Menschen stehen im erstaufnahmezentrum an
ORF / Koschuh
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Chronik

Traiskirchen: Asylzentrum an Kapazitätsgrenze

Nach der Kritik an den Zuständen im Asyl-Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (Bezirk Baden) verschafften sich die Ö1-Journale am Freitag ein Bild von der Lage. Helfer sprechen von 2.500 Untergebrachten – laut halboffiziellen Zahlen sind es 1.800.

Beim Ein- und Ausgang der Bundesbetreuungseinrichtung Traiskirchen werden am Freitagvormittag Identitätscodes gescannt. Etwa 40 Männer stellen sich um 9.30 Uhr hier an, um das Lager zumindest vorübergehend zu verlassen.

Neben dem Eingang sitzt ein kurdisches Ehepaar, das aus der Türkei stammt, schon lange in Österreich lebt und auf jemanden wartet, der aus dem Lager kommt: „Wir warten auf den Bruder meiner Frau. Er flüchtete aus der Türkei, weil er weder Menschen umbringen noch selber getötet werden will.“ Kurdische Gruppen wollen nämlich, dass er auf ihrer Seite kämpft, erklärt der Schwager.

Auffällig sind die vielen Inder. Mit dem Flugzeug können sie visumfrei nach Serbien reisen. Anschließend geht es meist mit Schleppern weiter. In Österreich wird zwar ein Asylantrag gestellt, aber oft ist Österreich nur Durchreiseland – auf dem Weg Richtung Italien, Frankreich oder Großbritannien. „Wir wollen nach Mexiko“, sagt ein Inder beim Lokalaugenschein. Ein anderer will bleiben: „Ich bin Sikh und in diesem Land sicher. Das Camp ist gut.“ Die Reise mit Flugzeug und wohl mit Schleppern war teuer, der Mann nennt 10.000 Euro.

Asyl Erstaufnahmezentrum traiskirchen
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Das Asylzentrum in Traiskirchen dürfte derzeit überfüllt sein

Inder sind laut halboffiziellen Zahlen die drittgrößte Gruppe im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Die meisten Menschen stammen aus Syrien, gefolgt von Afghanistan. „Ich komme aus Damaskus“, sagt ein junger Mann. „Ich bin hier, weil es in Syrien nicht sicher ist. Ich bin IT-Student und mein Traum ist es, mein Studium abzuschließen.“

„Keine Schlafplätze im Lager“

Laut halboffiziellen Zahlen waren in der Nacht von Donnerstag auf Freitag etwa 1.800 Menschen im Asylzentrum in Traiskirchen untergebracht. Der Syrer Delschad Basari nennt allerdings die Zahl 2.500. Diese Zahl wird gegenüber dem ORF von der Bundesbetreuungsagentur nicht bestätigt.

Basari ist seit sieben Jahren in Österreich und hilft in Zusammenarbeit mit der Gemeinde, Schlafplätze zu finden, wenn spät abends Flüchtende abgewiesen werden. „Ich höre von den Leuten aus dem Lager, dass es keine Schlafplätze gibt und die Menschen schon auf dem Gang schlafen müssen“, schildert er.

Bürgermeister spricht von „Massenlager“

Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) sagt über die Entwicklung: „Wir haben ein Massenlager, von Menschen, die eher wie Zahlen behandelt werden. Wir sehen in unserer Stadt Menschen, die sichtlich schlecht ausgerüstet sind, zum Beispiel mit zu kleinen Schuhen unterwegs sind und vieles mehr. Das geht einfach überhaupt nicht, dass Menschen auf dem Gehsteig schlafen müssen und Kinder in der Früh am Schulweg mit Obdachlosigkeit konfrontiert sind.“

Man versuche „insbesondere für Menschen mit besonderen Bedürfnissen jederzeit einen Platz anbieten zu können“, sagt der Chef der Bundesbetreuungsagentur, Andreas Achrainer, am Freitag – „und dafür wird auch vorgesorgt“. Man habe die Zahl der Bundesquartiere heuer von 13 auf 25 aufgestockt. Achrainer appelliert aber an die Bundesländer, dass sie Quartiere schaffen. Ein Problem dürfte sein, dass Neuankommende, die eigentlich Plätze in anderen Bundesländern hätten, mit Taxis nach Traiskirchen gebracht werden.