Politik

SPÖ fordert Ende für „System der ÖVP NÖ“

Das „System Kurz“ sei das „System ÖVP Niederösterreich“, heißt bei einer Pressekonferenz der SPÖ Niederösterreich. Diese sieht die Landes-ÖVP und deren Obfrau Johanna Mikl-Leitner für die Vorgänge auf Bundesebene rund um Thomas Schmid mitverantwortlich.

Im Vorfeld der Landtagswahl zu Beginn des nächsten Jahres werden die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch in der Landespolitik Thema. Die ÖVP Niederösterreich und Johanna Mikl-Leitner würden in der Angelegenheit rund um Thomas Schmid – der frühere Generalsekretär im Finanzministerium – eine Hauptrolle spielen, sagte der niederösterreichische SPÖ-Nationalratsabgeordnete Andreas Kollross am Montag in einer Pressekonferenz. Dabei handelt es sich um eine Behauptung der SPÖ für die jedenfalls bei dieser Pressekonferenz keine Beweise vorgelegt worden sind.

Kollross ist auch Mitglied im ÖVP-Untersuchungsausschuss. In der Pressekonferenz wurde unterstrichen, dass Mikl-Leitner Kurz politisch gefördert und ihn in seiner Kanzlerschaft unterstützt habe. „Die ÖVP Niederösterreich war seine Personalvermittlungsagentur. Sie hat die Übernahme von Kurz nicht nur unterstützt, sie hat ihn als Politiker erfunden und gemacht“, sagte Kollross, der auch Bürgermeister von Trumau (Bezirk Baden) ist.

Kollross und Kocevar (v.l.) bei einer Pressekonferenz am 24. Oktober
ORF
Kollross (l.) und Kocevar sehen die ÖVP Niederösterreich als die „Personalvermittlungsagentur“ des ehemaligen Kanzlers Kurz

SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar wirft der ÖVP vor, an der Politikverdrossenheit Schuld zu sein: „Wenn jeden Tag über eine Branche – und das ist ja bei allen Branchen so – wenn Sie da jeden Tag lesen, dass Tischler nichts anderes tun als einen über den Tisch zu ziehen, dann werden Sie wahrscheinlich irgendwann keinen Tischler mehr zu sich ins Haus kommen lassen.“ Wegen der ständigen Ereignisse rund um die ÖVP werde auch nicht mehr über politische Inhalte und Hilfe für Menschen in Zeiten der Teuerung gesprochen, so Kocevar.

Mutmaßliche Einflussnahme von Sobotka wird geprüft

Kollross kündigte für diese Woche eine parlamentarische Anfrage an das Finanzministerium rund um eine mutmaßliche Einflussnahme des Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka auf eine Steuerprüfung bei der Dr.Erwin-Pröll-Stiftung an. Laut Schmid soll Sobotka eine Prüfung bei der „Alois-Mock-Stiftung oder beim Alois-Mock-Institut“ sowie bei der „Erwin-Pröll-Stiftung“ erfolgreich verhindert haben. Der ÖVP-Politiker aus Niederösterreich weist die Vorwürfe zurück.

„Das Einvernahmeprotokoll von Thomas Schmid zeigt ein Sittenbild eines moralisch verkommenen türkisen Systems. Dem ehemaligen Kanzler Kurz mangelt es an jeder Einsicht. Distanzierungen aus der ÖVP sind aber kaum zu vernehmen. Das ist eine moralische und politische Bankrotterklärung einer staatstragenden Partei“, meinte Kollross: „Die ÖVP versucht, diese Krise wieder auszusitzen, statt Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und den Weg frei für Neuwahlen zu machen.“

Mikl-Leitner: „Gerichte allein entscheiden“

Zu den Vorwürfen des früheren Finanz-Generalsekretärs Schmid sagte Landeshauptfrau Mikl-Leitner am Montag in einer schriftlichen Stellungnahme: „Wir leben in einem Rechtsstaat. Das heißt, Gerichte allein entscheiden, wer sich etwas zuschulden hat kommen lassen und wer nicht. Auch wenn das manchen nicht gefällt, die am liebsten selbst über andere richten wollen.“ Der Sachverhalt müsse vom Gericht überprüft und entschieden werden.

Schmid nun doch im U-Ausschuss erwartet

Der Nationalrat wird sich mit den Aussagen Thomas Schmids nun am 2. November in einer Sondersitzung beschäftigen. Schmid hatte vor der WKStA diverse ÖVP-Politiker beschuldigt. Anlass für die Sondersitzung ist ein gemeinsames Verlangen von SPÖ und FPÖ. Die beiden Oppositionsparteien fordern eine Erklärung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Parlament – mehr dazu in Parlament beschäftigt sich mit Schmid (news.ORF.at; 24.10.2022).

Nach mehrmaligem Ignorieren von Ladungen wird Schmid nun auch als Auskunftsperson im ÖVP-Untersuchungsausschuss erscheinen. Offenbar ist seine Befragung am 3. November geplant. Im U-Ausschuss muss die Auskunftsperson unter Wahrheitspflicht Fragen beantworten. Als Beschuldigter hat Schmid ein Entschlagungsrecht, von dem er Gebrauch machen kann. Die Entscheidung darüber obliegt dem Ausschussvorsitzenden, der sich mit dem Verfahrensrichter berät.