Gastronom Otto Raimitz im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein
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„Ganz persönlich“

Gastronom Otto Raimitz: „Es ist ein Kampf“

Personalmangel und Energiekrise belasten die Gastronomie. Nichtsdestotrotz eröffnete Gastronom Otto Raimitz unlängst sein sechstes Lokal. Die Energiekrise ist ein „Riesenkampf“, sagt er im Interview, den Personalmangel sieht er differenzierter.

Mit dem „Klang.Spiel“ in St. Pölten eröffnete der Kremser und gelernte Konditor Otto Raimitz dieses Jahr sein mittlerweile sechstes Lokal – nach dem „Wellen.Spiel“, dem „Markt.Spiel“, dem „Heim.Spiel“ und dem „Genuss.Spiel“ in Krems sowie dem „Schau.Spiel“ in St. Pölten. Eva Steinkellner-Klein sprach mit ihm über Krisen, Konditorjacken und Kinder.

noe.ORF.at: Viele Branchen kämpfen mit Personalmangel. Die Gastronomie ist da keine Ausnahme. Warum will niemand mehr Koch oder Kellner werden?

Otto Raimitz: Ich sehe das ein bisschen differenzierter. Dieses Jobproblem hat nicht nur die Gastronomie, sondern beispielsweise auch der Pflegebereich. Bei der Gastronomie wird es nur so in den Vordergrund gestellt. Wir haben für unser neues Lokal genug Mitarbeiter gefunden. Bei uns hat im Schnitt jeder 2.500 bis 3.000 Euro Trinkgeld und verdient etwa 2.000 Euro netto. Das ist schon ein fürstliches Gehalt. Junge Menschen können sich damit mehr leisten als viele andere.

Man merkt auch, dass die Leute, die vor zwei Jahren wegen Corona die Gastronomie verlassen haben, eigentlich alle wieder zurückkommen. Bei uns waren es drei, die wieder zurückgekommen sind. Und zum Thema Personalnot noch eins: Es kann nicht immer alles nur auf die Work-Life-Balance zugeschnitten sein. Die Gastronomie ist Arbeit. Aber es gehören auch gute Arbeitsverhältnisse für die Mitarbeiter her. Die Gastronomie befindet sich derzeit in einem extremen Wandel.

noe.ORF.at: Stichwort Energiekrise: Was denken Sie, kommt hier noch auf die Gastronomie zu?

Raimitz: Die Gastronomie ist nicht gerade mit tollen prozentuellen Betriebsergebnissen gesegnet. Die Eigenkapitalquote ist im Normalfall sehr gering. Es ist ein Kampf, denn durch die Energiepreise und die Personalkosten, die ja steigen werden und auch müssen, wird es teurer. Es ist ein Riesenkampf.

noe.ORF.at: Wird es auch für die Gäste teurer werden?

Raimitz: Jetzt noch nicht, aber was Ende Oktober oder Ende November ist, weiß ich nicht. Wir versuchen, die Preise noch zu halten. Und wenn ein Schnitzel einmal mehr als 26 Euro kosten muss, dann streiche ich es von der Karte.

Gastronom Otto Raimitz im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein
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ORF-NÖ-Redakteurin Eva Steinkellner-Klein und Otto Raimitz beim „Ganz Persönlich"-Gespräch

noe.ORF.at: Wie bedeutet für Sie gut essen gehen?

Raimitz: Das besteht aus mehreren Dingen: aus Atmosphäre, aus Wohlfühlen in einem Lokal, aus freundlichen, netten, zuvorkommenden Mitarbeiten, die Dienstleistung leben, und natürlich – die Krönung – aus dem Essen. Gutes Essen ist einfach nichts anderes als dem Alltag zu entfliehen und das, was du am Tisch bekommst, zu genießen und wertzuschätzen.

noe.ORF.at: Schon Ihr Ururgroßvater war Konditormeister. Wie war Ihr Berufsweg?

Raimitz: Ich wurde schon als Kind mit Kochmütze und Schneebesen auf eine Konditorlaufbahn getrimmt. Ich habe meine Lehre fertig gemacht, aber bin mit 18 weg aus Österreich. Ich habe auf Schiffen gearbeitet, in Hawaii oder in Mexiko, mit den tollsten Köchen und habe diese Zeit sehr genossen. Dann bin ich zurück nach Krems und habe begonnen bei meiner Mutter im Kaffeehaus zu arbeiten. Ich dachte mir, meine Auslandserfahrungen sind das Maß der Dinge, aber das kam bei meiner Mutter nicht so gut an. Ich wollte eigentlich immer ein bisschen mehr. Ich wollte meine Konditorjacke ausziehen und unbedingt ins Management. Und so bin ich nach Wien gekommen, habe dort unter anderem im Hilton gearbeitet und mir einen Namen gemacht.

noe.ORF.at: Und was hat Sie dann zurück nach Krems gebracht?

Raimitz: Die Liebe. Das war eine sehr schöne Zeit. Ich wollte unbedingt Familie und selber Chef sein. Und so bin ich dann zu meinem Urbetrieb gekommen. Im „Heim.spiel“ hat meine gastronomische Selbstständigkeit begonnen.

noe.ORF.at: Warum enden eigentlich die Namen aller ihrer Lokale auf „-spiel"? Was hat es damit auf sich?

Raimitz: Als ich das „Wellen.spiel" aufgemacht habe, bin ich an einem Nachmittag dort an der Donau gesessen. Ich habe die Wellen gesehen, die sich in der Sonne gespiegelt haben. Die Wellen haben sich gespielt, so in die Richtung habe ich mir das gedacht. Und so bin ich zu dem Namen gekommen. Andere haben gemeint, der Name klingt wie ein Kinderspiel. Ich fand ihn gewaltig und war total überzeugt. Durch das „-spiel“ ist der Name mittlerweile eine Marke geworden.

noe.ORF.at: Als gelernter Konditormeister – backen Sie auch noch Kuchen?

Raimitz: Ja, ich liebe es. Es ist der Ursprung meiner gastronomischen Laufbahn. Es ist noch immer so ein Glücksgefühl, einen Kaiserschmarren oder ein Stück Biskuitroulade für meine Kinder zu machen. Da stecken meine Wurzeln drinnen.

noe.ORF.at: Sie sind der fünfte Otto in Ihrer Familie und haben eine Tochter und einen Sohn. Wird die Tradition fortgeführt?

Raimitz: Mein Sohn heißt Raphael Otto. Ich habe die Kette bewusst unterbrochen, denn mir wurde gewissermaßen der Rucksack meines Vaters umgehängt, und dem wiederum der Rucksack seines Vaters. Ich wollte die Persönlichkeit meiner Kinder wahren. Mein Sohn hat mit der Hotelfachschule begonnen. Ich hätte das nicht gedacht, aber er wollte unbedingt. Ihr Leben ist frei, sie sollen entscheiden, wie sie wollen.

noe.ORF.at: Wie geht es bei Ihnen weiter? Wollen Sie noch mehr Lokale?

Raimitz: Ja, die Ambition und die Motivation sind da. Wenn wir irgendwo irgendwas wiederbeleben können – einen Platz, eine Gasse, eine Stadt – dann wären wir wieder dabei!