Ukraine-Krieg

„Stereotype über Flüchtlinge überdenken“

Etwa 10.000 Geflüchtete sind bislang in Niederösterreich untergekommen. Darüber wie es den Menschen geht und wie das Zusammenleben funktioniert, haben Radio-NÖ-Hörerinnen und -Hörer in einem „Mittagsmagazin Spezial“ diskutiert.

„In den letzten Wochen hat Österreich das echte Gesicht der Solidarität und Nächstenliebe gezeigt“, sagt Christoph Riedl, Generalsekretär der Caritas der Diözese St. Pölten. Dank dem Einsatz zahlreicher Freiwilliger und einer großen Spendenbereitschaft in Niederösterreich sei es gelungen für alle geflüchteten Menschen eine Versorgung und Unterkunft bereit zustellen.

Michael Takacs
ORF
„Sind vorbereitet“ – Michael Takács ist in Österreich seit Mitte März Fluchtkoordinator für Menschen aus der Ukraine

Viele Hörerinnen und Hörer fühlen sich angesichts der Fluchtbewegung an die Jahre 2015 und 2016 erinnert, als Menschen aus dem Kriegsgebiet Syrien nach Österreich geflüchtet sind. Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Michael Takács, sieht aber einen entscheidenden Unterschied: „Im Gegensatz zu damals sind wir heute vorbereitet und arbeiten im Schulterschluss mit Bund, Bundesländern und Hilfsorganisationen gut zusammen.“

Er rechne deshalb nicht mit einem plötzlichen Stimmungsumschwung gegenüber geflüchteten Menschen – wie es vor sechs Jahren der Fall war.

Takács: „Raketen kennen keinen Gehaltszettel“

Im Falle der flüchtenden Menschen aus der Ukraine müsse man stereotype Bilder von Flüchtlingen überdenken, so die Experten. Viele würden sich zum Beispiel wundern, dass einige Flüchtlinge mit teuren Autos nach Österreich kommen. „Russische Raketen kennen keinen Gehaltszettel, das heißt es sind alle Gesellschaftsschichten betroffen.“, so Takács. „Auch Österreicher würden im Kriegsfall ihre Autos nicht zurücklassen, sondern sie zur Flucht nutzen“, ergänzt Riedl.

„Die Menschen, die zu uns kommen, erhalten die gleichen Unterstützung, die auch Asylwerber erhalten. Das sind sechs Euro pro Tag an Verpflegungszuschuss. Mit diesen sechs Euro müssen die Menschen ihren kompletten Aufwand finanzieren“, erklärt Riedl. Das Ziel der meisten Menschen sei die „Blaue Karte“ zu erhalten.

Mehr Plätze als Bedarf

Dieser Ausweis verschafft Ukrainerinnen und Ukrainern Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Wer Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, verliert dadurch automatisch Anspruch auf die Grundversorgung in Österreich.

Das Angebot an Quartieren sei derzeit größer als die Nachfrage. „Alle Geflüchtete in Niederösterreich, die aus der Ukraine kommen, haben zur Zeit ein Quartier“, so Riedl. Niederösterreicher und Niederösterreicherinnen, die Privatquartiere zur Verfügung stellen, bekämen deshalb nicht immer sofort Personen zugeteilt. „Wir brauchen aber weiterhin Quartiere, weil wir nicht wissen, wie der Krieg verläuft“, so Takács.

Christoph Riedl
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„Österreich zeigt Solidarität und Nächstenliebe“ – Christoph Riedl ist Generalsekretär der Caritas in der Diözese St. Pölten

Jede Spende ist willkommen

Wer Menschen in der Wohnung aufnimmt, dem rät die Caritas einen schriftlichen Vertrag mit den Quartiernehmern abzuschließen. Dort könne man etwa Kostenbeteiligungen vereinbaren, denn Geflüchtete in der Grundversorgung hätten Anspruch auf Unterstützungszahlungen vom Land für Verpflegung und Mietkosten.

Wer Geld spenden möchte kann dies an die Initiative „Nachbar in Not“ oder die Caritas tun. Sachspenden kann man außerdem in den Carla-Läden der Caritas in Krems oder Amstetten abgeben. Über die gemeinsame Aktion „#wirhelfen“ von Caritas und Post können Sachspenden zudem kostenlos an die Spendenlager der Caritas verschickt werden.