Ragweed Pollenwarndienst Blüte Landwirtschaft
Helmut Stamberg
Helmut Stamberg
Chronik

Blühende Gefahr für Allergiker und Ernte

Der Pollenwarndienst erwartet heuer eine besonders starke Ragweed-Belastung. Die Pflanze kann starke allergische Reaktionen auslösen, doch auch die Landwirtschaft leidet darunter. Experten fordern eine bundesweite Taskforce.

Die Mitarbeiter der Straßenmeisterei Wolkersdorf (Bezirk Mistelbach) sind derzeit besonders gefordert. An den Straßenrändern und auch bei Baustellen siedelt sich Ragweed besonders gern an – heuer noch mehr als in den vergangenen Jahren, sagt Uwe Berger, Leiter des Pollenwarndienstes: „Wir hatten im Sommer die richtigen Temperaturen und für die Pflanze ausreichend Niederschläge, wodurch sich Ragweed prächtig entwickelt hat.“

Bei Allergikern sorgt das für juckende, tränende Augen und Schnupfen bis hin zu Husten und Asthma. Schätzungen gehen davon aus, dass heuer etwa 880.000 Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher mit den Ragweed-Pollen in Kontakt kommen. Etwa 33.000 von ihnen dürften unter einer Allergie leiden.

Ozonbelastung verstärkt Symptome

Hinzu kommt, dass Ragweed zunehmend auch höhere Lagen besiedelt. Studien zeigen außerdem, dass schlechtere Luftqualität die Symptome verstärkt. In Städten – wo es im Sommer zu massiven Ozonbelastungen kommt – haben Patientinnen und Patienten nicht nur Beschwerden durch das Allergen selbst, Ozon verstärke diese Symptome zusätzlich.

Ragweed Pollenwarndienst Blüte Landwirtschaft
ORF/Stefan Schwarzwald-Sailer
An den Straßenrändern wird Ragweed derzeit so gut wie möglich entfernt

Im Straßendienst versucht man deshalb mit den Mäharbeiten gezielt gegenzusteuern. „Im Frühjahr lassen wir uns mit dem Mähen etwas länger Zeit, um das Ragweed aufwachsen zu lassen und dann möglichst viel Pflanzenmasse wegzunehmen“, sagt Sabine Auer, Landschaftstechnikerin des Straßendienstes. In besonders starken Ragweed-Regionen wird Mitte August – kurz vor der Blüte – nochmals gemäht.

Ähnlich agiert die Asfinag an den Autobahnen und Schnellstraßen. Laut einem Sprecher gibt es dort aus logistischen Gründen allerdings fixe Mäh-Zeitpläne – unabhängig von der Entwicklungsphase der Pflanze. Für den Experten ist das ein Fehler, „weil die Pflanze durch zu frühes Mähen wieder neue Blüten bilden kann“.

Ernteausfälle belasten Landwirte

Mittlerweile breitet sich die Pflanze auch stark in die Felder aus, wodurch Landwirte teils starke Ernteausfälle haben. Besonders prädestiniert dafür sind Kürbis-, Sonnenblumen- und Maifelder, die erst nach der Ragweed-Blüte geerntet werden. „Dort entwickeln sie sich zu einer Nahrungskonkurrenz, damit werden die eigentlich angebauten Pflanzen kleiner und die Ernteerträge geringer.“

Ragweed Pollenwarndienst Blüte Landwirtschaft
ORF
Mittlerweile breitet sich die Pflanze auch stark in die Felder aus und wird dort zur Konkurrenz

Das bestätigt man auch in der Landwirtschaftskammer. Aktuell betreffe das Problem vorwiegend das Industrie- und Weinviertel, doch es breite sich aus. Wirksame Maßnahme gegen Ragweed gebe es derzeit nicht, selbst Spritzmittel helfen kaum. Der Appell an die Landwirte: Einzelne Pflanzen möglichst früh ausreißen, und „mit offenen Augen die Felder beobachten“, heißt es.

Experte fordert bundesweite Taskforce

Der Pollen-Experte plädiert deshalb für eine bundesweite Taskforce, die die Verbreitung von Ragweed gezielt bekämpft. Zwar würden die einzelnen Bundesländer im Kampf gegen Ragweed „bereits viel tun, nur jedem Bundesland fehlt dazu der finanzielle Rahmen, der Bund hat jedoch die Möglichkeit, die Maßnahmen zu bündeln und zielgerichtet mehr Geld zu investieren.“

Das betrifft etwa die Forschung, um Bekämpfungsmethoden zu finden. So gibt es spezielle Käfer oder extra ausgebildete Schafe, die ausschließlich Ragweed fressen. Zugleich könnte man auch Landwirten Entschädigungen zahlen, die Ragweed-Pflanzen entfernen. Langfristig sei das laut Berger günstiger als die gesundheitlichen Folgen für Allergiker.

FFP2-Maske empfohlen

Durch den Klimawandel fühle sich Ragweed in Österreich jedenfalls zunehmend wohl. Allergikern rät der Pollen-Experte, während der Blütezeit möglichst nicht ins Freie zu gehen und die Informationen auf der Seite des Pollenwarndienstes verfolgen: Wenn gerade eine Ragweed-Welle kommt, sollte man nicht lüften und draußen keinen Sport machen. Eine FFP2-Maske zu tragen kann auch hier für Betroffene hilfreich sein.

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Helmut Stamberg
Für private Gärten empfehlen die Experten, Ragweed sofort auszureißen und im Müll zu entsorgen

Ragweed war ursprünglich nur in Nordamerika beheimatet, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa eingeschleppt und breitet sich seitdem von Südosteuropa ausgehend immer weiter aus. Es handelt sich um eine hochallergene Pflanze, sagt Berger gegenüber noe.ORF.at: „Schon sehr geringe Pollenkonzentrationen reichen aus, um Beschwerden auszulösen.“

Pflanze muss vor der Blüte bekämpft werden

Dass die Pflanze, die bis zu 1,80 Meter hoch werden kann, jedes Jahr tausende Allergiker zur Verzweiflung bringt, hängt nicht zuletzt mit der Blütezeit zusammen. Weil Ragweed erst im August und September blüht, wird dadurch die Pollensaison für Allergiker verlängert. Deshalb sollte die Pflanze – auch im privaten Garten – noch vor der Blüte ausgerissen und im Müll entsorgt werden.

Größere Funde, die nicht mehr selbst beseitigt werden können, können unter www.ragweedfinder.at gemeldet werden. Auf dieser Homepage sammelt der Pollenwarndienst seit 2017 Informationen zu Ragweedvorkommen in Österreich. Diese Meldungen gibt er auch an Gemeinden und Länder weiter.