Aligner Unsichtbare Zahnspange
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Gesundheit

Probleme mit günstigen Onlinezahnspangen

Zahnärzte bieten immer häufiger Aligner – durchsichtige Plastikschienen – als Alternative zur fixen Zahnspange an, um Fehlstellungen zu korrigieren. Auch immer mehr Onlineanbieter drängen auf den Markt – hier kommt es häufig zu Problemen.

Früher waren Zahnspangen auf den ersten Blick zu sehen. Wer sich heutzutage für eine Aligner-Zahnschiene entscheidet, bekommt ein durchsichtiges Modell, das kaum mehr zu erkennen ist. Vor allem leichte und mittlere Zahnfehlstellungen können damit gut korrigiert werden, sagt Viviane Österreicher, Zahnärztin und Kieferorthopädin in Hollabrunn.

Man müsse aber konsequent sein: „Einer der Vorteile ist, dass man die Zahnschiene zum Zähneputzen und Essen herausnehmen kann, sodass keine Speisereste hängen bleiben. Aber man muss sie nach dem Essen auch gleich wieder reingeben. Aligner sollten 22 Stunden am Tag getragen werden, damit die Behandlung erfolgreich ist.“

Die Kosten belaufen sich – je nach Grad der Zahnfehlstellung und Behandlungsdauer – auf etwa 3.000 bis 6.000 Euro, sagt die Zahnärztin – einige Krankenkassen würden einen Großteil der Kosten übernehmen, andere gar nichts. Vermeintlich günstiger kommt es, auf Onlineanbieter zu setzen, die zuletzt immer mehr auf den Markt drängen.

Reinhold Schranz und Kati Bellowitsch
ORF / Andreas Kotzmann
Kati Bellowitsch hat für „La Vita“ mit dem Juristen Reinhold Schranz gesprochen. „Man hat Anspruch auf Schadenersatz“, betont dieser.

Werbung mit niedrigem Preis und kurzer Dauer

Hier sind es nicht Kinder und Jugendliche, sondern eher junge, onlineaffine Erwachsene, die über die Werbungen auf Social Media auf die Angebote aufmerksam werden. Allein heuer liegen dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) dazu mehr als 200 Anfragen und Beschwerden vor. „Es gibt beispielsweise Probleme bezüglich irreführender Werbung“, schildert Reinhold Schranz, Jurist im Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) des VKI. Es werde eine günstige Zahnschiene mit kurzer Behandlungsdauer angepriesen, am Ende seien die Preise dann doch höher und die Dauer könne nicht eingehalten werden.

„Wir haben auch Beschwerden von Konsumenten, die sich nur informieren wollen, und dann aber schon die Zahnschienen per Post bekommen – kostenpflichtig“, führt Schranz weiter aus, „die wollen dann natürlich aus dem Vertrag raus und hier wird massiv gemahnt – mit Inkassobüros.“

Durchsichtige Zahnspangen im Trend

Früher war die Zahnspange auf den ersten Blick zu sehen, heute ist sie manchmal so gut wie unsichtbar. Die sogenannten „Aligner“, durchsichtige Plastikschienen, werden immer beliebter. Kati Bellowitsch (ORF) hat nachgefragt, worauf man dabei achten soll.

Keine zahnärztliche Betreuung

Wirklich ein Dorn im Auge ist dem Konsumentenschützer aber, „dass einfach keine zahnärztliche Betreuung stattfindet.“ Die Konsumenten würden in einer Partnerordination gescannt, „und sehen dabei aber nie einen Zahnarzt, das machen Assistenten. Dann erfolgt ein Telefonat mit einem Verkaufsagenten, der ebenfalls kein Zahnarzt ist.“ Danach erhält der Kunde oder die Kundin laut Schranz die Zahnspangen für die kommenden Wochen bis Monate, die anhand einer Computersimulation erstellt wurden, „und dann muss er oder sie nach dem Motto ‚Do-it-yourself‘ den Behandlungserfolg mit Fotos in einer App dokumentieren.“

Dem VKI sind hier zahlreiche Fälle bekannt, wo es durch die Nutzung dieser Angebote zu massiven Schäden gekommen sei, vom Zahnfleischbluten, über Schmerzen und Fehlstellungen, bis hin zum Tinnitus. Auch Viviane Österreicher habe in Hollabrunn schon mehrmals Patientinnen und Patienten behandeln müssen, die auf derartige Onlineangeboten gesetzt hatten, „sei es, dass sie nicht mehr gut abbeißen konnten oder Probleme mit dem Kiefergelenk hatten oder dass Zähne sich gelockert haben, weil sie überbelastet wurden.“

Zahnärztin behandelt Patienten
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Viviane Österreicher appelliert: Für Aligner „unbedingt zum Profi gehen“.

Anspruch auf Schadenersatz

Reinhold Schranz rät dazu, im Schadensfall alles gut zu dokumentieren, etwa durch Fotos oder Gutachten durch einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin. Es gebe bereits einige Gerichtsverfahren, wo Nachbehandlungkosten von mehreren Tausend Euro von den Firmen bezahlt werden mussten. „Wir raten auf jeden Fall, sein Recht auf Schadenersatz einzufordern“, betont der Jurist.

Um am Ende keine böse Überraschung zu erleben, rät auch Kieferorthopädin Viviane Österreich dazu, auf eine professionelle Behandlung zu setzen: „Unbedingt zu einem Spezialisten gehen, der Röntgenbilder macht, der sich die Zähne, das Zahnfleisch, den Kieferknochen ganz genau anschaut. Denn eine gründliche Diagnose ist ganz, ganz wichtig, bevor die Zähne bewegt werden.“