Mann fotografiert ein Gebäude
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Wirtschaft

Zahl der Fotografen nahezu verdoppelt

Seit neun Jahren ist der Beruf des Fotografen ein freies Gewerbe, es braucht dafür keine Ausbildung oder Prüfung mehr. Seitdem hat sich die Zahl der Fotografinnen und Fotografen fast verdoppelt – die Branche ist im Umbruch.

Nahezu eine Verdopplung in nicht einmal zehn Jahren: Ende März 2022 waren bei der niederösterreichischen Wirtschaftskammer 1.667 Fotografinnen und Fotografen gemeldet, Ende Dezember 2013 waren es noch 876. Der Hauptgrund ist die Aufhebung des reglementierten Gewerbes. Bis Dezember 2013 musste man noch eine Lehre absolvieren, um als Fotograf oder Fotografin arbeiten zu können.

Mit einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs änderte sich das. Seitdem kann jede und jeder als Fotograf arbeiten. Der Innungsmeister der Berufsfotografen im Bundesland, Christian Schörg, sieht die Branche durch das freie Gewerbe in einer gänzlich anderen Situation. „Die Qualität der Fotografie, die in Österreich sehr hoch war, wurde hinunternivelliert. Das finde ich als Berufsfotograf sehr schade“, sagt Schörg, der den Beruf seit Jahrzehnten ausübt.

Seit 2015 gibt es zwar eine Zertifizierungsprüfung, um wieder einen Standard in der Branche zu etablieren, diese Prüfung würden aber nur maximal 20 Personen pro Jahr absolvieren. 80 würden hingegen jährlich neu beginnen. Seit der Freigabe des Gewerbes würden auch pro Jahr viel mehr Personen wieder mit dem Fotografieren aufhören – weil sie am wirtschaftlichen Betrieb scheitern.

Fotoapparat, nahe
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Mehr als nur ein Klick: Die Qualität unter den Fotografinnen und Fotografen sei niedriger als früher, sagt der Innungsmeister.

„Wildwuchs“ – auch bei Preisen

Preislich gebe es nämlich immense Unterschiede: „Es mag zwar gut sein, dass Hochzeiten um 250 Euro und Porträtfotos um 20 Euro angeboten werden, aber wirtschaftlich überlebt das keiner“, sagt Schörg gegenüber noe.ORF.at. Fotografen, die keine Lehre oder vergleichbare Ausbildung absolvieren, würden oft nur nebenberuflich fotografieren. „Das ist dann klar, dass die billiger anbieten können, aber das Preisgefälle ist kaum auszuhalten.“ Einen großen Nachteil sieht Schörg für Kundinnen und Kunden: „Es ist schwierig herauszufinden, wer kompetent ist und Wissen und Können hat und wer das nur so nebenbei macht.“

Ähnlich sieht es der Fotograf Michael Schafranek, der sein Gewerbe 2014 dank der Aufhebung der Reglementierung anmelden konnte. Er kam nicht über die Lehre, sondern über einen Diplomlehrgang zur Fotografie. „Viele, die mit mir damals angefangen haben, haben dann nach ein bis drei Jahren wieder aufgehört – weil sie den wirtschaftlichen Teil unterschätzt haben.“

Wirtschaften als Stolperstein

Wenn Shootings nur um ein Drittel des Marktwertes angeboten werden, könne das die Kosten langfristig nicht decken, so Schafranek. Ein Anheben der Preise mit der Zeit stöße dann bei Kundinnen und Kunden auf Unverständnis. „Als Fotograf sollte man Kalkulation können, denn wenn dann mit ein bisschen Umsatz die Steuern und Sozialversicherung anstehen, dann hören die Leute wieder auf.“

Innungsmeister Schörg sieht hier hauptberufliche Fotografen im Nachteil: Sie würden Umsatzsteuer zahlen, Lehrlinge ausbilden, Mitarbeitern anstellen und Sozialversicherung zahlen. Nebenberufliche Fotografen hingegen würden oft als Kleingewerbe arbeiten und von der Umsatzsteuer befreit sein. „Natürlich gibt es einige, die das hervorragend machen, auch wenn sie es nicht gelernt haben, aber die nehmen das auch ernst, machen es oft hauptberuflich und verlangen einen vernünftigen Preis.“

Person fotografiert Frau mit Smartphone
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Mit der Kamera in der Hosentasche wurde vor etwa zehn bis fünfzehn Jahren noch ein Rückgang der Fotografinnen und Fotografen erwartet

Social Media brachte Aufschwung

Dass der Konkurrenzkampf zwischen den vielen Fotografinnen und Fotografen nicht noch drastischer sei, liege daran, dass es mehr Aufträge als früher gibt. Durch Social Media ist der Wert und die Anerkennung für professionelle Fotos gestiegen, sagt Fotograf Michael Schafranek. „Es gibt viel mehr Fotografen, aber die Nachfrage ist extrem stark. Es wird eigentlich von Jahr zu Jahr mehr. Bei Ereignissen wie Hochzeiten oder Babys ist es mittlerweile Usus, dass ein Fotograf dabei ist.“

Social Media habe vor allem den Bildstil verändert, den Kundinnen und Kunden verlangen. „Zu Hause hängt nicht mehr das klassische Familienporträt, wo alle im Studio in die Kamera lachen. Das ist jetzt viel natürlicher und oft draußen.“ Primär kämen Kunden, um für sich selbst oder die Familie Bilder machen zu lassen, vieles davon werde aber auch online gepostet. Social Media habe hier eher einen Werbeeffekt, sagt Schafranek.

Kein Problem bei Lehrlingssuche

Eine andere Befürchtung trat zur Freude der Fotografinnen und Fotografen nicht ein. In den 2000er-Jahren wurde diskutiert, dass durch das Aufkommen von Handys mit immer besser werdenden Kamerasystemen, der Lehrberuf des Fotografen aussterben könnte – mehr dazu in Kaum noch Jobs für Profi-Fotografen? (salzburg.orf.at; 13.12.2006). Interessierte an der Lehre gebe es heute – trotz freien Gewerbes – wie Sand am Meer, so Christian Schörg, aber manche würden oft mit 18 Jahren ihre Lehrstelle kündigen und sich ohne Abschluss selbstständig machen.