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Chronik

Neuer LKA-Chef sagt Cybercrime den Kampf an

Am Freitag hat Stefan Pfandler seinen Dienst als neuer Chef des Landeskriminalamts Niederösterreich angetreten. Die größten Herausforderungen sieht er im Kampf gegen Cybercrime und Schlepperei, sagte der 56-Jährige in seinem ersten großen Interview.

Als Leiter des Landeskriminalamts Niederösterreich ist Pfandler nun Chef von 300 Ermittlerinnen und Ermittlern. Diese sind etwa im Ermittlungsbereich Betrug zuletzt häufiger mit sogenannten Love-Scam-Betrügern konfrontiert, die Liebe vorgaukeln und es auf das Geld ihrer Opfer abgesehen haben. Auch Fälle mit dem sogenannten Enkeltrick, bei dem Anrufer vortäuschen, dass nahe Verwandte einen Notfall hatten und Geld benötigen, nehmen zu.

Die Schlepperkriminalität zählt ebenfalls zu den großen Herausforderungen, die auf Pfandler in seiner Funktion als neuer LKA-Chef warten. Bei seiner Ernennung hatte er betont, mit aller Vehemenz gegen die Schleppermafia entgegenhalten zu wollen. Zudem will er im Kampf gegen die Cyberkriminalität neue Akzente setzen.

Der gebürtige Waldviertler kennt den Polizeiapparat bestens. Vor mehr als 40 Jahren hatte er als Polizeipraktikant begonnen, 30 Jahre lang war er im Kriminaldienst. Als Chef des Landeskriminalamts folgt er Omar Haijawi-Pirchner nach, der nun die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst leitet.

In seinem ersten großen Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs in der Fernsehsendung „Niederösterreich heute“ (19.00 Uhr, ORF2-N) am Freitag sprach Pfandler über die neuen Akzente im Kampf gegen Cybercrime und Schlepper, die Entwicklung der Gesamtkriminalität in Niederösterreich und wie man Tötungsdelikten gegen Frauen entgegenwirken möchte.

Welche neuen Akzente wollen Sie im Kampf gegen Cybercrime und Schlepperei in Zukunft setzen?

Stefan Pfandler: Sowohl Cybercrime als auch Schlepperei fordern uns heraus. Im Bereich der Cybercrime sind wir gerade dabei, unsere Kollegen und Kolleginnen weiterhin auszubilden, ihnen neueste Technologien, neueste Methodiken beizubringen und international vernetzt mit den Kollegen in den Ausländern, in den umliegenden Ländern Tätern habhaft zu werden. Das ist immer extrem schwierig und die größte Herausforderung.

Im Bereich der Schlepperei ist es für uns die Zusammenarbeit mehrerer Landeskriminalämter. Es ist nicht nur Sache eines Landeskriminalamtes, wenn Geschleppte durch Österreich durchkommen, sondern das ist Teamarbeit.

Wie entwickelt sich sonst die Kriminalitätslandschaft, was etwa Verbrechen gegen Leib und Leben, Raub oder Einbrüche betrifft? Gibt es signifikante Entwicklungen?

Pfandler: In der Gesamtkriminalität könnten wir sagen, dass sie rückläufig ist. Das ist allerdings trügerisch, denn sie entwickelt sich schon langsam wieder nach oben. Auch in der Gewaltkriminalität, bei den Raubüberfällen. Bankraub hat uns jahrelang sehr stark beschäftigt, ist momentan kein großes Thema mehr. Aber die restliche Raubkriminalität steigt im Vergleich zu den Jahren 2019, 2018 langsam wieder an. Da müssen wir wieder mit all unserer Kraft entgegenwirken.

Benedikt Fuchs und Stefan Pfandler
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Der neue Chef des Landeskriminalamts, Stefan Pfandler (r.), im Interview mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs

Für Aufsehen sorgen immer wieder Tötungsdelikte gegen Frauen. Was kann man dagegen tun?

Pfandler: Das ist natürlich ein Thema, das uns sehr stark beschäftigt. Immer wieder passieren leider Gottes solche Fälle. Unsere Herausforderung liegt in der Prävention, in der Aufklärung der Frauen: Wenn Gewalt ausgeübt oder angedroht wird, in der Beziehung rechtzeitig sich Hilfe zu suchen, den Schritt in Frauenhäuser zu wagen und es im besten Fall gar nicht dazu kommen zu lassen. Wenn es dazu kommt, dann wirklich konsequente Aufklärungsarbeit und Verfolgung der Täter.

Die Pandemie hat seit zweieinhalb Jahren unsere Gesellschaft verändert. Es gab Demonstrationen von Impfgegnern, die Gewaltbereitschaft ist höher. Wie groß ist die Zäsur, die dadurch in der Gesellschaft entstanden ist, für die tägliche Polizeiarbeit?

Pfandler: Wenn man das Revue passieren lässt: In den Anfängen der Pandemie wurde die Polizei noch als Held gefeiert, ist durch die Straßen gefahren und hatte die Sympathie der Bevölkerung für ihre Arbeit. Das hat sich im Laufe der Monate durch die Demonstrationen und dergleichen gewandelt. Für uns war es eine große Herausforderung, mit solchen Maßnahmen umzugehen. Wir können nicht immer Rücksicht nehmen auf die Pandemie, auf unsere Amtshandlungen an Leib und Leben. Sicherheit geht vor, auch beim polizeilichen Einschreiten.

Wir hatten auch unsere Probleme mit Ausfällen in den eigenen Reihen teilweise. Aber im Großen und Ganzen haben wir das sehr gut gemeistert und ich denke, wir haben auch sehr viel daraus für die Zukunft in allen Bereichen der Polizei lernen können.

Wir berichten in den letzten Wochen oft über Personalknappheit in vielen Branchen, in der Wirtschaft. Wie schaut es in der Polizei aus? Wollen genug junge Menschen Polizistinnen und Polizisten werden?

Pfandler: Wir stellen in den letzten Jahren fest, dass wir durch gut durchdachte und neue Werbestrategien der Polizei, wo man die neuen Ideale der Jugend mehr anspricht als früher, wieder einen erhöhten Zulauf im Bereich der Polizei haben. Darüber freuen wir uns natürlich sehr, denn der Bedarf an Polizisten und Polizistinnen nicht nur in Niederösterreich, sondern in ganz Österreich ist immer da. Ich für mich kann sagen, ich würde diesen Job jederzeit wieder ergreifen, weil er der interessanteste und abwechslungsreichste der Welt ist.