Sicherheit im Sport Göttweig
ORF
ORF
Sport

Sportdiskussion: Wettbetrug keine Seltenheit

Welchen Stellenwert haben Sicherheitsthemen in der Sportwelt? Dieser Frage ist bei der ersten Auflage des Forums „Sicherheit im Sport“ im Stift Göttweig im Zentrum gestanden. Dabei ging es u.a. um Spielmanipulationen, sexuelle Gewalt oder Cyberkriminalität.

Ein im September im Grazer Landesgericht gestarteter Prozess zeige, „Matchfixing ist kein Kavaliersdelikt, es geht ganz stark um Organisierte Kriminalität“, so umriss der Direktor des heimischen Bundeskriminalamts (BK), Andreas Holzer, das Problem beim dreitägigen Forum „Sicherheit im Sport“ im Stift Göttweig (Bezirk Krems-Land). 15 Angeklagte sollten sich wegen Wettbetrugs verantworten. Bei vielen handelt es sich um Fußballer – mehr dazu in „Wettbetrugsprozess in Graz um Monate vertagt“ (steiermark.orf.at; 13.9.2022).

Die Fußballer würden die unterste Ebene des kriminellen Netzwerks bilden, an der Spitze stünden die Financiers, sagte Chefinspektor Franz Schwarzenbacher, Leiter der „Integrity in Sport Unit“, einer Einheit im Bundeskriminalamt, die gegen die organisierte Kriminalität im Bereich des Sports vorgeht. Oft handle es sich um organisierte Kriminelle, die gleichzeitig ihre Gewinne aus anderen Deliktsbereichen waschen und weiteren Profit daraus schlagen würden. Auf der zweiten Ebene würden sie von regionalen oder nationalen Organisatoren des Wettbetrugs unterstützt, umriss Europol-Experte Sergio D’Orsi die üblichen Strukturen eines Wettbetrugsrings.

2022 bereits über 800 manipulierte Spiele

Darunter würden die lokalen Mitarbeiter kommen, die direkt an den Wettkampfstätten seien und der vierten Ebene anzeigen würden, dass die Spielmanipulation tatsächlich über die Bühne zu gehen hat. Und diese vierte Ebene seien eben die Spieler – in der Regel zwei bis drei Feldakteure plus der Goalkeeper –, aber auch Schiedsrichter und Vereinsoffizielle. Pro Spiel würden diese bis zu 10.000 Euro bekommen, wenn der Betrug aufgeht.

Das Problem existiert laut Andreas Krannich, Geschäftsführer der Sportradar AG, seit vielen Jahren und nimmt zu. Es sei ein „Riesenmarkt in Asien, aber auch in Europa“. Die meisten Wetten und damit auch die meisten Manipulationen würden den Fußball betreffen, gefolgt von Tennis. Es gebe auch Manipulationen in Sparten, die in der breiten Öffentlichkeit nicht auf dem Radar seien: e-Sports etwa.

Im Jahr 2021 habe sein Unternehmen etwa 900 manipulierte Spiele in Europa identifiziert, so Krannich – „und wenn wir eines als manipuliert identifizieren, sind wir zu 110 Prozent sicher“ –, heuer seien es bis dato schon über 800. Der einfache Reflex wäre, Sportwetten zu verbieten, sagte Krannich, aber „das funktioniert nicht“, und verwies auf die Prohibition in den USA in den 1920er-Jahren.

Weitere Probleme: Cybercrime und sexualisierte Gewalt

Das Thema Sicherheit im Sport werde immer wichtiger, das sagte auch Innenminister Gerhard Karner, was ebenso für den Bereich im virtuellen Raum gelte: „Cyberkriminalität ist ein stark wachsender Teil in der Kriminalstatistik – plus 30 Prozent im letzten Jahr und das betrifft natürlich auch den Bereich des Sports in unterschiedlichen Ausprägungen.“

Ebenso wichtig sei das Thema Gewalt bzw. sexualisierte Gewalt im Sport, betonte Rosa Diketmüller vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien beim Forum „Sicherheit im Sport“. Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen gehe am häufigsten von Teamkolleginnen und Teamkollegen aus, erklärte sie. Das gelte auch für sexualisierte Gewalt – egal, ob mit oder ohne Körperkontakt. Deutlich öfter seien die Täter dabei Männer.

Ausgangspunkt war die Studie „CASES – Child Abuse in European Sport“, für die insgesamt 10.302 Menschen in sechs Staaten befragt wurden. In Österreich gaben 70 Prozent an, zumindest eine Form von Gewalt erlebt zu haben, außerhalb Österreichs waren es 79 Prozent. Diketmüller zufolge lagen die Werte für Österreich generell etwas besser als im Durchschnitt aller Länder. Auch Österreich habe dem Thema jedoch viel zu lange keine Aufmerksamkeit gewidmet, so die Kritik der Expertin, „jetzt schaut der Sport sehr genau darauf, und das ist gut so“.