unterkunftsgeber Karl Graf, Bürgermeisterin Anette Töpfl und Olga Lymanski kommunzieren via App auf dem Smartphone
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Ukraine-Krieg

Private Unterkünfte für ukrainische Flüchtlinge

Drei Wochen dauert der Krieg in der Ukraine schon an. Um Flüchtlingen zu helfen, stellen viele Österreicherinnen und Österreicher private Quartiere zur Verfügung. In Niederösterreich sind inzwischen mehr als 10.000 Plätze registriert, heißt es vom Land.

In Vitis (Bezirk Waidhofen an der Thaya) wurden seit Ausbruch des Krieges vier ukrainische Familien aufgenommen. Das sei nur aufgrund des Engagements der Bürgerinnen und Bürger möglich, sagt Bürgermeisterin Anette Töpfl (ÖVP) gegenüber noe.ORF.at: „Wir können nur Menschen aufnehmen, wenn Privatunterkünfte zur Verfügung gestellt werden. Außerdem helfen viele ehrenamtlich in einem Verein, den wir seit der Flüchtlingswelle 2015 haben.“

Auch Karl Graf freut sich, dass er helfen kann: „Dieses Haus steht schon seit zweieinhalb Jahren leer, also haben wir gesagt: Warum nicht?“ Vor wenigen Tagen ist Familie Lymanski hier eingezogen. Dass sie eines Tages nach Charkiw zurückkehren können, bezweifelt Olga Lymanska: „Wir hatten ein Auto, ein Haus, die Schule für unseren Sohn. Aber jetzt ist alles zerstört. Wir telefonieren jeden Tag mit unseren Eltern. Und es wird immer schlimmer dort, jeden Tag wird mehr zerstört. Es gibt dort nichts mehr.“

Die vierköpfige Familie Lymanski
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Familie Lymanski ist aus dem umkämpften Charkiw geflohen

Eigentlich hatte Familie Lymanski nicht vor, ihre Heimatstadt zu verlassen. Im ORF-Interview erzählen sie, dass sie nach Ausbruch des Krieges Essen ausgeliefert hätten, um anderen zu helfen. Dabei sei die Familie unter Beschuss geraten: Vater Oleksandr sei am Fuß getroffen, die vierjährige Tochter Kristina von einem Schuss gestreift worden. Fünf Tage nach Kriegsausbruch hätten sie daher beschlossen, zu fliehen. Nur Hund Monja konnten sie mitnehmen.

„Ein Baby sollte den Krieg nicht hören oder sehen“

Dass es einmal zu einem Krieg kommen würde, hätte auch Beate Schober nie gedacht. In Kiew leitet sie ein Unternehmen, das letzte Mal war sie im Februar dort. „Damals war eigentlich alles recht friedlich. Ich habe einen Fahrer, der mich seit 20 Jahren vom Flughafen abholt. Er hat gesagt, wir sind es ja gewöhnt, dass die Russen immer irgendwo in der Nähe stehen, und die werden sich schon beruhigen.“

Als die Ukraine dann doch angriffen wurde, begann sie Spenden zu sammeln und nahm die Tochter einer Freundin und deren Kind in ihrem Haus im Bezirk Melk auf. Natascha Kozhemiako ist mit ihrem fünf Monate alten Baby aus Lwiw geflohen, ihr Mann musste dort bleiben. 36 Stunden habe die Flucht nach Österreich gedauert, sagt sie gegenüber noe.ORF.at.

Beate Schober am Küchentisch mit Natascha, die die fünf Monate alte Kira am Schoß hat
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Natascha Kozhemiako und ihr Baby haben bei Beate Schober Schutz gefunden

„Die Flucht war anstrengend, vor allem mit einem Baby. Aber hier in Österreich sind wir sicher. Und wir müssen nicht mehr den Lärm des Krieges hören. Ein Baby sollte so etwas nicht hören und nicht sehen. Mein Kind fühlt ja auch, wie es mir geht, deswegen versuche ich, mich nicht aufzuregen“, sagt Kozhemiako. Sobald es für ihr Baby sicher ist, wolle sie in die Ukraine zurückkehren.

Flüchtlingskoordinator: „Jede Räumlichkeit gefragt“

Vonseiten des Landes Niederösterreich heißt es, dass private Quartiere „sehr wichtig“ seien. Nach Angaben des zuständigen Landesrates Gottfried Waldhäusl (FPÖ) wurden rund 10.000 Plätze gemeldet. Wichtig sei, dass Geflohene registriert werden, damit sie in die Grundversorgung aufgenommen und versichert werden können. Private Quartiergeber können sich über die Hotline von „NÖ hilft“ informieren.

Niederösterreich habe in dieser Hinsicht Hervorragendes geleistet, sagte Flüchtlingskoordinator Michael Takacs am Freitag in „Niederösterreich heute“: „Niederösterreich hat in kürzester Zeit sehr viele Quartiere eingemeldet und drei Ankunftszentren eingerichtet – sozusagen über Nacht aus dem Boden gestampft – und sofort reagiert.“ Derzeit sei jede Räumlichkeit gefragt.