Baustelle Einfamilienhaus
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Wirtschaft

Der Traum vom Haus wird immer unleistbarer

Der Traum vom eigenen Haus rückt für viele derzeit in immer weitere Ferne. Nicht nur Energiekosten und Mieten steigen. Der Baukosten-Index zog alleine im vergangenen Jahr um 15 Prozent an und auch die Rohstoffe werden immer schwerer zu bekommen.

Die Baupreise steigen und steigen. Das alles macht es derzeit nahezu unmöglich, den Hausbau genau zu kalkulieren. So stellen sich derzeit viele die Frage, ob sich die Situation wieder entspannen wird, sodass es sich lohnen würde mit dem Baubeginn zu warten oder ob die Preise sogar noch weiter steigen.

Zuletzt hatte bereits die Pandemie zu höheren Preisen und Lieferschwierigkeiten in der Baubrache geführt. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Situation durch steigende Energiepreise. Laut Robert Jägersberger, Bauinnungsmeister in der Wirtschaftskammer, komme es derzeit zu immer mehr Engpässen und explodierenden Kosten bei Baustoffen. „Egal ob bei Ziegel oder Asphaltmischungen: Alle arbeiten mit Gas und dementsprechend sind die Kosten enorm gestiegen“, so der Experte gegenüber noe.ORF.at.

An eine Entspannung der Situation glaubt Jägersberger nicht, vielmehr müsse man sich seiner Meinung nach an die höheren Preise gewöhnen. Die Kosten schon vor dem Bau zu berechnen, sei außerdem kaum möglich, hört man derzeit als Auskunft von vielen Baumeistern – so auch beispielsweise von Gerhard Zatl. „Wir sehen uns momentan außerstande, Fixpreis-Pauschalen zu machen, die eigentlich traditionell im Einfamilienhaus-Sektor dem Kunden Sicherheit vermittelt haben. Diese fallen jetzt leider weg.“ Zeiten solcher Sicherheiten sind dem Baumeister zufolge vorbei.

Fraglich, wie lange Bauboom noch anhält

Familie Hengl wagt den Bau trotz aller derzeit herrschenden Unsicherheiten in der Branche. Auf einem Grundstück in Eggendorf am Wagram (Bezirk Korneuburg) nimmt „der große Lebenstraum“ der jungen Familie langsam Form an. Vor vier Wochen war Baustart für das Einfamilienhaus, erzählt Karl Hengl. Die ersten Wände stehen bereits. „Wir wohnen im Moment in Wien in einer Wohnung. Nachdem wir beide in einem Haus aufgewachsen sind, war für uns einfach klar, dass wir wieder hinaus aufs Land wollen.“

Baustelle Einfamilienhaus
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Familie Hengl wirft einen Blick auf ihr entstehendes Einfamilienhaus. Schwer kalkulierbare Preise machen derzeit vielen zu schaffen

Auch bei den Hengls zeigt sich bereits kurz nach Baustart, dass die Kalkulation so manche Hürde bereithält. Schon in den ersten Tagen der Bauarbeiten traten aufgrund der Lieferengpässe erste Schwierigkeiten auf. „Wir hatten gerade erst den Keller aufgestellt und die Info bekommen, dass für die Innenwände keine 20-er-Ziegel zu bekommen sind. Also haben wir auf 25-er-Ziegel ausweichen müssen.“

Möglicherweise kommen noch weitere ähnliche Situationen auf die Familie zu. „Flexibilität ist derzeit sehr gefragt“, glaubt Hengl. „Es hat ein bisschen etwas von einer Fahrt ins Blaue. Natürlich will man bei einem Haus ziemlich genau durchkalkulieren und muss natürlich im Vorfeld wissen, welche Kosten für die diversen Posten anfallen.“

Preissteigerungen quer durch alle Materialien

Betroffen von der Preissteigerung sind fast alle Baustoffe. Viele Grund-Baustoffe werden aus anderen europäischen Ländern importiert, aktuell ist die Nachfrage aber weltweit enorm. Gleichzeitig entstanden nicht zuletzt sowohl durch die Pandemie als auch den Ukraine-Krieg zusätzliche Engpässe. Die Folge daraus: Die Preise steigen weiter.

Ziegelwand Rohbau
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Kaum ein Baustoff, der nicht betroffen ist: Auch Ziegel sind derzeit schwerer zu bekommen und daher teurer

Baumeister Gerhard Zartl rechnet vor: „Wenn vor einem Jahr etwas in der Kalkulation 400.000 Euro gekostet hat, dann sind das jetzt zwischen 50.000 und 60.000 Euro mehr. Das muss man sich einmal verbildlichen: Wie soll das eine Jungfamilie dauerhaft stemmen? Wenn sich hier nichts ändert, sehe ich keine gute Zukunft“, so seine wenig rosige Einschätzung. Ähnlich fällt die Beurteilung von Bauinnungsmeister Jägersberger aus: „Mit einer Entspannung ist leider nicht zu rechnen. Wir werden uns mit höheren Preisen anfreunden müssen.“

Wer gerade überlegt oder schon plant zu bauen, solle nicht zu lange mit dem Baubeginn warten, empfiehlt Jägersberger. Nach Möglichkeit sollten künftige Häuslbauer und Häuslbauerinnen versuchen, Fixpreise zu vereinbaren – auch, wenn diese immer schwerer zu bekommen sind und von Baufirmen nur noch eingeschränkt angeboten werden.