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Prozess um Heim: Pflegekräfte freigesprochen

Im Prozess um vermeintliche Missstände in einem Pflegeheim in Kirchberg am Wechsel (Bezirk Neunkirchen) sind am Mittwoch die beiden beschuldigten Pflegekräfte freigesprochen worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Neben den zwei Frauen, die als Pflegekräfte arbeiten, war auch ein Manager des Betreibers des Pflegeheimes angeklagt. Alle drei hatten die Vorwürfe von Anfang an vehement bestritten. Der 62-jährige Mann wurde bereits am Dienstag nicht rechtskräftig im Zweifel freigesprochen. Am Mittwoch folgte auch der Freispruch für die Pflegekräfte. Sie wurden in allen Vorwürfen freigesprochen.

Im Prozess habe sich herausgestellt, dass niemand die vermeintlichen Missstände direkt wahrgenommen habe, hieß es in der Urteilsverkündung. Es wurde lediglich von einer brodelnden Gerüchteküche gesprochen, daher könne kein Schuldspruch gefällt werden. Kein Vorwurf wurde bestätigt, einige sogar widerlegt.

Kein Zeuge konnte Vorwürfe bestätigen

Vorgeworfen wurde den Frauen von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt das Vernachlässigen von wehrlosen Personen, dem Mann schwere Nötigung. Die Vorwürfe reichten von mangelnder Körperhygiene über das bewusste Streichen von Mahlzeiten bis zur Verweigerung von Harnkathetern. Außerdem soll wochenlang nichts gegen den Ausbruch von Krätzmilben unternommen worden sein, obwohl die Pflegebedürftigen schon Hautausschläge, Juckreiz und schmerzhafte Ekzeme aufgewiesen hätten. Um diese und andere Zwischenfälle zu verschleiern, sollen die Angeklagten danach die Pflegedokumentation manipuliert bzw. gelöscht haben.

Keiner dieser Vorfälle wurde direkt von einem Zeugen oder einer Zeugin wahrgenommen – daher wurde auch kein Vorwurf vor Gericht bestätigt. Lediglich jener, dass Mahlzeiten vorenthalten wurden. Eine Mitarbeiterin bestätigte im Prozess, dass bei einer Heimbewohnerin das Abendessen ausgelassen worden sei. Das alleine sei nicht ausreichend für eine Verurteilung, meinte der Richter.

Stefan Schwarzwald-Sailer über den Prozess

Für den ORF hat Stefan Schwarzwald-Sailer den Prozess beobachtet.

„Froh, dass schwere Vorwürfe aufgearbeitet wurden“

Der Betreiber des Heimes, die Senecura-Gruppe, übermittelte nach den Freisprüchen eine schriftliche Stellungnahme an noe.ORF.at. Man sei „sehr froh, dass diese schweren Vorwürfe im Rahmen der Hauptverhandlung ordentlich aufgearbeitet wurden.“

Seitens des Unternehmens sei man sich "bewusst, dass die Corona-Situation sowohl das Team in Kirchberg am Wechsel als auch die gesamte Pflegebranche in Österreich vor große Herausforderungen gestellt hat. Unsere Mitarbeiter:innen vor Ort haben alles versucht, auch in dieser schwierigen Zeit der Pandemie unsere hohen Standards zu halten. Das Gericht hat das entsprechend gewürdigt und wir freuen uns über die Freisprüche.“

Causa kam nach Gefährdungsanzeige ins Rollen

Ins Rollen gekommen war die Causa im Vorjahr nach einer Gefährdungsanzeige durch die damalige Betriebsratsvorsitzende. Im Prozess wurde die Situation durch andere Mitarbeitende des Pflegeheimes aber ganz anders dargestellt. Kein Zeuge hatte derartige Beobachtungen gemacht oder konnte Missstände wahrnehmen – man habe nur davon gehört, hieß es von der Kollegenschaft.

Die Gutachterin, die das Heim nach der Anzeige drei Tage lang prüfte, gab vor Gericht an, sich bei ihrer Prüfung auf die Pflegedokumentation und die ärztlichen Aufzeichnungen gestützt zu haben. Dinge, die dort nicht eingetragen waren, haben aus Sicht der Gutachterin auch nicht stattgefunden. Persönlich habe die Gutachterin bei ihrem dreitägigen Aufenthalt im Heim keine Missstände durch die Pflegekräfte wahrgenommen, sagte sie vor Gericht.

Das Unternehmen gab bereits zu, dass die Dokumentation aufgrund der Coronavirus-Situation und daraus resultierender Überlastung nicht wie vorgesehen durchgeführt wurde. Der Betreiber sprach von Personalnot und davon, die Situation bereits verbessert zu haben.