Leonce und Lena im Landestheater Niederösterreich mit Marthe Lola Deutschmann und Tobias Artner
Alexi Pelekanos
Alexi Pelekanos
Kultur

Mehr burlesk als poetisch: „Leonce und Lena“

Nach zwölf Jahren zeigt die Theaterwerkstatt des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten wieder eine Neuproduktion von Büchners „Leonce und Lena“. Moritz Franz Beichls reduzierte, burleske Inszenierung erntete bei der Premiere anhaltenden Applaus.

Ob romantisches Lustspiel, Vorläufer des absurden Theaters, philosophisches Drama, anarchische Komödie – Georg Büchners „Leonce und Lena“ enthält so viel uneingelöste Utopie, dass es nach wie vor zu den brisantesten und aufmüpfigsten Stücken der Weltliteratur zählen mag. Beichl hält es dennoch für angebracht, einen eigenen Monolog über die Melancholie voranzustellen: Sei’s drum.

Büchners Lustspiel als Diversitätskomödie

Dass er weiters auf ein Bühnenbild weitgehend verzichtet – der schwarze Raum tut’s auch – und das Personal auf vier Personen abspeckt: Soll sein. Warum König Peter und Prinz Leonce als diverse Typen in Rock und Robe erscheinen, erschließt sich eventuell im Verlauf der Handlung: Der König (Michael Scherff) und sein Sohn (Tobias Artner gibt einen sympathischen, betont linkischen Prinzen) sind in ihrer männlichen Identität offenbar verkümmert beziehungsweise noch unterentwickelt.

Leonce und Lena im Landestheater Niederösterreich mit Philip Leonhard Keltz, Michael Scherff, Marthe Lola Deutschmann und Tobias Artner
Alexi Pelekanos
Büchners „Leonce und Lena“, das bis 13. Mai in der Theaterwerkstatt gezeigt wird, mit Philip Leonhard Kelz, Michael Scherff, Marthe Lola Deutschmann und Tobias Artner (v.l.)

Marthe Lola Deutschmann ist eine mehr naive als tiefgründige Lena. Hingegen schießt Philip Leonhard Kelz (beide im Bild ganz oben) als Valerio den Vogel ab: Sein komödiantisches Mienenspiel, die musikalische Parodieszene und nicht zuletzt sein köstliches italienisches Solo zählen zu den absoluten Highlights des Abends. Dennoch zeigt sich insgesamt das Manko mangelnden Vertrauens in die verträumte Poesie des Textes: Wo sie einsetzen sollte, wird es oft pathetisch oder Geblödel, müssen musikalische Einschübe Atmosphäre schaffen, werden Texte im Rollen über die Bühne oder beim Liegestütz absolviert.

Der gebürtige St. Pöltner Beichl, 2019 für seine ebenfalls am Landestheater inszenierte Uraufführung von Paulus Hochgatterers „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ zu Recht mit dem Nestroy-Preis ausgezeichnet, kommt diesmal dem diffizilen subversiven Zauber der Geschichte kaum bei. Aber so ist das mit der Utopie: So faszinierend sie ist, man tut sich doch recht schwer mit ihr. Der Rest ist eben Melancholie und – wie bei Büchner – am Ende Automatismus.