Hiata-Einzug Perchtoldsdorf
noe.orf.at
noe.orf.at
Kultur

Wenn Erntedank zum Stadtspektakel wird

Die jungen Winzer in Perchtoldsdorf sind die „Hüter der Weinberge“ – also die „Hiata“. Den seit 600 Jahren traditionellen „Hiata“-Einzug – das wohl älteste Erntedankfest Österreichs – zelebrieren sie als besonderes Spektakel.

Wenn die jungen Weinhauer in blauer Tracht mit der 80 Kilogramm schweren Erntekrone aus Eichenlaub durch Perchtoldsdorf (Bezirk Mödling) ziehen, dann ist quasi der ganze Ort auf den Beinen. Bei strahlendem Sonnenschein konnten etwa 7.000 Gäste das 600-Jahr Jubiläum des „Hiata“-Einzugs gebührend feiern.

Die Wurzeln des wohl größten und ältesten Erntedankfest Österreichs reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück. „Laut einer Sage wurde der Hüter Thomas schwer verletzt. Im ersten Haus des Ortes wurde er gesund gepflegt, sodass er am 6. November wieder den Gottesdienst besuchen konnte,“ erklärt „Hiata-Voda“ Franz Breitenecker. Seither wird das Erntedankfest am Tag der wunderbaren Genesung des „Hiata“ Thomas gefeiert. Eine 600 Jahre alte Tradition, die 2010 sogar Teil der nationalen Liste des immateriellen Welt-Kultur-Erbes wurde.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Hiata-Einzug Perchtoldsdorf
noe.orf.at
Zwei „Hiata“ beim Höhepunkt des Spektakels, dem Gstanzl-Singen
Hiata-Einzug Perchtoldsdorf
noe.orf.at
Mit etwa 7.000 Besucherinnen und Besuchern ist es wohl auch das größte Erntedankfest im Land
Hiata-Einzug Perchtoldsdorf
noe.orf.at
Mit der heurigen Ernte sind die Winzer zufrieden
Hiata-Einzug Perchtoldsdorf
noe.orf.at
Wenn die jungen Weinhauer in blauer Tracht mit der 80 Kilogramm schweren Erntekrone durch Perchtoldsdorf ziehen, ist der ganze Ort auf den Beinen
Hiata-Einzug Perchtoldsdorf
noe.orf.at

„Hiatavoda“ ist übrigens nur eine der Funktionen, die man innerhalb der „Hiata“-Gemeinschaft einmal im Leben innehaben kann. Er wird von einem der 40 Weinhauer-Betriebe des Orts abwechselnd gestellt. Andere Funktionen sind beispielsweise der „Obahiata“ und der „Pritschenträger“, der die „Pritschn“, also die 80 Kilo schwere Erntekrone, durch den Ort tragen und dabei auch schwingen muss.

Zum 600-Jahr Jubiläum hat es außerdem einen eigenen Kinder-„Hiata“-Einzug gegeben. „Das Schöne an der Tradition ist der Zusammenhalt. Es sind auch viele Kinder dabei, die die Tradition wieder weitertragen. Mich freut es zu sehen, dass es diese Tradition weitere 600 Jahre geben könnte“, so „Obahiata“ Franz Breitenecker.

Gstanzl-Singen als Höhepunkt

Der Festumzug beginnt mit einem Einzug in die Kirche zum Gottesdienst, danach geht es weiter zum Marktplatz. Dort findet auch der traditionelle Höhepunkt des Festes statt, das Gstanzl-Singen, bei dem die „Hiata“ selbst, aber auch die Politik auf’s Korn genommen wird. „Wenn vor dem Rathaus die eiserne Faust hängt, gilt ‚Redefreiheit‘ und keiner darf böse sein, wenn er scherzhaft besungen wird“, erklärt „Hiata“ Karl Wölflinger.

Früher haben die „Hiata“ – also die Hüter – übrigens die reifen Trauben vor Diebstahl und Wildfraß beschützt. Diese Aufgaben haben sie nicht mehr. Heute geht es darum die Traditionen weiterzugeben und die Feierlichkeiten rund um das große Erntedankfest zu organisieren.

Apropos Erntedank: mit der heurigen Ernte ist man bei den Perchtoldsdorfer Weinhauern durchaus zufrieden. Toni Nigl, der Weinbauvereinsobmann der Stadt, beschreibt den Wein als fruchtig, mit passender Säure und ausgeprägtem Aroma.