Rauchfangkehrerin
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Chronik

Glücksbringerin am Dach

Weil sich immer mehr Leute Zusatzöfen anschaffen, haben die Rauchfangkehrer mehr Arbeit. Désirée Kozich ist eine von 90 Rauchfangkehrerinnen in Niederösterreich. noe.ORF.at hat sie bei ihrer Arbeit auf den Dächern in Ebenfurth (Bezirk Wr. Neustadt) begleitet.

Die Temperaturen liegen unter dem Gefrierpunkt. Das Blechdach auf dem vierstöckigen Mehrparteienhaus direkt an der Hauptstraße ist rutschig. Vorsichtig tastet sich die Rauchfangkehrerin zu den Kaminen vor, die durch den Rauch deutlich sichtbar in Betrieb sind. Désirée Kozich steckt die Rauchfangbürste in ein Kaminrohr und schiebt den Besen mit dem Drahtseil hinunter Richtung Keller.

„Das ist wichtig, um Ablagerungen zu entfernen, die sich entzünden könnten,“ erklärt die Rauchfangkehrerin. "Auch bei Gasheizungen, wo es fast keine Ablagerungen gibt, kann es vorkommen, dass Wespen oder Vögel Nester gebaut haben. Die müssen entfernt werden, weil sonst der Rauchfang nicht mehr richtig zieht und im schlimmsten Fall die Abgase in der Wohnung bleiben.“

Vom Nordpol in die Sauna

Der Dreck, der durch das Kaminrohr hinuntergekehrt wurde, muss anschließend im Keller durch eine kleine Putztüre beseitigt werden: „Momentan hat es am Dach Minusgrade und im Keller ist es vergleichsweise warm. Wenn es durch die Heizung glüht, wechselt man direkt vom Nordpol in die Sauna. Im Sommer ist das genau umgekehrt, da kann es auf den Dächern extrem heiß werden und im Keller gibt es dann Abkühlung."

Seit fünf Generationen betreibt Familie Kozich einen Rauchfangkehrerbetrieb in Ebenfurth. „Mein Ururgroßvater hat 1857 begonnen. Ich habe schon als kleines Mädchen meinen Papa bei der Arbeit begleitet. Die Büroarbeit hat mich damals aber noch mehr fasziniert“, erzählt die mittlerweile 33-jährige Rauchfangkehrerin. Désirée Kozich absolvierte aber dennoch eine andere Ausbildung, zur Kindergartenpädagogin.

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Seit fünf Generationen betreibt Familie Kozich einen Rauchfangkehrerbetrieb in Ebenfurth

Vor zehn Jahren wechselte sie wieder in den Familienbetrieb: „Es war die richtige Entscheidung für mich. Rauchfangkehrer ist ein Beruf, in dem Handwerk, Technik und Büroarbeit kombiniert wird. Wir putzen ja nicht nur die Rauchfänge, sondern machen viele technische Kontrollen bei Heizungen, wie etwa Abgasmessungen.“

Viel Arbeit wegen Zusatzöfen

Heuer mussten viele stillgelegte Kamine wieder in Betrieb genommen werden, weil etliche Wohnungsbesitzer Zusatzöfen kauften. „Da ist zum einen die Angst vor einem Blackout, zum anderen die unsichere Lage am Öl- und Gasmarkt“, erklärt Rauchfangkehrer Walter Kozich. „Viele sind froh, wenn sie unabhängig davon mit einem kleinen Ofen zusätzlich heizen können. Diese Öfen müssen aber natürlich ordnungsgemäß an einen intakten Kamin angeschlossen werden.“

Der Glaube, dass Rauchfangkehrer Glück bringen, ist seit dem Mittelalter verbreitet. Damals gab es viele Kaminbrände. Die Rauchfangkehrer waren meist Wanderarbeiter, die nur selten in die Dörfer gekommen sind: „Nachdem die Rauchfangkehrer da waren, gab es dann weniger Brände. Insofern haben die Rauchfangkehrer damals Glück gebracht.“

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Désirée Kozich ist eine von 90 Rauchfangkehrerinnen in Niederösterreich

Glücksbringer am Kaiserhof und in der Trafik

Am kaiserlichen Hof in Wien habe einer Erzählung zufolge ein Rauchfangkehrer besonderes Glück gebracht. „Angeblich hat ein Rauchfangkehrer bei seiner Arbeit durch das Kaminrohr hören können, wie ein Komplott gegen Maria Theresia geschmiedet worden sei“, erzählt Désirée Kozich. "Er hat dies gemeldet. Als Dank dafür dürfen die österreichischen Rauchfangkehrer seit damals den Doppelkopfadler auf der Gürtelschnalle tragen.“

Da man als Rauchfangkehrerin sofort erkannt werde, komme es oft zu unterhaltsamen Begegnungen: „Jetzt vor Weihnachten als es den Lotto-Jackpot gab, wurde ich in der Trafik angesprochen, ob ich nicht ein bisschen Glück bringen könne“, lacht Désirée Kozich. "Ich sage dann immer, dass ich im Fall eines Gewinnes dann aber beteiligt werden möchte. Bisher hat sich jedoch kein Lottomillionär bei mir gemeldet.