Wolkenturm
Klaus Vyhnalek
Klaus Vyhnalek
Kultur

„Verregnete Geisterbahnfahrt“ in Grafenegg

In Grafenegg ist mit der österreichischen Erstaufführung des 2. Violinkonzerts von Georg Friedrich Haas, dem diesjährigen Composer in Residence, das vorletzte Festivalwochenende zu Ende gegangen – laut APA-Kritik eine „verregnete Geisterbahnfahrt“.

„Wie man’s macht, kann es falsch sein“, schreibt APA-Kulturredakteur Ewald Baringer. War am Vorabend die fulminant dargebotene Mahler’sche „Auferstehungssymphonie“ mit dem London Symphony Orchestra (LSO) unter Simon Rattle wegen – nicht eingetroffener – Schlechtwetterprognose ins Auditorium verlegt worden, entschied man sich tags darauf, das Konzert trotz leichten Regens im Wolkenturm stattfinden zu lassen. Für das anspruchsvolle und komplexe Werk von Haas keine ideale Ausgangssituation, wenn die Zuhörerschaft minutenlang damit beschäftigt ist, sich die Regenhäute überzuziehen und dann besorgt den Himmel zu beobachten.

Tonkünstler meisterten Herausforderung „mit Bravour“

Im Vorgespräch mit dem Musikjournalisten Oliver Lang hatte Haas erklärt, sein Komponieren sei Ausdruck persönlicher Traumata, und in seinen Werken könnten die Zuhörer wiederum ihre eigenen Traumata finden. Zum Verständnis trägt das schon bei, denn der Einsatz von Klangflächen und Mikrotonalität erweckt in diesem Fall durchaus Assoziationen zu Geisterbahnfahrten durch aufgeschrecktes Innenleben. Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, dirigiert von Baldur Brönnimann, stellte sich der Herausforderung mit Bravour, die Geigerin Miranda Cuckson, die auch bei der Uraufführung 2017 in Tokio den Solopart innehatte, beeindruckte mit virtuosem Engagement.

Just als der Regen zur Pause nachließ, wurde die Übersiedlung ins Auditorium angekündigt und das teilweise echauffierte Publikum auf ein Glas Wein eingeladen. Robert Schumanns 4. Symphonie beschloss einen turbulenten Tag, der mit einer kammermusikalischen Matinee begonnen hatte: Rudolf Buchbinder und vier LSO-Mitglieder hatten am Vormittag mit Klavierquintetten von Schumann und Antonin Dvorak erfreut.