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Wirtschaft

Schuldnerberatung rüstet sich für Ansturm

Mehr als 1.400 Personen haben im vergangenen Jahr in Niederösterreich Privatkonkurs angemeldet. Das sind fast 34 Prozent mehr als noch 2021. Die Schuldnerberatung Niederösterreich rechnet mit weiteren Anfragen überschuldeter Personen.

Die Privatkonkurse haben österreichweit im vergangenen Jahr um mehr als 15 Prozent zugenommen, es wurden 8.325 Regulierungsverfahren eröffnet. Während in Niederösterreich das Plus am deutlichsten ausfällt, gab es in Wien nur einen Anstieg um 1,8 Prozent. Parallel dazu haben sich auch die vorläufigen Passiva leicht erhöht – und zwar um 2,6 Prozent auf 901 Mio. Euro. Das bedeutet, dass Privatpersonen im Jahr 2022 mit durchschnittlichen Schulden in der Höhe von rund 108.000 Euro Konkurs angemeldet haben – mehr dazu in Heuer starke Zunahme bei Insolvenzen (14.12.2022, news.ORF.at).

Der Gläubigerschutzverband Creditreform rechnet somit auch für das Jahr 2023 mit einem weiteren Anstieg. Die enormen Heiz- und Energiekosten, der höhere Mietzins und die gestiegenen Preise für Lebensmittel könnten vielen über den Kopf wachsen und die Schulden drastisch erhöhen. Bei der Schuldnerberatung Niederösterreich sei die Anzahl der Anfragen bereits sehr hoch, man müsse sich auf Wartezeiten gefasst machen, wie Gunda Lippitsch, Juristin bei der Schuldnerberatung, gegenüber noe.ORF.at erklärt.

Rechnung, Geldscheine und ein Taschenrechner
APA/ROLAND SCHLAGER
Die Teuerung lässt den Schuldenberg vieler Menschen weiter wachsen

Pandemie und Insolvenzrecht begründen Anstieg

Die Klientinnen und Klienten kämen quer aus allen Branchen und Altersklassen – es seien also Berufstätige sowie auch Arbeitslose und ehemalige Selbstständige dabei, heißt es. „Grundsätzlich kommen die Klienten mit jeder Art von Schulden. Das können einerseits die gängigen lebenserhaltenden Zahlungen sein, die Miete, Strom und Gas betreffen. Aber auch Verbindlichkeiten, die schon unabhängig davon eingegangen sind, wie Kredite, Handyrechnungen, Bestellungen oder Versandhausrechnungen“, fasst Lippitsch zusammen.

Warum der Anstieg der Schuldnerinnen und Schuldner momentan so hoch ist, habe zwei Gründe: Einerseits seien die Konkurse auf die Pandemie zurückzuführen, da viele Klienten nicht die Möglichkeit hatten in Konkurs zu gehen oder sie die Chance nicht wahrgenommen hätten. Andererseits sei 2021 eine Konkurs-Novelle in Kraft getreten, – mehr dazu in Insolvenzrecht: Bedenken wegen Änderungen (17.7.2021, news.ORF.at) – die es den Klienten ermögliche, sich noch schneller zu entschulden, so Lippitsch.

Run auf Schuldnerberatung

Mehr als 1.400 Personen haben 2020 in Niederösterreich Privatkonkurs angemeldet, um ein Drittel mehr als 2021. Bei der Schuldnerberatung Niederösterreich rüstet man sich für einen Ansturm.

Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben nötig

Jenen, die sich vom Schuldenberg übermannt fühlen, rät Lippitsch, rasch mit der Schuldnerberatung Kontakt aufzunehmen. Die Beratung ist kostenlos. Wer einen Termin in Anspruch nehmen will, müsse dann aber auch die Unterlagen mitnehmen, die die finanzielle Situation umreißen. Dazu gehören sämtliche Rechnungen, Kontoauszüge, Verträge, Mahnungen oder Briefe.

Bei der Schuldnerberatung mache man eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben und prüfe sämtliche Situationen durch. „Wir schauen uns die Höhe der Miete an sowie die Höhe der Gas-, Strom,- und Handyrechnung und überlegen dann, wo Einsparungspotential besteht und wie man die Einnahmen erhöhen kann. Zum Beispiel durch einen Wechsel von Teilzeitarbeit in Vollzeitarbeit“, erklärt Lippitsch.